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One Second - Filmposter
Original Title:
Yi miao zhong

China 2020

Genre:
Drama, Comedy

Director:
Zhang Yimou

Cast:
Zhang Yi
Liu Haocun
Fan Wei
Li Yan
Li Xiaochuan
Yu Yang


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One Second

One Second - Film Screenshot 1

Story: Ein namenloser Mann (Zhang Yi) wandert durch die Wüste und kommt endlich in einem kleinen Wüstenort an. Dort will er einen Film sehen, ist jedoch zu spät und die Filmrolle soll von einem Motorradkurier in das nächstgelegene kleine Städtchen in der Wüste transportiert werden, wo es ebenfalls ein amateurhaftes Kino gibt. Der Namenlose will in die nächste Stadt, wird jedoch Zeuge, wie das kleine Waisenkind Liu (Liu Haocun) die Filmrolle stiehlt. Er folgt ihr und kann die Filmrolle wieder an sich reißen. Der Motorradkurier ist allerdings unwissend bereits ohne die Filmrolle abgereist. Also macht sich der Namenlose zu Fuß auf den Weg in das nächste Städtchen, wobei ihm Liu unentwegt folgt. In dem Ort geraten die beiden an den schlicht "Mr. Movie" (Fan Wei) genannten Filmvorführer. Der Namenlose gibt die Filmrolle zurück, Liu kann aber glaubhaft machen, dass irgendwas an der Geschichte des Namenlosen nicht stimmt. Dieser erklärt schließlich, dass er den Film sehen will, weil seine Tochter in einer Filmrolle mit den neuesten Nachrichten im Land zu sehen sein soll. Liu und er haben aber nur einen Teil des eigentlichen Films. Die Nachrichten-Filmrolle kommt kurze Zeit später an, wurde aber von einem Tölpel durch den Sand gezogen und muss zunächst einmal gesäubert werden, falls es überhaupt noch zu einer Filmvorführung kommen sollte. Doch Liu hat immer noch nicht aufgegeben, einen Teil der Filmrolle in ihre Finger zu bekommen. Doch was hat sie damit vor?

Filmroll One Second - Film Screenshot 2 One Second - Film Screenshot 3 Filmroll
One Second - Film Screenshot 4

Kritik: Eigentlich hätte "One Second" 2019 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin gezeigt werden sollen, wurde aber aufgrund "technischer Probleme" zurückgezogen. Zhang Yimou hat hier nach langer Zeit mal wieder einen etwas persönlicheren Film gedreht und so lag die Vermutung nahe, dass die chinesische Regierung mit einigen kritischeren Tönen nicht ganz zufrieden war, schließlich war Zhang dafür bei seinen anfänglichen Werken bekannt. Dass die Zensurbehörde also dafür gesorgt hat, dass der jetzt erst erschienene Streifen in irgendeiner Form geschnitten/gekürzt wurde oder sogar Nachdrehs nötig waren, steht außer Zweifel, aber in welchem Umfang, bleibt unklar. Sicher ist jedoch, dass "One Second" ein gemächlicher Film über das Medium Film und seine Magie ist, eingebettet in den geschichtlichen Kontext einer Zeit, als die Armut im Land täglicher Begleiter war. Gewürzt wird das von Zhang wie üblich mit einigen wunderbaren Bildern, auch wenn er sich auf artistischer Ebene um einiges zurücknimmt.

One Second - Film Screenshot 5

Zuerst einmal fallen aber tatsächlich die beeindruckenden Panoramen der Wüste und staubiger Straßen auf. Dank der kleinen Städte, in denen sich trotz aller widriger Umstände das Leben einen Weg gebahnt hat, bekommt das Drama damit eine ganz besondere Note. Der Film mag zwar ein etwas langsameres Tempo für sich beanspruchen, aber langweilig wird es nie, da die Geschichte überraschenderweise auch mit einer guten Portion subtilem Humor bzw. Selbstironie daherkommt. Diese tritt vor allem immer dann zum Vorschein, wenn es darum geht, dass die Bewohner der Kleinstadt alle ihren Beitrag leisten, um die Aufführung des Propagandastreifens möglich zu machen. Dies stellt schließlich das Highlight des Monats dar und in einer Szene erklärt Mr. Movie sogar, dass man ihnen alles zeigen könnte und sie wären begeistert, solange es eben jenes faszinierende Medium Film ist. Zum einen kann Zhang damit sehr gut die Magie des Kinos und des Kinosaals unterstreichen, zum anderen steckt dahinter natürlich auch Kritik daran, wie leicht man es auf diese Weise hat, das Volk zu lenken.

