Story: York (Leslie Cheung) ist gutaussehend und braucht keiner Arbeit nachzugehen, da seine Ziehmutter ihn mit dem nötigen Kleingeld
versorgt. Er spielt mit ihrem Schuldgefühl, dass sie ihm erzählt hat, er sei adoptiert, ihm aber nicht den Namen seiner wahren Mutter nennt. York ist
unwahrscheinlich selbstsüchtig und selbstverliebt. Schon so manche Frau ist auf ihn reingefallen. Auch So Lai-Chun (Maggie Cheung), ein Mädchen aus
Macau, erliegt seinem Charme. Doch als York genug von ihr hat, lässt er sie fallen und vergnügt sich stattdessen mit seiner neuen Freundin Mimi (Carina Lau).
Trost sucht Lai-Chun unterdessen in Gesprächen mit dem Polizisten Tide (Andy Lau) und irgendwann ist sie tatsächlich über York hinweg. Da erfährt York endlich
den Namen seiner wahren Mutter und macht sicht auf die Philippinen, um sie zu finden. Nur seinem Freund Zeb (Jackie Cheung) erzählt er davon. Mimi ist am Boden
zerstört, als sie hört, dass York einfach gegangen ist. Auch Zeb, der eigentlich in sie verliebt ist, kann sie nicht trösten, da sie nichts von ihm
wissen will.
Kritik: Ich muss zugeben, dass ich etwas erschrocken darüber war, wie wenig Anklang "Days of Being Wild" in mir finden konnte. Keineswegs
ein Feind von Arthouse-Filmen und jemand, der Regisseur Wong Kar-Wais Kunst zu schätzen wissen glaubt, erwies sich dieser Film, den viele
als einen der wegweisenden Werke für die Filmbranche der 90er Hong Kongs betrachten, als eine ernüchternde Enttäuschung. "Days of Being Wild" kommt mit einer
minimalistischen Geschichte daher, wie sie aus einer Drama-Serie stammen könnte, und so kann lediglich Wongs Gespür für außergewöhnliche Atmosphäre, Details
und seine Fähigkeit, großartige Leistungen aus seinen Darstellern herauszukitzeln, dieses große Manko etwas ausgleichen. Doch irgendwie scheint das diesmal nicht
immer aufzugehen. Offensichtlich scheinen aber über den Film die Meinungen auseinanderzugehen.
Fast die gesamte Geschichte des Films wurde schon vorweggenommen und während man an anderer Stelle als Kritiker ein schlechtes Gewissen darüber haben müsste,
ist das hier nicht der Fall, denn die Entwicklungen sind auf narrativer Ebene so unspektakulär, dass es manchmal schon erschütternd ist. Aber das ist nichts
Außergewöhnliches, schließlich verhält es sich in Wongs "Chungking Express" nicht wirklich anders. Aber in dem
zweiten Film nach seinem Debüt "As Tears Go By" fehlt einfach die Magie. Es gibt auch diesmal wieder viele kleine Details, die den Film trotz allem am Leben
halten, als da wären kleine Gesten und Bewegungen der Darsteller sowie die großartige Kinematografie von Christopher Doyle, der es vermag, aus runtergekommenen
Hotels Kunst in bewegten Bildern zu schaffen, aber auf emotionaler Ebene wird man als Zuschauer auf Abstand gehalten.
Yorks selbstsüchtiges Verhalten zu analysieren, fällt nicht schwer. Sein Verhältnis zu seiner Ziehmutter birgt den Schlüssel. Wirklich mehr gibt es aber auch
nicht zu entdecken. Es sind altbekannte Liebesgeschichten, denen, so viel muss man Wong zugestehen, durch die Erzählweise etwas Außergewöhnliches und
Reales innewohnt. Die Frauen scheinen in ihrem Elend armselig und bemitleidenswert, allerdings keineswegs weniger als Zeb, der jedoch nur ein paar kurze Momente
in der Geschichte bekommt. Wen man liebt, kann man nicht beeinflussen, selbst wenn man weiß, dass es einem nicht gut tut. Aber wer nach einer Aussage am Ende
des Films sucht oder irgendetwas, dass er aus diesem für sich mitnehmen kann, wird enttäuscht werden. Da gibt es nichts. Damit mag "Days of Being Wild"
schonungslos ehrlich sein, aber für das Publikum ist das dennoch frustrierend.
Der Fokus der Geschichte bleibt nicht die ganze Zeit auf York, sondern wechselt auch vorübergehend zu anderen Charakteren. Das lässt kurzzeitig Interesse
aufkommen, aber leider geschieht gerade in der Geschichte um den Polizisten, gespielt von Andy Lau ("Protégé"), zu wenig. Carina Lau
("Let the Bullets Fly") und natürlich Maggie Cheung und Leslie Cheung, beide auch in Wongs
"Ashes of Time - Redux" zu sehen, geben aber eine so intensive schauspielerische Darbietung ab, dass sie in ihren Szenen die narrativen Schwächen wieder
ausmerzen können. Zum Ende dagegen verliert sich der Film völlig in einem unstrukturierten Drehbuch und wird sogar richtiggehend chaotisch, was nicht zuletzt an
einem hektischen Schnitt liegt, der den Film mehr oder weniger auseinanderfallen lässt. Kunst ist eine Sache und die gewöhnungsbedürftige Schnitttechnik der
80er Jahre in Hong Kong ebenso, aber gut muss man das nicht finden, nur weil Wong Kar-Wai draufsteht.
Am Ende bekommen wir noch Tony Leung Chiu-Wai zu sehen. Was hat es damit auf sich? Offenbar sollte es eine Fortsetzung geben und viele Szenen mit Leung waren auch schon gedreht, aber "Days of Being Wild" floppte an den Kinokassen. Zu schwer zugänglich ist der Film und daran ändert sich auch heute nichts. Interessant ist aber, dass Maggie Cheungs Charakter im Film den gleichen Namen trägt, wie jener in "In the Mood for Love". Also kann man letzteren wohl als inoffiziellen Nachfolger betrachten - und sicherlich auch als den besseren Film. Es mag sein, dass andere mehr aus "Days of Being Wild" für sich mitnehmen können als ich, aber das Drama erweist sich insgesamt als zu verschlossen und stellenweise einfach deprimierend, um es in hohen Tönen zu loben. Auch wenn die Atmosphäre des Films durchaus positive Worte verdient. Keineswegs Wongs bester Film, nicht einmal ein wirklich guter von ihm.