Story: Tong (Wang Shengdi) geht auf die Mittelschule und ist taubstumm. Sie wird von ihren Mitschülerinnen gemobbt und auch ihre Mutter Han Li (Chang Ning) kann ihr dabei keine große Hilfe sein. Sie arbeitet in der Schule ihrer Tochter als Reinigungskraft. Eines Tages werden dann plötzlich drei der vier Schülerinnen, die Tong gemobbt haben, als vermisst gemeldet. Sie haben sich in einem heruntergekommenen Gebäude getroffen, wie die ermittelnden Polizisten rund um Detective Dai (Francis Ng) von der vierten Schülerin erfahren. Die Polizei weiß noch nicht, dass jemand sie umgebracht hat und der Killer auch das vierte Mädchen als Opfer auserkoren hat. Es sieht so aus, als würde jemand Rache nehmen und die Polizei hat schnell Han Li und ihre Tochter Tong im Visier. Tatsächlich scheinen sowohl Mutter als auch Tochter etwas zu verheimlichen. Schließlich wird aber auch Tong entführt. Die Mutter ist völlig außer sich und versucht selbst dem Killer auf die Spur zu kommen. Irgendwie scheint in den Fall auch der Hausmeister der Schule Lin Zaifu (Wang Chuan-jun) involviert zu sein. Und dann gibt es da auch noch den Fall einer Schülerin, die vor nicht allzu langer Zeit in der Schule ums Leben gekommen ist. Während Detective Dai versuchen muss, Licht in den eigenartigen Fall zu bringen, hofft Han Li darauf, ihre Tochter noch lebend wiederzufinden ...
Kritik: Das erste, was bei diesem Thriller ins Auge sticht, ist das Setting, das etwas unverbrauchter und multikultureller als gewöhnlich wirkt. Das dürfte daran liegen, dass der malaysische Regisseur Sam Quah den Film in seiner Heimat gedreht hat, wobei die meiste Zeit Chinesisch gesprochen wird. Ein weiterer interessanter Fakt ist, dass der Filmemacher sein eigenes Werk aus dem Jahr 2022 hier neu gedreht hat, weil sein erster Versuch nicht in die chinesischen Kinos kommen konnte. Grund dafür war ein Skandal des Hauptdarstellers. Das Vertrauen in den Erfolg seines eigenen Werks hat sich ausgezahlt, denn an den chinesischen Kinokassen hat "A Place Called Silence" großen Erfolg verbuchen können. Das ist höchstwahrscheinlich auf die Thematik der Geschichte zurückzuführen. In dieser geht es um Mobbing an der Schule, als auch häusliche Gewalt. Zudem hält der Mystery-Streifen stets eine Überraschung oder Wendung bereit, die uns wiederum rätseln lassen, was als nächstes passieren könnte. Gute Voraussetzungen für einen gelungenen Thriller. Allerdings hat der Film manchmal auch mit einem etwas eigentümlichen Ton zu kämpfen.
Die Thematik von "A Place Called Silence" ist ziemlich ernst und düster, eine bestimmte Szene bzw. Auflösung ist sogar ein solch unerwarteter Tiefschlag, dass man erstmal schlucken muss. Doch dann gibt es da Charaktere wie die Vermieterin, die zwar mit ihrem aufdringlichen und selbstbezogenen Auftreten durchaus aus dem Leben gegriffen scheint, gleichzeitig aber unweigerlich karikative Züge annimmt. Auch die Polizei bietet einige komische Typen, immerhin kann Francis Ng ("Line Walker 2") den Ermittlungen einen festen Boden bereiten. Genau genommen stellt die Mutter aber die eigentlichen Ermittlungen an. Oft genug fragt man sich, warum sie der Polizei bei ihren Nachforschungen immer einen Schritt voraus ist, aber es zeigt sich bald, dass sie mehr Vorwissen über bestimmte Personen hat, das für den Fall relevant ist. Es ist auch erstaunlich, wie schnell uns der eigentliche Täter präsentiert wird. Es wird einem somit auch klar, dass in dem Thriller gar nicht das "wer", sondern das "warum" von Bedeutung ist. Wie es oft in Mystery-Thrillern dieser Art der Fall ist, kann das aber auch bedeuten, dass man sich immer wieder in einer Rückblende wiederfindet.