One Second - Film Screenshot 6

Die beiden Protagonisten sind ebenfalls Opfer der Armut, die direktes Resultat der Kulturrevolution war. Das Leid, das durch das politische System verursacht wurde, ist an jeder Ecke spürbar, aber wird auch humoristisch durch Charaktere wie Mr. Movie widergespiegelt, der seine von der Regierung übereignete Position als Filmvorführer so sehr überschätzt, dass er sich de facto zum Bürgermeister der Stadt erklärt hat. Es wäre leicht gewesen, ihn zum Bösewicht des Streifens zu machen, aber Zhang geht hier etwas feinfühliger vor. Auch bei den beiden Protagonisten weiß man lange nicht, was die Gründe für ihr Handeln sind. Immer wieder könnten auch sie als Bösewichte angesehen werden, zumal sie einander ohnehin das Leben schwermachen, aber im weiteren Verlauf erfahren wir mehr über ihr Leben und das Drama rückt damit auch mehr ins Rampenlicht. Das Mädchen und der Namenlose erschaffen durch ihr Katz-und-Maus-Spiel eine schöne, komödiantische Dynamik, die auch bei dem eher gemächlichen Tempo die Geschichte spannend hält.

One Second - Film Screenshot 7

Zhang Yi spielt den recht verbissenen, aber nicht immer ganz hell wirkenden Erwachsenen, während Liu Haocun eine Teenagerin verkörpert, die ständig Chaos anrichtet. Beide konnten bereits in Zhang Yimous "Cliff Walkers" überzeugen. Wie bereits erwähnt, ist "One Second" um ein Wesentliches kleiner und intimer als eben jener Streifen. Dank der Wüste und dem Roadmovie-Aspekt der ersten Hälfte kann man sich eventuell auch an Filme wie "No Man's Land" erinnert fühlen. Die zweite Hälfte wirkt zuweilen wie ein Kammerspiel, in dem die Macht des Films zelebriert wird. Neben den Stadtbewohnern, die alle an einem Strang ziehen, scheinen unsere Protagonisten dagegen wie Fremdkörper. Beide suchen nach etwas, das ihnen genommen wurde, beiden fehlt ihre Familie - und ihr Leid verbindet sie somit auf besondere Weise, auch wenn sie das zunächst nicht realisieren. Da sie sich gegenseitig das Leben schwermachen, bekommt die tragische Note aber auch etwas Humor.

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One Second - Film Screenshot 10

Dass der Humor dabei durchaus eigenartig ausfallen kann, zeigt sich ebenso gegen Ende, als ein wichtiges Foto verlorengeht. Es sind jene kleinen Szenen, die in Erinnerung bleiben. Denn genau genommen, ist "One Second" gar nicht so beeindruckend. Alles wirkt, als hätte Zhang Yimou einige Gänge zurückgeschaltet. Gerade deshalb wirken später einige Szenen aber umso intensiver. Meine erste Meinung zu dem Drama war daher recht kritisch, aber je mehr Zeit bis zum Schreiben dieser Kritik verging, desto besser wurde das Bild, das ich von "One Second" hatte. Wenn man dann noch bedenkt, dass durch die chinesische Zensurbehörde sicherlich einige interessante Aspekte der Schere zum Opfer gefallen sind, kann man eigentlich nur überrascht sein, wie viel Kritik an chinesischer Propaganda doch noch durchscheint. Vielleicht ist es aber auch einfach so, dass Zhang manchmal die gezeigte Propaganda absichtlich etwas über die Strenge hat schlagen lassen, was ein kritischer Betrachter als Kritik zu verstehen weiß, während der Propagandist mit einem warmen zufriedenen Lächeln seinen Segen geben kann, weil alles auf Linie ist. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre, und genau diese beiden Aspekte weiß Zhang in seinem Film zu zeigen.

(Autor: Manfred Selzer)
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