Story: Ah Jie (Lee Kang-sheng) hat seinen Job und sein ganzes Geld verloren. Während er früher mit Wertpapieren das große Geld gemacht hat,
kann er sich jetzt nicht mal mehr eine Packung Zigaretten leisten. Er wohnt in seiner eigentlich schon gepfändeten Wohnung und baut Cannabis an. Dieses
raucht er bei jeder Gelegenheit und versucht sich auf diese Weise so wenig wie möglich mit der Realität auseinanderzusetzen. Allerdings lernt er das Mädchen
Shin (Ivy Yin) kennen, die unter seiner Wohnung in einem Kiosk arbeitet, in dem sie und ihre Kolleginnen nur leicht bekleidet die Kunden bedienen. Ah Jie
freundet sich zwar mit ihr an, doch eine ernsthafte Beziehung will er nicht. Stattdessen raucht er weiter Marihuana und telefoniert mit Chyi (Liao Hui-Jen),
die für eine Selbstmord-Hotline arbeitet und zuhause selbst einige Probleme hat. Ihr Mann schenkt ihr keine Aufmerksamkeit und erhält die Ehe aufrecht, indem
er für sie kocht. Ihr Übergewicht ist deshalb schon lange ein ernsthaftes Problem. Ah Jie hofft auf irgendeine Form der Errettung, aber er ist nicht der Einzige,
den die Sehnsucht und Einsamkeit plagt...
Kritik: "Help Me, Eros" wendet sich ganz klar an ein Publikum, das dem Art-House-Kino zugetan ist. Das ruhige Tempo und die etwas eigensinnige
Narration sind klare Anzeichen dafür. Daneben gibt es nur wenige Dialoge, vielmehr müssen aus den Handlungen der Personen Rückschlüsse gezogen werden. Mit
anderen Worten muss etwas an Arbeit investiert werden, will man aus dem Drama so viel wie möglich für sich mitnehmen. Überzeugen kann der Film durch eine
herausragende Kinematografie und eine Stimmung der Einsamkeit und Verlassenheit, die man nicht immer so gut auf den Punkt gebracht bekommt. Denn tatsächlich
fühlt sich das Drama nicht so kühl und distanziert an wie ähnliche Werke, kann aber dennoch das Verlorensein in einer Welt, in welcher der eigene Daseins-Sinn
abhanden gekommen ist, auf gelungene Weise auf den Bildschirm bringen.
Es ist auch nicht ganz einfach festzumachen, bei welchem Individuum der Fokus von "Help Me, Eros" liegt, auch wenn dieser augenscheinlich bei Ah Jie zu
suchen ist. Die Leben der drei Individuen überschneiden sich immer wieder und die Personen teilen sich das gleiche Problem: die Liebe. Doch genau hier
kann man sich eben nicht mehr so sicher sein. Denn obwohl auch der Titel auf die Liebe als Dreh- und Angelpunkt hinweist, kann man bei Ah Jie nicht wirklich
erkennen, dass er auf der Suche nach dieser ist. Seine Einsamkeit ist zwar alles einnehmend und irgendeine Form der Sehnsucht hat er auch, aber es ist
wohl die nach seinem früheren Leben als erfolgreicher Geschäftsmann. Vielleicht erkennt er unbewusst, dass er in Shin jemanden gefunden haben könnte, der
ihm wieder Sinn im Leben gibt - es gibt ein paar Anzeichen dafür -, doch diese Möglichkeit der Errettung zerstört er bald wieder.
Grund dafür ist seine Flucht in die Drogen. So ist er nicht körperlich abhängig von Marihuana, aber doch seelisch. Und das, was er mit Shin hätte haben können,
verspielt er sogleich wieder, indem er im Drogenrausch, aber sich doch völlig bewusst, was er macht, Sex mit anderen Frauen hat und dies noch nicht
einmal vor Shin verheimlicht. In "Help Me, Eros" lassen sich einige sehr explizite erotische Szenen finden. Vielleicht ist dies auch der Verdienst von
Tsai Ming-liang, der den Film mitproduziert hat und selbst mit seinem "The Wayward Cloud" in dieser Hinsicht einige
Kritiker geschockt hat. Außerdem könnte sein Einfluss auch für zumindest eine Szene verantwortlich sein, in der sich die Kiosk-Damen lasziv auf der Straße
räkeln, als würden sie zum dazu eingespielten Song ein kleines Video drehen. Diese Szene scheint jedoch irgendwie unmotiviert im Film.
Während wir über Ah Jie zumindest ein paar Dinge erfahren, bleibt Shin irgendwie unbeschrieben. Man weiß nicht so wirklich, was man aus ihrem Charakter
machen soll. Chyi, die Frau von der Selbstmord-Hotline, hat zwar viel weniger Zeit auf dem Bildschirm, wirkt aber etwas interessanter. Sie selbst ist ebenso
von Einsamkeit geplagt, da ihr Mann sie nicht anfässt - offensichtlich fühlt er sich eher als Frau oder ist schlichtweg schwul - und sie stattdessen
bekocht. Aber trotz all der Gerichte bleibt ihre Sehnsucht ungestillt. Auch ihre körperliche, weshalb sie sich sogar in eine Badewanne mit Schlangen legt...
Ja, an einigen Stellen ist "Help Me, Eros" bewusst provokant. Gerade zu Beginn sehen wir, wie ein noch lebender Fisch angerichtet wird und später soll
ein Straußenei gebraten werden, allerdings fällt stattdessen ein toter Strauß heraus.
Sehr schön anzusehen, sind die Bilder, die den neonbeleuchteten Straßen etwas Angenehmes, fast schon Heimeliges geben, obwohl sie leicht kühl hätten wirken können. Auch die Sexszenen sind anspruchsvoll umgesetzt, obwohl ihnen oft etwas Böses anhaftet, da sie lediglich ein verzweifelter und keineswegs erfolgversprechender Versuch sind, der Einsamkeit zu entkommen. Ein Regen aus Lotterie-Tickets und Shin, wie sie in diesem mit umgeschnallten Engelsflügeln steht, kann besonders verzaubern. Außerdem sind einige der Bilder bedeutungsschwerer als die wenigen Dialoge im Film und kreieren eine ansprechende Atmosphäre, wenn man sich von einer etwas depressiven Stimmung denn gefangennehmen lassen kann. Insgesamt beweist Lee Kang-sheng, der hier auch die Hauptrolle übernimmt, Talent für die Regie. Am Ende bleibt aber anzumerken, dass der Film narrativ etwas zu unstrukturiert ist und mit seinem langsamen Tempo und den vielen Szenen, in denen kaum etwas passiert oder die andererseits auch etwas provokanter sind, hauptsächlich Art-House-Freunde ansprechen wird.