Story: Larry Lam (Louis Cheung) ist wieder mal zu spät an einem Tatort. Der Detective hat momentan alle Hände voll damit zu tun, einem Schuldeneintreiber aus dem Weg zu gehen, bei dem er sich Geld geliehen hat, um ein Katzenobdach auf die Beine zu stellen. An dem neuen Tatort angekommen, stellt sich der Tote dann als einer der Räuber heraus, die vor drei Monaten ein Juweliergeschäft überfallen haben. Der Raub hat für Chief Inspector Yip (Philip Keung) höchste Priorität, da damals ein verdeckter Ermittler und weitere Unschuldige ums Leben kamen. Für Yip ist schnell klar, dass die Räuber den Mord begangen haben, um die Beute unter weniger Beteiligten aufteilen zu können. Lam nimmt dagegen einen Papagei mit, der dem Toten gehörte und erhofft sich von diesem ein paar nützliche Hinweise. Derweil sucht Sean Wong (Louis Koo), einer der Räuber, nach seinen Komplizen, um herauszufinden, wer für den Mord verantwortlich ist. Außerdem hatte der Ermordete die Beute bei sich, die nun verschwunden ist. Wong erhofft sich, seine Unschuld zu beweisen und seinen Partner zu rächen. Ihm läuft schließlich Lam über den Weg, den er sogleich wieder laufen lässt, obwohl er die Chance hätte, ihn zu töten. Lam zweifelt daher langsam an der Schuld Wongs und seiner Partner. Wer könnte allerdings der wahre Mörder sein? Tatsächlich könnte der Papagei den entscheidenden Hinweis liefern, denn er reagiert bei einem Verdächtigen auf ungewöhnliche Weise.
Kritik: Bei der Vermarktung von "A Witness Out of the Blue" wurde teilweise ein großer Fokus auf den Papapei gelegt. Da könnte man natürlich eine abstruse Komödie erwarten oder einen Thriller mit einem Übermaß an schwarzem Humor. Tatsächlich erweist sich der Film aber als recht klassischer Krimi, bei dem es um die Suche nach einem Mörder geht. Es gibt aber ein paar Feinheiten, die dem Krimi dann doch ein paar Eigenheiten verleihen. Das sind vor allem die Charaktere und die kleinen Dinge, die sich um sie herum abspielen, inbesondere bei Larry. Action sollte man nicht erwarten. Es gibt zwar ein paar Szenen, in denen es zu einer kleinen Schießerei kommt, aber diese sind oft sehr kurz gehalten und das ist auch keineswegs enttäuschend, denn wie ein Actionfilm fühlt sich dieser Krimi nie an. Übrigens gibt es auch keine herausragenden Wendungen, womit der Streifen auf dem Papier wenig spektakulär aussehen dürfte. Doch "A Witness out of the Blue" ist durchaus unterhaltsam.
Louis Koo ("The White Storm 2") soll der eigentliche Protagonist sein, könnte man meinen. In Wahrheit ist aber Louis Cheungs ("Keeper of Darkness") Cop der Held der Geschichte. Er ist ein etwas ungewöhnlicher Detective. Unwahrscheinlich faul - wichtiger als pünktlich zur Arbeit zu kommen, ist pünktlich Feierabend zu machen - und dennoch nimmt er den Fall ernster, als man es ihm zunächst zutrauen würde. Dass er etwas abseits des Gewöhnlichen denkt, ist dabei seine besondere Stärke. So liefert ihm auch der Papagei einige interessante Hinweise, denen sonst niemand nachgegangen wäre. Glücklicherweise wird die Geschichte um den Vogel niemals peinlich, was durchaus ebenso im Bereich des Möglichen gelegen hätte. Man kann sagen, dass es das gesunde Maß ist, welches den Krimi sowohl spannend als auch lustig macht, ohne dass dabei das Gleichgewicht verloren gehen würde. Ein schmaler Grat, den zu wandern nur wenigen Regisseuren gelingt.
Die Welt wird auch dadurch etwas bunter, dass ein paar Besonderheiten um die Charaktere gezeichnet werden. Dass Larry ein Waisenhaus für Katzen eröffnet hat, spielt zum Beispiel im Verlauf des Films sonst keine besondere Rolle, was man normalerweise nicht erwarten würde. Ebenso ist die Geschichte um den Schuldeneintreiber einfach eine nette Dreingabe, um zu zeigen, dass Larry ein eigenartiger Typ ist, aber eben sehr liebenswert. Damit bekommen wir eine Person, die schnell unsere Sympathien für sich gewonnen hat, gerade weil sie alles andere als perfekt ist. Wong ist dagegen ein Räuber, der seinen eigenen Ehrencodex hat. Die Grauzeichnung seines Charakters ist faszinierend, weil er zum einen seiner Vermieterin in Not mit den Fäusten zur Seite steht, zum anderen aber seinen Partnern helfen will, obwohl zumindest der Ermordete ein Mörder war. Außerdem hat er kein Problem damit, auch Frauen mit dem Kopf gegen die Flurwand zu hämmern. Dass Wong im Grunde nicht böse ist, wird uns stets dadurch unter die Nase gerieben, dass er unseren Detective nicht ausschaltet, obwohl er mehrmals die Gelegenheit dazu hätte.
Gerade in Hinsicht auf die chinesische Zensurbehörde sind solche Grauzeichnungen sehr willkommen, auch wenn man bereits eine Idee davon hat, wie das Ganze ausgehen mag. Wong wird auch von Schlaflosigkeit und Bildern von Ameisen geplagt, die sein schlechtes Gewissen zeigen sollen. Ebenso gibt es ein paar nette Szenen mit seiner Vermieterin, die zeigen, dass er kein Unmensch ist und sich unter normalen Umständen vielleicht sogar eine Beziehung hätte anbahnen können. Weiterhin gibt es ein paar Nebencharaktere, die die Geschichte noch etwas aufwerten und uns weiter darüber mutmaßen lassen, wer der Mörder ist. Am Ende ist die Auflösung nicht wirklich überraschend, aber Enttäuschung stellt sich trotzdem nicht ein. Vielmehr ist es nicht das Ziel, sondern der Weg dorthin, der uns unterhalten kann. Der stete narrative Wechsel zwischen dem etwas düsteren Wong und dem Sonderling Larry sorgt überdies für Abwechslung und lässt keinen Aspekt des Films je zu stark werden.
Es gibt ein paar Actionszenen, doch sind diese vernachlässigbar. Gerade beim Finale fragt man sich, ob die kurze Schießerei wirklich nötig war. "A Witness out of the Blue" ist ein Krimi, der mit seinen Charakteren arbeitet und dort liegen auch seine Stärken. Das bedeutet nicht, dass die Personen außerordentlich tiefgründig geschrieben worden wären, aber sie sind interessant und sorgen dafür, dass wir am Ball bleiben wollen. Regisseur Andrew Fung hat als Grundgerüst eine Geschichte, die wenig herausragend ist. Man hat das alles schonmal gesehen. Aber die Einrichtung seines Gebäudes ist zuweilen recht ungewöhnlich und das macht den eigentlichen Unterhaltungswert aus. Ein großartiger Film wird daraus eben nicht, dafür fehlen spannende Wendungen, aber einer, der mit seinen Eigenheiten punkten kann und uns mit seinen Charakteren zuweilen gut unterhält. Baut Regisseur Andrew Fung in Zukunft darauf auf, könnte er noch etwas Großes kreieren.