Die meiste Zeit sind diese Rückblenden etwas zu lange geraten und stören das Tempo und den Fokus der Geschichte. Wang Chuan-jun ("Dying to Survive") braucht gezwungenermaßen das Scheinwerferlicht, damit man versteht, wie und warum es überhaupt zu den Morden kam, das gleiche trifft auf die Mutter zu, die auch einiges verheimlicht - in dieser Hinsicht streut der Film schon früh kleine Hinweise ein -, aber gerade deshalb ist es so frustrierend, dass die beiden Personen als Menschen so wenige Ecken und Kanten haben. Es ist schwierig, sich in ihre Lage hineinzuversetzen. Demnach kann man sich nur an die Wendungen als Unterhaltungsfaktor klammern. Neben den bereits erwähnten und damit ziemlich gelungenen Überraschungen, gibt es aber auch Momente, in denen uns Dinge als neu vorgestellt werden, die man schon Meilen im Voraus erahnt hat. Da der Film auch für das chinesische Publikum gemacht wurde und man gewissen Normen entsprechen muss, gibt es während des Abspanns noch eine Szene, die unnötig wirkt und, je nach Interpretation, der Geschichte sogar an Gewicht nimmt.
"A Place Called Silence" wurde in China als recht brutal in den Trailern vermarktet, doch ist dem nicht so. Blut und Gewalt gibt es per se nicht in übertriebenem Maße. Es ist nur so, dass das Mobbing und speziell eine Szene, in der es um Kindesmissbrauch geht, ziemlich hart sein können. Aber dass die vor allem psychische Gewalt, die den Opfern angetan wird, nicht einfach wegzustecken ist, dürfte in einem Film, der sich um Mobbing an der Schule dreht, auch nicht anders zu erwarten sein. Regisseur Sam Quah scheint auch einen gesellschaftskritischen Kommentar abliefern zu wollen, leider geht dieser aber in der tonalen Mischung aus Thriller, Horror, Comedy und Drama verloren. Speziell zum Ende hin wird alles nochmal aus Drama-Perspektive aufgerollt und man fühlt sich dabei als Zuschauer zu offensichtlich manipuliert. Generell können die einzelnen Teile aber gut funktionieren. Es ist vielmehr so, dass die verschiedenen Zahnräder nicht gut ineinandergreifen. Vielleicht hätte das anders ausgesehen, wäre der Film auf andere Weise geschnitten worden.
Trotz der genannten Kritik fühlt sich der Film mit seinen zwei Stunden aber nicht zu lange an. Man fragt sich leider aber immer wieder, mit wem man eigentlich mitfiebern soll, und das ist nicht auf die löbliche Art gemeint, dass die Grenze zwischen rechtschaffen und böse verwischt wird. Das ist wirklich schade, da Selbstjustiz moralisch in Graustufen betrachtet werden kann, wenn die Geschichte das passende Fundament dafür bereitet. "A Place Called Silence" gelingt dies nicht. Dennoch können die Sets von heruntergekommenen Apartmenthäusern oder auch mal einem alten Schulbus im Regenwald überzeugen, und die vielen Wendungen vermögen uns bei Laune zu halten. Schwierig wird es wie erwähnt bei den tonalen Schwankungen, die sich manchmal auch im Schauspiel widerspiegeln. Letztlich ist dieser Mystery-Thriller damit durchaus unterhaltsam, hat seinen enormen Erfolg an den Kinokassen jedoch nicht wirklich verdient.