Story: Leo Katsuragi (Masataka Kubota) ist ein vielversprechender, junger Boxer und wird eines Tages unerwartet auf die Matte geschickt. Er geht zum Arzt und ein MRT verrät, dass er einen Tumor im Kopf hat. Er hat nicht mehr lange zu leben und wandert apathisch durch die Straßen, als plötzlich das Mädchen Monika (Sakurako Konishi) an ihm vorbeirennt, gefolgt von einem Mann. Sie schreit um Hilfe und er schlägt den Mann mit einem gezielten Schlag bewusstlos. Zu seiner Überraschung handelt es sich bei dem Bewusstlosen um den Polizisten Otomo (Nao Omori). Otomo ist korrupt und hat mit dem Yakuza Kase (Shota Sometani) einen Plan geschmiedet, Drogen zu stehlen und dies Monika in die Schuhe zu schieben. Monika arbeitet als Prostituierte die Schulden ihres Vaters ab, wurde mit Drogen gefügig gemacht und ist in Wahrheit nicht vor Otomo weggerannt, der an diesem Tag ihr Freier war, sondern vor einer Halluzination. Der Boxer Leo findet sich nun in einer verzwickten Lage wieder, aber er bleibt an der Seite von Monika, um sie zu beschützen. Kase und Detective Otomo scheinen ihren gut durchdachten Plan nicht umsetzen zu können. Als Kase dann denn Freund von Juri (Becky) umbringen muss, bei der Monika untergebracht war, um die Drogen schließlich in seinen Besitz zu bringen, gelingt es ihm, die Triaden verantwortlich dafür zu machen. Diese versuchen schon seit einer Weile den Yakuza ihr Territorium streitig zu machen. Es kommt, wie es kommen muss, und eine blutige Auseinandersetzung zwischen den Parteien scheint als einziges eine Lösung zu versprechen.
Kritik: Der Krimi "First Love" startet relativ langsam, da er seine diversen Charaktere vorstellen will. An diesem Punkt ist noch nicht klar, in welche Richtung der Film gehen will, aber die Themen sind vertraut und man erweckt nur an ein paar Stellen den Eindruck, beispielsweise als ein Kopf über die Straße rollt, dass nicht alles bitterernst zu nehmen ist. Wer Regisseur Takashi Miike ("Blade of the Immortal") kennt, weiß außerdem, dass eigentlich alles in seinen Filmen möglich ist. Und so ist es dann auch: Nach der ersten Hälfte zieht das Tempo ordentlich an, die vorgestellten Charaktere treffen auf die unterschiedlichsten Weisen zusammen und es entspinnt sich ein kontrolliertes Chaos, das altbekannte Elemente auf eine erfrischende Weise neu zusammenmischt. Dabei ist vor allem zu bemerken, dass der schwarze Humor ein gutes Gleichgewicht zu den brutalen Momenten liefert, sodass "First Love" auch etwas comichaft wirkt. Eine gelungene Mischung.
Der eigentlich größte Kritikpunkt, nämlich dass die Einleitung zu viel Zeit in Anspruch nimmt, weil es eben etliche Charaktere gibt, die für die Geschichte von Relevanz sind, wird in der zweiten Hälfte vollkommen revidiert. Hätte Miike sich nicht diese Zeit genommen, hätte der Rest des Films uns kaum interessieren können. So wissen wir um die Beweggründe der Personen und können mit ihnen mitfiebern oder sie eben hassen. Obwohl es sehr schwierig ist, jemanden in "First Love" zu hassen. Zu schrullig sind die Charaktere, zu groß ist ihr Beitrag zum Gesamtton des Films, als dass man sie nicht auch ein bisschen mögen müsste. Als Beispiel ist Kase zu nennen, der ein kaltblütiger Killer ist, aber später verletzt Drogen in seine Wunde bekommt und schließlich zu einer Karikatur seiner selbst wird. Oder Juri, die eine richtige Powerfrau darstellt, wenn es drauf ankommt, und aufgelöst und wütend bei den Yakuza hereinplatzt, ungeachtet dessen, dass sie in mehrere Pistolenmündungen schaut. Für sie ist nur die Rache an dem Mörder ihres Freundes wichtig.
