Story: Seo-jin (Kim Moo-yul) ist Architekt und lebt einzig für seine Arbeit. Seine Frau und sein Kind hat er daher oft vernachlässigt. Vor einem halben Jahr ist dann auch noch seine Frau direkt vor seinen Augen überfahren worden. Der Täter wurde nie gefunden, doch Seo-jin gibt nicht auf. Das ist allerdings nicht die einzige Person, nach der er sucht. Als kleines Kind hat er seine Schwester in einem Vergnügungspark aus den Augen verloren und seitdem ist sie wie vom Erdboden verschluckt. Seo-jin begibt sich nach dem Tod seiner Frau in Therapie und lässt sich hypnotisieren, um eventuell doch den Fahrer oder irgendeinen Hinweis in seiner Erinnerung auszugraben. Dabei kommen ihm auch Erinnerungsfetzen von dem Tag, an dem seine Schwester verschwunden ist. Kurze Zeit darauf bekommt er einen Anruf, dass man seine Schwester nach all den Jahren gefunden hat. Yoo-jin (Song Ji-hyo) war bei ihren Zieheltern aufgewachsen, ohne zu wissen, dass sie adoptiert war. Erst nach dem Tod ihrer Zieheltern hat sie davon erfahren. Sie zieht schon bald in das Haus ein, das Seo-jin seinen Eltern gebaut hat. Dort wohnt er ebenfalls mit seiner Tochter Ye-na (Park Min-ha). Es scheint, als wäre nach all den Jahren die Familie endlich wieder vereint. Doch trotz eines positiven DNA-Tests glaubt Seo-jin immer noch nicht, dass die Frau seine Schwester ist. Der Rest der Familie hat sie sofort ins Herz geschlossen, aber er findet, dass an ihr irgendetwas eigenartig ist. Dann tauchen auch noch nach und nach andere Leute in dem Haus auf, die von Yoo-jin als Haushaltshilfen angestellt wurden. Außerdem benehmen sich seine Eltern eigenartig...
Kritik: Es gibt Filme, die meisterhaft darin sind, das Spannungsniveau auf das Maximum zu heben und dort tatsächlich zu verweilen, während die Geschichte immer unglaubwürdiger und lächerlicher wird, sodass man irgendwann gar kein Interesse mehr an den Geschehnissen hat und der Spannungsgehalt bestenfalls noch auf künstliche Art in die Höhe getrieben wirkt. Wirklich mitnehmend ist ein solcher Film dann nicht mehr. "Intruder" ist ein solcher Mystery-Thriller. Wer sich hier nicht an den Kopf greift, glaubt auch alles andere völlig unkritisch, was einem im Leben so aufgetischt wird. Zufälle sind durchaus ein akzeptables Stilmittel, wenn diese nicht allzu häufig eingesetzt werden oder man sich im passenden Gerne selbst über diese lustig macht. Wenn diese aber die treibende Kraft des Drehbuchs sind, kann sich nur Frustration breitmachen, egal, wie annehmbar der Rest des Films auch sein mag.
Regisseurin Sohn Won-pyung ist Autorin und Kritikerin, von daher ist es umso schockierender, was sie einem hier zumutet. Die vermeintliche Schwester schaut Seo-jin stets mit einem hinterhältigen Blick hinterher und auch sonst wirkt sie so falsch, dass man nicht verstehen kann, wie sich der Rest der Familie so schnell ihr gegenüber öffnen kann. Das Drehbuch muss ja nicht unbedingt außerordentlich subtil vorgehen, schließlich kennt man aus anderen Genrewerken nur allzu gut das Stilmittel, den Zuschauer und Protagonisten mehr wissen zu lassen, während der Rest der Welt blind für die Feinheiten der Falschheit eines Schwindlers ist. Trotzdem ist Yoo-jins Vorgehen dermaßen durchschaubar, dass einem auch die Erklärungen, die später geliefert werden, nicht davon überzeugen können, warum sie anfangs so liebevoll in die Familie aufgenommen wurde. Davon abgesehen sind die Enthüllungen aber auch Meilen im Voraus zu sehen.
Es folgen nun ein paar kleine Spoiler, wobei man nicht mal sagen kann, ob diese tatsächlich so genannt werden müssen. Sehr schnell wird nämlich klar, dass die Familie Seo-jins entweder unter Hypnose steht oder unter Drogen gesetzt wurde. Gleichzeitig sind Yoo-jins Verhalten und ihre potentiellen Ziele so eigenartig - und dann gibt es auch noch ein rätselhaftes Tattoo -, dass man hinter allem eine Sekte vermutet. Wie gesagt: Überraschungen gibt es hier keine. Die Grundidee, also das Problem der zahlreichen Sekten in Korea anzuschneiden, ist nicht schlecht, wird aber mit dem Geschick eines Elefanten mit Boxhandschuhen, der einen Pullover stricken will, umgesetzt. Zu allem Übel kommt noch, dass sich die Polizei trotz zahlreicher eigenartiger Umstände extrem dämlich anstellt und niemand Seo-jins Worten glauben will. Dann wiederum kann man ihr deshalb auch keinen Vorwurf machen, denn Seo-jin selbst macht es einem auch sehr schwer, ihm Gehör zu schenken.
Kim Moo-yul ("The Gangster, the Cop, the Devil") spielt einen Architekten, der immer noch davon verfolgt wird, dass er vor 25 Jahren seine Schwester aus den Augen verloren hat. Dazu kommt noch der Verlust seiner Frau. Das lässt ihn die Hilfe eines Therapeuten suchen. Wenn man sich dann noch so impulsiv und aufbrausend verhält wie er, u.a. weil ihm niemand glauben will, sorgt das nur umso mehr dafür, dass man ihn für einen Verrückten hält. Selbst der Zuschauer, der um die wahren Umstände weiß! Die Charaktere sind einfach nicht glaubwürdig geschrieben. Song Ji-hyo ("A Frozen Flower") kann zumindest hin und wieder auf eine abgedrehte Weise einen Lichtblick darstellen. Unglücklicherweise sind aber eben nicht nur die Charaktere lächerlich geschrieben. Die Entwicklungen setzen sich aus Zufällen zusammen, die teilweise dann als Pläne der Bösewichte dargestellt werden! Überdies gibt es Szenen, in denen jemand k.o. geschlagen wird, um ihn dann über die Pläne und Hintergründe aufzuklären, obwohl man ihn daraufhin ohnehin töten will. Warum? Es gibt sinnvollere Hobbys...
Was man vielleicht noch als Genreklischees abtun kann, wird zum Finale hin aber so dominant, dass man nur noch laut lachen kann. Dabei hätte man einen dramatischen Aspekt gegen Ende durchaus als ganz interessant bezeichnen können. Aber auch dieser wird ins Lächerliche potenziert. Ganz klar versucht "Intruder" den Zuschauer mit ständigen Entwicklungen und hoher Spannung für sich zu gewinnen, aber am Ende wirkt es so, als hätte man auf billige Weise "Parasite" aus einer anderen Perspektive und in der Art eines Mystery-Thrillers drehen wollen, von denen es schon mehr als genug gibt. Das Endprodukt ist in der Tat unterhaltsam und spannend, bis das schlecht geschriebene Drehbuch seine ganzen Schwächen offenbart. Gerade von einer Autorin und Kritikerin, die zum Medium Film wechselt, hätte man sauberere Arbeit erwartet und vor allen Dingen weniger Klischees. Da "Intruder" ab einem bestimmten Punkt einfach zu absurd wird, als dass man ihn ernst nehmen könnte, kann man sich diesen Thriller getrost sparen.