Story: Ji-seon (Uhm Ji-won) befindet sich in einem Rechtsstreit mit ihrem Ehemann, da dieser das alleinige Sorgerecht für das
gemeinsame Kind Da-eun (Seo Ha-nee) will. Sie ist außerdem so sehr von ihrem Job eingenommen, dass sie sogar einen Gerichtstermin verpasst.
Die Konsequenz ist, dass sie ihr Kind in ein paar Tagen zunächst ihrer Schwiegermutter übergeben muss. Momentan kümmert sich das chinesische
Kindermädchen Han-mae (Gong Hyo-jin) um das Kind und ohne sie wäre Ji-seon völlig verloren. Plötzlich sind aber Han-mae und Da-eun spurlos
verschwunden. Ji-seon sucht verzweifelt nach Hinweisen, was passiert sein könnte, weil sie sich nicht an die Polizei wenden kann. Sollte sie
zugeben, dass das Kind entführt wurde, würde sie das Sorgerecht verlieren. Sie wendet sich an den Broker Hyun-ik (Park Hae-joon), der ebenfalls
nach Han-mae sucht, weil sie ihm Geld schuldet. Ji-seons Recherchen deuten alle darauf hin, dass Han-mae ihr Kind entführt hat. Schließlich
wird die Polizei eingeschaltet, die sofort Ji-seon als Entführerin verdächtigt. Doch Detective Park (Kim Hee-won) glaubt der Mutter irgendwann,
dass hinter dem Fall noch mehr steckt...
Kritik: Wenn ein Film "Missing" heißt, ist es wohl ziemlich selbsterklärend, worum es ungefähr gehen wird. Auch dass eine Mutter verzweifelt nach
ihrem Kind sucht, wird nicht gerade Originalitätspunkte gewinnen können. Vielleicht sind die geringen Erwartungen auch der Grund, warum dieses Drama letztendlich
mit Leichtigkeit mehr aus seiner Prämisse herausholen kann, als man erwartet. Denn in die bekannte Gechichte der Mutterschaft und zu was diese alles befähigt,
werden soziale Missstände im Land eingewoben und eine eigenartige Verbindung zwischen den beiden Protagonistinnen entfaltet sich. Hier merkt man ganz klar, dass
sowohl vor als auch hinter der Kamera hauptsächlich Frauen am Werk waren, denn die Zeichnung der Mutter und des Kindermädchens sind dreidimensional und es sind
erfrischend neue Impulse zu sehen. Ein Meisterwerk wird daher zwar nicht aus "Missing", aber ein Film, der zeigt, dass in dem immer noch ziemlich traditionell
eingestellten Korea, Frauen öfter einmal ihre Geschichten erzählen dürfen sollten.
Das mag sich für das männliche Publikum jetzt vielleicht so anhören, als wäre "Missing" ein langsames Drama für Frauen, aber dem ist nicht so. Der Film ist
teilweise überraschend düster und erinnert sogar an einen Thriller. Das Tempo bleibt stets hoch, ohne dass plötzlich ein Actionstreifen aus dem Drama würde,
und das Ende kommt passenderweise recht antiklimaktisch daher. Was leicht äußerst negativ hätte auffallen können, schließt hier schlichtweg den Kreis zum
Anfang der Geschichte. Besonderes Lob verdient die Geschichte für den Umstand, dass die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischen. Man hat Verständnis für
die Motive der einzelnen Charaktere, was eine starke Leistung ist, und so baut sich langsam ein unsichtbares Band zwischen den beiden vermeintlichen
Kontrahentinnen auf. Womöglich sind sie sich sogar recht ähnlich.
Die Ereignisse werden dabei nicht immer chronologisch erzählt. Selten ist es schwierig, sofort zu erkennen, in welcher Zeitebene wir uns gerade befinden,
und das Rätsel um Han-mae und ihr plötzliches Verschwinden saugt einen tatsächlich in die Geschichte, da immer wieder im richtigen Abstand neue Hinweise
auftauchen. Diese werden in der Tat auch durch Ermittlungen an die Oberfläche gebracht und nicht einfach nur durch Zufälle. Und auch wenn die Männer eine
untergeordnete Rolle spielen, ist es schön zu sehen, dass sie der Heldin nicht einfach im Weg stehen, sondern realisieren, dass wirklich mehr in dem Fall
steckt als nur eine Mutter, die ihr Kind versteckt, um es nicht dem Vater bzw. der Schwiegermutter übergeben zu müssen. Und die Geschehnisse, die dann
aufgedeckt werden, führen in die dunkelsten Ecken Koreas.
Die Verheiratung von Chinesen mit Koreanern, die irgendeine Form der Behinderung haben, ist eine deutliche Anspielung an die vielen Mischehen mit Frauen aus
Südostasien. Diese Südostasiatinnen werden von der Gesellschaft schief angesehen und haben in dem gegenüber anderen asiatischen Nationen - man muss es doch so
ausdrücken - xenophobisch eingestellten Land kaum eine Chance etwas zu erreichen. Das Resultat sind chinesische Slums und Organhandel sowie Prostitution. Hier
kann der Film ziemlich düstere Töne anklingen lassen. Auch bei den Farbtönen wird sich dann denen eines düsteren Thrillers bedient. In anderen Szenen
konstrastiert Regisseurin Lee Eon-hee ("...ing") diese mit herbstlichen Farben, die das Glück einer Mutter verdeutlichen. Es sind speziell
diese Kontraste, die den Film visuell so gut funktionieren lassen. Daneben sind es vor allem die Darstellerinnen, die den Film tragen.
Uhm Ji-won ("Master") spielt die Frau, die wegen ihrer Arbeit kaum selbst Zeit mit ihrem Kind verbringt und die man dafür nicht sofort ins Herz schließen kann. Aber ihre kämpferische Natur, ihr Kind zurückzubekommen, lässt schließlich die Sympathien bei ihr landen. Uhm kann einige starke Emotionen zeigen, die niemals unnötig überborden. In dieser Hinsicht überzeugt Gong Hyo-jin ("A Single Rider") allerdings sogar noch um einiges mehr. Da Han-mae der koreanischen Sprache nicht so mächtig ist, muss Gong sehr viel durch ihre Mimik ausdrücken und auch wenn sie zu Beginn hauptsächlich rätselhaft daherkommen soll, kann Gong immer mehr ihre Emotionen auf den Bildschirm bringen und das gelingt ihr zudem mit Bravour. Letztendlich ist es auch diesem Umstand zu verdanken, dass "Missing" ein Drama ist, das einer bekannten Geschichte neue Sichtweisen verleihen kann. Alleine deshalb ist eine Empfehlung gerechtfertigt.