Story: Sun-yi bekommt einen Anruf wegen des Verkaufs eines alten Hauses, das sie geerbt hat. Sie kehrt nach Südkorea zurück und erinnert sich
an ihre Zeit vor 47 Jahren.
Als junges Mädchen zieht Sun-yi (Park Bo-yeong) mit ihrer Mutter (Jang Young-nam) und Schwester in ein Haus auf dem Land. Sie lernt alleine für ihr Diplom und
besucht keine Universität, da sie Probleme mit der Lunge hat. Das ist auch der Grund, warum die Mutter mit ihr aufs Land gezogen ist. Die wenigen Nachbarn
sind sehr nett, doch wirklich zufrieden ist Sun-yi nicht. Sie leidet an Depressionen. Eines Tages hört sie jedoch in der Scheune ein Geräusch und verscheucht
dort augenscheinlich einen Wolf. Am nächsten Morgen stellt sich heraus, dass es sich um einen jungen Mann (Song Joong-ki) gehandelt hat, der abseits der Zivilisation
aufgewachsen zu sein scheint. Der verstorbene Vorbesitzer des Hauses scheint ihn zusammen mit Wölfen aufgezogen zu haben. Sun-yis Mutter nennt den Wolfsjungen
fortan Cheol-su und behält ihn bei sich, bis man für ihn eine Unterkunft gefunden hat. Sun-yi ist alles andere als begeistert von dem neuen Mitbewohner, der
keinerlei Manieren beherrscht, aber schon bald entwickelt sie dank eines Hundedressur-Buches einen Draht zu Cheol-su...
Kritik: Filmen, die einen großen Hype erfahren, stehe ich besonders skeptisch gegenüber. "A Werewolf Boy" ist genau so ein Fall, zumal alles
zuerst nach einer platten Liebegeschichte mit zwei Teenie-Stars aussieht. Ein Wolfsjunge, der von einem Mädchen gezähmt wird und langsam Gefühle für sie entwickelt.
Ach, wie herzerwärmend... Zu meiner völligen Überraschung erweisen sich aber beide Darsteller als hervorragend gewählt. Was ich zuerst für einen Kitsch-Film
hielt, entpuppt sich als sehr gut gespieltes Romantikdrama, ohne (!) todbringende Krankheit. Womit der Film einen sofort für sich gewinnen kann, ist seine
ungewöhnliche Stimmung, die an die eines Märchens erinnert. Dafür sind vor allem die aus ihrem inneren leuchtenden Bilder verantwortlich. Es mag sich zwar nur
um eine technische Nachbearbeitung handeln, um den Zuschauer nicht vergessen zu lassen, dass er sich 47 Jahre in der Vergangenheit befindet, nichtsdestotrotz
erhält der Romantikfilm dadurch seinen ganz eigenen Zauber.
Die eigenartige verträumte Stimmung, die uns in ein modernes Märchen entführt, ist aber nicht alles, womit der Film punkten kann. Die Beziehung zwischen
Sun-yi und Cheol-su sucht ebenfalls ihresgleichen. Aus anfänglicher Abneigung erwächst Zuneigung und da die Art der Beziehung alles andere als die zweier
normaler Menschen ist, schließlich hat der Wolfsjunge nie zuvor in der normalen Gesellschaft gelebt, ist sie auch erfrischend und kommt ohne jegliche
typische Romantikszenen aus. Cheol-su möchte am Kopf gestreichelt werden, wenn er etwas gut gemacht hat, weil er so von Sun-yi erzogen wurde, erwartungsvoll
starrt er das Mädchen an und wartet auf ihren Befehl, dass er essen soll, er wird anhänglich und folgt Sun-yi auf Schritt und Tritt, es sei denn, sie befiehlt
ihm etwas anderes. So merkwürdig es sich anhören mag, in dem Ganzen schwingt die ehrliche Treue und Liebe eines Hundes zu seinem Herrchen mit.
Anfangs fällt der Wolfsjunge wie ein wildes Tier über das Essen her und mehr aus Langeweile und Wut über den neuen ungewollten Gast, lernt Sun-yi, Cheol-su
zu erziehen. Diese Szenen sind großartig umgesetzt, da sie nicht nur sehr humorvoll sind, sondern auch gesellschaftliche Normen und Benimmregeln aufs
Korn nehmen. So verhält sich Sun-yi in einer Szene ziemlich kindisch und möchte darüber vor Scham im Boden versinken, als ihre Familie sie dabei sieht,
während der Wolfsjunge völlig ungerührt überhaupt nicht versteht, warum sich irgendjemand peinlich berührt fühlen sollte. Cheol-su ist damit die meiste
Zeit irgendwie abwesend, steht außerhalb der Gesellschaft, und ist gleichzeitig die ehrlichste und präsenteste Person. Die Liebesgeschichte entfaltet sich
sehr gemächlich und subtil und beruht auf reineren Werten als jenen, die wir aus normalen Beziehungen kennen. Das macht sie so wertvoll.
Cheol-su behält immer gewisse Wolfseigenschaften bei. Natürlich gibt es auch eine Person, die die Familienidylle zerstören will und das Tier in dem Jungen
bricht hervor. Die Botschaft, dass sich tief sitzende Verhaltensmuster oder Instinkte nicht einfach ausschalten lassen, gefällt ebenso und verleiht dem
Wolfsjungen mehr Glaubhaftigkeit, ohne dass wir ihn weniger sympathisch finden würden. Einen Kritikpunkt gibt es dennoch: Die Entscheidung, dass
Cheol-su übermenschliche Kräfte besitzt und sich tatsächlich in ein wolfsartiges Wesen verwandeln kann, sollte er, ähnlich wie "Hulk", über Maßen gereizt werden.
Eine hanebüchene Erklärung gibt es dafür auch, aber ohne diesen fantastischen Zug hätte der Film wahrscheinlich sogar noch besser funktioniert. Immerhin
geschieht diese Transformation immer nur bei Nacht und das geringe Budget des Films kommt so nicht wirklich negativ zum Vorschein. Außerdem kann man anführen,
dass so der Märchencharakter unterstrichen wird.
Song Joong-ki ("Heart is...2") hätte sehr leicht lächerlich in seiner Rolle wirken können, aber er meistert sie mit Bravour. Park Bo-yeong ("Speedy Scandal") wirkt ebenfalls äußerst natürlich und liebenswert, ohne dass sie es im typischen Sinne ist. Die Chemie zwischen den beiden ist ausgezeichnet. Großes Lob gebührt aber Regisseur Jo Sung-hee, der bereits mit seinem postapokalyptischen "End of Animal" bewiesen hat, dass er ein Filmemacher mit einer Vision ist und diese kann er hier hervorragend mit wunderschönen Bildern im Zusammenspiel mit einem gelungenen Soundtrack auf die Leinwand zaubern. Bilder wie jene, in denen Cheol-su orientierungslos und panisch mit Sun-yi auf dem Rücken durch einen in Zwielicht getauchten Wald rennt, sagen mehr als tausend kitschige Liebesbekundungen und werfen uns in eine Märchenwelt, in der alles natürlich und rein ist. Dennoch durchzieht den Film auch eine gewisse Melancholie und Sehnsucht, die vor allem in dem gelungenen Ende, das unterschiedliche Auslegungen zulässt, widergespiegelt wird. Diese bittersüße Note und der außergewöhnliche Zauber der Liebesgeschichte machen "A Werewolf Boy" zu einem der besten Romantikdramen aus Südkorea.