Story: Ken Kaneki (Masataka Kubota) ist ein schüchterner Junge, der sich für ein Mädchen interessiert, das immer wieder das gleiche Café
wie er besucht. Als er eines Tages tatsächlich auf ein Date mit ihr geht, scheint alles perfekt zu sein. Doch ausgerechnet sie entpuppt sich als Ghoul,
menschenfleischfressende Wesen, die von Menschen kaum zu unterscheiden sind. Kurz bevor Ken, der bereits schwer verletzt ist, von dem Ghoul gegessen wird,
wird dieser von einigen Stahlträgern erschlagen. Im Krankenhaus wird Ken operiert und er bekommt die Organe des toten Mädchens/Ghouls. Fortan kann er keine
normalen Gerichte mehr essen und muss herausfinden, dass er halb Mensch, halb Ghoul ist. Jeden Tag muss er gegen seinen Hunger ankämpfen, bis er das
Mädchen/Ghoul Toka (Fumika Shimizu) trifft, die ihm den Besitzer eines Cafés vorstellt. Das Café ist ein Zufluchtsort für all jene Ghoule, die sonst keinen Ort
der Ruhe haben. Dort freundet sich Ken mit dem Mädchen Hinami (Hiyori Sakurada) an, das bereits von den Ghoul-Jägern Amon (Nobuyuki Suzuki) und Mado (Yo Oizumi)
gesucht wird. Ken sucht derweil immer noch seinen Platz in der Gesellschaft und kämpft damit, dass sowohl die Ghoule als auch die Menschen eine Welt
geschaffen haben, in denen keine der beiden Parteien leben kann.
Kritik: Die Anime-Realverfilmungen aus Japan kann man schon gar nicht mehr zählen. Eigentlich gibt es kaum noch andere Filme aus dem Land.
Das ist natürlich schade, speziell wenn sie dem Original nicht gerecht werden. Letzteres kann ich zwar im Fall von "Tokyo Ghoul" nicht beurteilen, da ich das
Ursprungsmaterial nicht kenne, aber ein wenig Recherche hat gezeigt, dass viele der Probleme, die ich mit der Verfilmung habe, im Manga/Anime nicht erwähnenswert
sind. Als Wichtigstes wäre zu nennen, dass die Charaktere allesamt uninteressant sind. Kens Verwandlung ist keineswegs glaubwürdig dargebracht und sein innerer
Kampf wird lediglich durch frustriertes Herumschreien veranschaulicht. Die Chemie zwischen den anderen Charakteren stimmt auch nicht. Grund dafür ist, dass der
Streifen absolut an der Oberfläche seiner Motive arbeitet. Tatsächlich mag der Film Interesse für das Original kreieren, die Verfilmung kann man aber sonst
vergessen.
Speziell der Anfang zieht sich ungemein hin, ohne dass viel passiert. Es gibt schon unzählige Filme, die sich mit irgendeiner Form der Verwandlung beschäftigen
und das Leid des Protagonisten dabei begleiten. Wie soll dieser mit der neuen Situation zurechtkommen? Im entfernten Sinne hat sich auch die Manga-Verfilmung
"Parasyte" damit beschäftigt und das viel gelungener. Auch der Horrorfaktor kommt dort besser zur Geltung. In "Tokyo Ghoul"
soll zwar alles recht düster aussehen, aber die Atmosphäre ist einfach nicht dicht genug und die Geschichte kann uns nicht gefangennehmen. Um genau zu sein, ist
die Geschichte ziemlich platt. Der Kern des Plots soll eigentlich das Gegenüberstellen zweier Welten sein, von denen keine im Recht ist. Es gibt kein simples
Gut und Böse, vielmehr nur den Wunsch, einen Platz auf dieser Welt zu haben.
Das hört sich ziemlich differenziert an, aber wo geht Regisseur Kentaro Hagiwara mit der Geschichte hin? Jedenfalls nicht in die Tiefe. Man hat den Eindruck, dass
man über die Motive der verschiedenen Parteien reflektieren soll, aber die moralischen Fragen werden auf unspektakuläre, um nicht zu sagen platte Weise
aufgeworfen. Die melodramatischen Momente, die für diese Fälle reserviert sind, schießen über das Ziel hinaus und wirken entweder unfreiwillig komisch oder sind
schlichtweg unglaubwürdig. Das größte Problem ist, dass Ken zwar im Fokus der Geschichte stehen soll, mit ihm jedoch am wenigsten gearbeitet wird. Somit kann
dieser potentiell innerlich zerrissene Antiheld lediglich Desinteresse erzeugen und Darsteller Masataka Kubota ("13 Assassins")
ist um seinen Job nicht wirklich zu beneiden. Bei dem Drehbuch kann er nämlich nur versagen.
Der einzige Nebencharakter, der wirklich eine Bereicherung für den Film ist, ist Hinami, da das reine Kindliche an ihr im krassen Gegensatz zu ihrem Leben als
Ghoul steht. Sie lässt uns erahnen, welche moralischen Probleme ihre Existenz aufwirft, eine Aufgabe, die eigentlich Ken obliegt hätte. Die "Guten" sind des
Weiteren enorm schwach gezeichnet und muten wie die Bösen an. Letzteres ist Absicht, aber der eigentliche Sinn dahinter ist nur zu erahnen. Letztlich gibt es
kaum jemanden mit dem man sich identifizieren kann. Toka lässt Momente des versteckten Schmerzes erkennen und Ken kann lediglich dadurch unser Anker in der
Geschichte bleiben, dass er sich weigert, Menschen zu essen. Ein Highlight ist das Café, das dank seiner gemütlichen Atmosphäre wie ein sicherer Hafen in einer
düsteren und grauenhaften Welt anmutet. Daneben passiert aber sehr wenig und wenn es endlich zur Action kommt, dann erkennen wir wieder, bespielsweise an den
Kagune (die waffenartigen Gliedmaßen der Ghoule), dass das Original hier sicherlich weitaus Besseres zu liefern hatte.
Ein Problem bei den Kämpfen ist zum einen, dass die Kagune mit nicht sehr überzeugenden CGI-Effekten zum Leben erweckt wurden und dass die Kämpfe selbst eher bescheiden choreographiert wurden. Daneben wirkt eine plötzliche Trainingssequenz ziemlich fehl am Platz. Man versucht hier etwas zu verdichten - Kens Transformation vom schüchternen Bücherwurm zum gefährlichen Kämpfer - was nur mit viel regietechnischem Geschick gelingen kann, und das beweist Kentaro Hagiwara einfach nicht. Vielmehr sind einige der Schnitte und Kameraeinstellungen ein wenig fragwürdig, auch wenn der Film generell ordentlich produziert aussieht. Letztendlich haben wir hier nur die Bleistiftskizze eines vermutlich interessanten Gemäldes rund um zwei Spezies, die versuchen ihren Platz in einer veränderten Welt zu finden. "Tokyo Ghoul" ist bestenfalls irgendwie noch unterhaltsam und versagt dort, wo die Geschichte eigentlich anfängt spannend zu werden.