Story: Wi Ha-joon hat einen YouTube-Kanal und deckt die Wahrheit hinter Spukhäusern auf. In Korea gibt es einen der gruseligsten Orte auf der Welt: die
Nervenheilanstalt Gonjiam. Vor Kurzem sind dort erst wieder einige Teenager verschwunden. Es heißt, wer dort versucht, Zimmer Nr. 402 zu öffnen, ist verflucht und stibt kurz darauf. Ha-joon stellt ein Team zusammen, das nachts in die Anstalt eindringt und dort in einer Live-Übertragung im Internet alles dokumentiert, was es sieht. Jeder der Teenager ist mit einer Kamera ausgestattet. In dem Gebäude kommt es schon bald zu einigen eigenartigen Ereignissen. Immer wieder ist ein Ping-Pong Ball zu hören, Türen gehen von alleine zu, doch all das ist von Ha-joon und seinen beiden eingeweihten Freunden Seong-hoon und Seung-wook inszeniert, um mehr Zuschauer anzulocken. Die Mädchen in der Gruppe wissen davon nichts, da ihre Reaktionen echt wirken sollen. Allerdings geschehen schließlich tatsächlich unerklärliche Dinge und das Team will nur noch aus dem Gebäude raus. Ha-joon, der von draußen die Fäden in der Hand hält, will aber die eine-Million-Marke an Zuschauern knacken und versucht sein Team zu überreden, den übernatürlichen Phänomenen weiter nachzugehen. Selbst wenn sie es wollten, könnten die Teenager jedoch nicht fliehen, denn die Geister der Patienten, die sich damals in einem Massenselbstmord das Leben genommen haben, lassen niemanden gehen...
Kritik: Die Aussage im Film, dass die Nervenheilanstalt Gonjiam von CNN als eine der sieben gruseligsten Orte der Welt gelistet wurde, entspricht der Wahrheit, und so bietet es sich natürlich an, dort einen Horrorfilm anzusiedeln. Da es sich dabei um einen "found footage" Film handelt, also einen angeblich authentischen Film, hat sich aber bei mir ursprünglich ein gewisser Widerwillen eingestellt, den Film zu sehen. Der Grund dafür ist, dass man uns hier weismachen will, eine Dokumentation zu sehen. Seit "Blair Witch Project" ist aber spätestens klar, dass in Filmen dieser Art genauso viel Fiktion verarbeitet ist, wie in jedem anderen Horrorfilm. Demnach fühle ich mich für dumm verkauft, wenn jemand durch das Genre bedingt, mir etwas als real vermitteln will, was dieses ganz klar nicht ist. Das Resultat ist das Gegenteil: Der Film kann mich nicht für sich gefangennehmen, während andere Filme als Werke der Fiktion es viel leicher haben, dass ich ihre Prämisse akzeptiere. "Gonjiam" hat es aber irgendwie trotzdem geschafft, eine dichte, packende Atmosphäre aufzubauen.
Mittlerweile ist mir auch klar, warum mich "Gonjiam" im Großen und Ganzen überzeugen konnte. Regisseur Jeong Beom-sik ist für den Streifen verantwortlich, der mit "Epitaph" einen herausragenden Horrorfilm der etwas anderen Art kreiert hat. Sein Händchen für die richtige Bildkomposition und tolle Sets zeigt sich auch diesmal wieder. Die Nervenheilanstalt ist in düsteren Farben gehalten, alles wirkt verfallen und modrig, alte Rollstühle rollen über den Flur, gruselige Bilder aus der Vergangenheit werden gefunden, in einer Gemeinschaftsdusche gibt es den verbrannten Abdruck eines Menschen an der Wand und merkwürdige "Heilapparaturen" lassen das Blut in den Adern gefrieren. Sicherlich denkt man sich bei dieser Beschreibung, dass das alles nichts Neues ist, aber es ist einfach gut umgesetzt. Die Atmosphäre ist dicht und erinnert an die ursprünglichen "Silent Hill"-Spiele. Und dank seiner Bilder ist "Gonjiam" tatsächlich innovative im Genre, denn einen solchen Film hat man aus Korea noch nicht gesehen.
Die Prämisse mag zwar abgedroschen sein, sie bekommt aber einen neuen farblichen Anstrich, da die Protagonisten YouTube-Stars sein wollen, und bei der Jagd nach Viewern während der Live-Show Gier nach Geld und Ruhm die Jugendlichen antreibt. Vielleicht mag sich hier auch ein wenig Kritik verstecken, aber man darf den Film auch nicht überinterpretieren. Einen Vorteil hat dieser Aufhänger: Die Schauspieler geben hier alle ihr Debüt - mit ihren wahren Namen, um die "Authentizität" zu wahren - und leisten erstaunlich gute Arbeit, aber auch dann, wenn ihr Schauspiel etwas übertrieben wirkt, könnte das durchaus auch als Absicht ausgelegt werden. Schließlich haben sie dank der um sie geschnallten Kameras immer ein
Publikum, das sie unterhalten wollen. Wie nicht anders zu erwarten, werden die Horrorszenen aber von Teilen der Crew selbst kreiert, bis es unweigerlich zu echten Vorfällen kommt, welche die YouTube-Stars langsam in den Wahnsinn treiben. Die Verbindung zwischen neuen sozialen Medien und "found footage"-Stil gelingt hier ziemlich gut.
Anfangs ist das Kennenlernen der Jugendlichen auch recht authentisch eingefangen, es wird rumgeblödelt und es könnte sich sogar eine Romanze abzeichnen. Aber das alles ist natürlich irrelevant und als wir dann endlich in der Anstalt ankommen, dauert es zwar, bis wirklich etwas passiert, aber der Film bleibt doch stets spannend. Am besten gelingt es Regisseur Jeong, sein Publikum zu gruseln, wenn er die Dinge in der Schwebe lässt und die enorm dichte Atmosphäre für sich arbeiten lässt. Das kann nicht jeder Regisseur.
Unweigerlich muss es letztlich dazu kommen, dass wir auch etwas zu sehen bekommen. Hier wird der Film im letzten Drittel ziemlich langatmig und das Kuckuckspiel wie bei Kindern, nur eben mit einem Geist, wird auch repetitiv. Das soll nicht heißen, dass der Film nicht mehr gruselig oder spannend wäre, aber die Schreckmomente davor, waren effektiver, weil die Darsteller den Horror transportiert haben und das wie gesagt nicht schlecht.
Wer glaubt, dass er in irgendeiner Form Antworten zu den ursprünglichen Geschehnissen in der Anstalt bekommt, wird enttäuscht werden. Storytechnisch bleibt der Film flach. Es sind die Bilder und die Atmosphäre, die dank einiger wunderbar gestalteter Sets - der Film wurde nicht in der echten Heilanstalt gedreht, sondern eine Schule wurde nach ihren Maßen umgestaltet -, gefangennehmen und vergessen lassen, dass hier die Darsteller mit Kameras herumlaufen. Dank moderner Technik bekommt man auch keine Kopfschmerzen durch Wackelbilder mehr. Einzig Übertragungsprobleme über das Internet machen einem ab und an bewusst, welches Stilmittel hier verwendet wird. Auch dafür gebürt Lob. Ein Stilmittel für "found footage"-Filme zu verwenden, ohne dass einem dies als Zuschauer stehts ins Auge springt, zeugt für das Können des Regisseurs. "Gonjiam" ist damit ein Horrorfilm, der trotz anfänglicher Skepsis einer der gelungensten seiner Art ist.