Dann sind da noch die beiden eigentlichen Protagonisten. Masataka Kubota ("Tokyo Ghoul") spielt einen zu Beginn farblosen Boxer, dem alles egal ist, nachdem er erfahren hat, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Leos spontane Entscheidung Monika zu helfen, hat seinen Ursprung in den Worten eines Wahrsagers. Damit bringt er zum größten Teil die eigentliche Maschinerie des Plots in Gang. Monika, verkörpert von Neuling Sakurako Konishi, ist selbst auch ein bisschen flach gezeichnet. Doch durch ihre Interaktion bekommen die zwei mehr Persönlichkeit sowie Farbe und können schließlich den Film gut tragen. Monika ist durch ihre Kindheit bzw. ihren Vater traumatisiert. Dieser verfolgt sie in ihrem Kopf immer in Unterhose, doch als Leo ihr traditionell angehauchte Musik zu hören gibt, tanzt der Vater dazu in einer U-Bahn vor ihren Augen. Sie hat immer noch Angst, muss dabei aber auch lachen. Diese eigenartige, und im Übrigen darstellerisch sehr überzeugend dargebrachte, Szene ist bezeichnend für die ungewöhnliche Mischung der Genres und Emotionen, die Takashi Miike auf den Bildschirm zaubert.
Schließlich endet alles in einem sehr gelungenen Finale, in dem alle Charaktere aufeinandertreffen und das oft auf sehr blutige Weise. Gliedmaßen werden abgeschlagen und Köpfe rollen. Das alles könnte dafür sorgen, dass einem schlecht wird, aber man kann und soll solche Szenen gar nicht ernstnehmen. Falls daran irgendein Zweifel bestehen sollte, verpackt der Regisseur eine spektakuläre Fluchtszene in einen gezeichneten Comic und unterstreicht somit einmal mehr, dass er auf sehr gekonnte Weise verschiedene Genres miteinander kombinieren kann. Zwischen den Yakuza und Triaden findet die Rivalität letztlich in einem Schwertkampf ihren Höhepunkt, was eine Verneigung vor "One-Armed Swordsman" ist, denn der Boss der Triaden besitzt nur einen Arm und der Yakuza-Boss kämpft mit einem Katana. Der Schwertkampf ist nicht sonderlich herausragend, genausowenig wie die Schießereien, aber sie sind originell eingefangen und machen daher Spaß.
Begleitet wird die Action oft von einem rocklastigen Jazz-Soundtrack. Was ein naheliegender Analogismus ist. Ich kann persönlich nichts mit Jazz anfangen, weil alles etwas chaotisch klingt und nichts zusammenzupassen scheint. Kenner sehen aber, dass in dem Chaos durchaus eine gewissen Struktur steckt. So ist es auch mit "First Love". Altbekannte Themen von Yakuza-Krimis und Dramen werden zusammengemischt, bekommen aber durch einen erfahrenen Regisseur eine besondere Note und schaffen ein ungewöhnliches Gesamtbild. Das Endprodukt macht daher spätestens ab der zweiten Hälfte großen Spaß. Der Epilog mag wiederum etwas lang ausfallen, aber auch hier lässt sich erkennen, welche Intention sich dahinter verbirgt. Der Film ist eben auch ein Drama, das den Lebensweg der beiden Protagonisten ausleuchten will. Dankenswerterweise verzichtet Miike auch hier auf Klischees und trotz des Titels gibt es hier nur eine angedeutete Liebesgeschichte. Diese spielt sich aber erst nach dem Abspann und nicht vor unseren Augen ab. Ein weiterer Beweis für die große Erfahrung eines außergewöhnlichen Regisseurs.