Story: Fan Kwok-Sang (Lau Ching-Wan) ist schizophren und lässt seine Frau nicht alleine aus der Wohnung. Vor drei Jahren ist der gemeinsame Sohn
gestorben. Seitdem ist er arbeitslos und hat einige Schulden gemacht. Als seine Frau dann eines Tages die Wohnung verlassen will, vermutet er eine Affäre und
wird handgreiflich. Er stößt sie aus dem Fenster des 6. Stocks. Für den Mord kommt er jedoch nicht ins Gefängnis. Weil er psychisch krank ist, kommt er in
die geschlossene Psychiatrie. Dort behandelt ihn Chow Ming-Kit (Huang Xiaoming). Nach einigen Jahren ist Fan anscheinend wieder geheilt. Chow will Fan
wieder entlassen und trotz der Bedenken seiner Kollegen wird dies gestattet. Fan versucht wieder seinen Platz in der Gesellschaft zu finden, setzt jedoch seine
Medikamente ab und denkt an Selbstmord, zumal die Mutter seiner Frau ihn jeden Tag stalkt. Chow wird währenddessen zum Direktor des Instituts ernannt,
fürchtet aber um seinen Ruf, da er nun glaubt, dass er Fan eventuell doch zu früh entlassen haben könnte. Dann kommt es zu einem Mord und die Dinge sehen
für Chow nicht mehr gut aus...
Kritik: "Insanity" ist ein psychologischer Hong Kong Thriller, der versucht intelligent zu sein und eine Botschaft zu vermitteln, was es
heißt, geisteskrank zu sein, während er auf der anderen Seite ein unterhaltsamer Krimi sein will. Wenn sich das die Waage halten würde, könnte man nicht meckern,
doch leider schaukeln die beiden Arme jener Waage ständig hin und her. Das macht den Film nicht schlecht, tatsächlich handelt es sich sogar um einen der
besseren Thriller der letzten Jahre aus Hong Kong, aber wie aus einem Guss wirkt "Insanity" dabei nicht. Vom Ton her könnte man den Film also fast schon
schizophren nennen, aber um das als tatsächliches, perfides Ziel des Regisseurs auf Meta-Ebene zu betrachten, dafür ist dieser Ansatz bis zum Ende leider nicht
stringent genug durchgezogen.
Die Stimmung, die in dem Film erzeugt wird, schwankt wirklich ständig hin und her. Anfangs wirkt die Geschichte fast schon gruselig und man wartet nur darauf,
dass irgendetwas Schreckliches passiert. Dann wird alles etwas ruhiger und nachdenklicher, nur um dann erneut leicht ins psychologische Horror-Genre überzugehen.
Gegen Ende driftet der Film dann noch mehr in diese Richtung ab und hier offenbart er sogar seine stärksten Momente. Wie eigenartig die Stimmung des Films
hin und her schwingt, zeigt sich vor allem im Soundtrack und der Soundkulisse im Allgemeinen. Gerade in den horrorlastigen Momenten dreht der Ton unnötig auf
und berieselt unsere Ohren mit Horrorfilmklischees. Die Bilder sind dagegen gar nicht so klischeebeladen. Im Gegenteil, manchmal gibt es ein paar sehr
schöne Bildkompositionen zu sehen.
In den Szenen, in denen der Protagonist immer mehr den Verstand verliert, hat man sich auch einige schöne Sachen einfallen lassen. Leider ist es aber
unübersehbar, dass Regisseur Lee Kwong-Yiu sich viel Mühe gegeben hat, seinen Film sehr intelligent wirken zu lassen. Dummerweise ist die letzte halbe Stunde
schon Meilen im Voraus zu sehen, auch wenn einige der Details als ansprechende Wendung durchaus noch herhalten können. Allerdings bietet die menschliche Psyche
so viele Abgründe und Tücken, dass man leicht mit ein paar weiteren Verfeinerungen am Drehbuch zumindest storytechnisch noch einiges hätte aufwerten können.
Es ist einfach schade zu sehen, dass nicht das volle Potential der Geschichte ausgeschöpft wurde. Dann wiederum muss man einräumen, dass nur wenige Hong Kong
Filme heutzutage überhaupt noch eine annehmbare Geschichte bieten.
Der stete Wechsel im Ton zieht sich übrigens auch durch Huang Xiaomings ("The White Haired Witch of Lunar
Kingdom", "The Guillotines") schauspielerische Leistung. Als zurückhaltender, analysierender Arzt macht er eine gute
Figur, auch wenn Huang einfach ein zu künstliches Model-Aussehen mit sich bringt, als dass man ihn immer als Arzt ernst nehmen könnte. Wenn Dr. Chow
jedoch langsam den Verstand zu verlieren droht, kippt der Film. Gegen Ende gleitet Huang immer wieder in übertriebenes Schauspiel ab, das zwar nie schrecklich
wirkt, aber auch nicht wirklich sein Talent beweist. Das fällt umso mehr auf, wenn Lau Ching-Wan ("The White Storm",
"Overheard 3") auf dem Bildschirm zu sehen ist. Nicht nur, dass er Huang die Schau stiehlt, sondern er vermag es sogar dessen
Versäumnisse auszugleichen.
Mittlerweile ist es jedoch schon müßig geworden, Lau Ching-Wans Schauspieltalent zu loben. Er bringt einfach jeden Film auf ein höheres Niveau und das gelingt ihm vor allem gegen Ende von "Insanity". Übrigens ist das auch bezeichnend, da seine Rolle nicht ansatzweise so ausgiebig ausgearbeitet ist wie die von Dr. Chow und dennoch wirkt er um ein Vielfaches plastischer und glaubwürdiger. Lau bringt einfach das nötige Feingefühl für eine solche Rolle mit. Versäumnisse bei der Charakterausarbeitung zeigen sich auch in Fiona Sits ("Embrace Your Shadow") Schauspiel, während Alex Fong ("One Nite in Mongkok") dies wiederum ganz ordentlich auffangen kann. Gerade in einem psychologischen Thriller hätte die Ausarbeitung der Charaktere um einiges besser ausfallen müssen. Die letzte halbe Stunde stimmt versöhnlich, aber der ständige Wechsel des Tons davor ist einfach ein zu großer Negativpunkt eines insgesamt ordentlichen Thrillers.