Story: Lau Kin-Ping (Derek Tsang) ist 32 Jahre alt, wohnt noch bei seinen Eltern und hat keine Perspektive im Leben. Er will nicht mehr nach Hause, seine Kumpel wollen aber auch nichts mit ihm zu tun haben, wenn er kein Geld hat. Also beschließt er einen Nebenjob in einem 24-Stunden-Laden anzunehmen. Er blödelt beim Job aber nur herum und steckt damit sogar seine Kollegin Mabel (J. Arie) an. Sein Chef (Lam Suet) ist davon gar nicht begeistert, hat aber dann plötzlich ganz andere Probleme, als einer seiner Kunden (Stanley Fung) ihm eine Schere in den Hals rammt, weil er über den Tisch gezogen wurde. Der Kunde beschließt daraufhin den Laden auszurauben, wird allerdings von einem Gangsterboss (Eric Kwok) und seiner "Freundin" (Anita Chui) davon abgehalten. Yan (Philip Keung), der ebenfalls in den Laden gekommen ist, weil er Bauchschmerzen hat und die Toilette aufsuchen musste, glaubt seinen Augen kaum. Er ist eigentlich Polizist und kann die Verbrecher schnell unter Kontrolle bringen. Es stellt sich jedoch heraus, dass Yan nicht ganz der ist, der er vorgibt zu sein. Also hat er nun alle Anwesenden unter seiner Gewalt und niemand darf gehen. Die Nacht wird immer bizarrer, da nach und nach die Leichen im Keller der verschiedenen Individuen ans Licht kommen. Bald ist klar, dass nur wenige der Anwesenden diese Nacht überleben werden.
Kritik: "Robbery" ist eine erfrischend andere schwarze Komödie. Einer jener Filme, in die man spätabends einschaltet, mit Fragezeichen über dem Kopf dasitzt, bis der Abspann über den Bildschirm flackert, und sich Jahre später auf die Suche nach dem Film begibt, weil er einem irgendwie eine nette Zeit beschert hat. Die Komödie von Fire Lee hat zweifellos seine Ecken und Kanten, aber das ist auch eine seiner Stärken. Gelungen ist in jedem Fall aber der schwarze Humor. Es ist äußerst angenehm, mal keinen Slapstick aus Hong Kong zu bekommen, auch wenn dieser ebenso funktionieren mag, wie zum Beispiel in "One Night in Supermarket", ein Film, an den mich "Robbery", wenn auch nur wegen der Parallelen des Schausplatzes, erinnert hat. Das Drehbuch mag vielleicht etwas chaotisch sein, bewahrt sich aber dank der guten Darsteller stets so etwas wie einen roten Faden und man behält Interesse an den Charakteren. Zudem ist man immer im Dunkeln darüber, was als nächstes passieren könnte.
Der große Reiz des Streifens ist sicherlich, dass er an ein Bühnenstück erinnert, da fast der ganze Film im 24-Stunden-Laden stattfindet. Durch den engen Raum - obwohl der Laden eigentlich überraschend groß ist - sind die Charaktere gezwungen, zu jeder Zeit miteinander zu agieren; natürlich trägt dazu auch der Umstand bei, dass sie als Geiseln gehalten werden. Die einzelnen Individuen sind darüber hinaus für einige Überraschungen gut. Wer glaubt, sich ein Bild von jemandem gemacht zu haben, wird bald eines Besseren belehrt. Jeder trägt ein Geheimnis mit sich und dieses mag zuweilen recht absurd und eventuell sogar wenig bedeutsam sein, aber es sorgt dafür, dass die Waffe mehr als einmal die Hand wechselt. Wer zudem glaubt, dass so gut wie jeder lebend aus dem Laden rauskommt, wird überrascht sein, wie brutal und unnachgiebig "Robbery" sein kann. Der Kontrast zwischen Tod und Komödie mag nicht jedem zusagen, aber damit besteht von Anfang an kein Zweifel daran, dass es sich hier eben um eine schwarze Komödie handelt.
Der Humor ist gut gelungen und lebt vor allen Dingen davon, dass die Darsteller diesen gut tragen können. Der Film mag keine große Hong Kong-Produktion sein, aber für die Rollen wurden Darsteller verpflichtet, die häufig in Nebenrollen zu finden und aus keinem HK-Streifen wegzudenken sind. Da wäre Philip Keung ("A Witness Out of the Blue"), der den anderen häufig die Schau stiehlt und einen Wahnsinnigen mit einer ganz eigenen Note spielt. Außerdem ist da noch Lam Suet, der seit Ewigkeiten und besonders durch seine Auftritte in Johnnie To-Klassikern wie "The Mission" bekannt ist. Derek Tsang ("On the Edge") trägt als Verlierer ohne Perspektive den Film eigentlich recht gut, der Fokus liegt aber eher am Anfang und Ende auf ihm. Dazwischen wird er gerne mal von der restlichen Besetzung an die Wand gespielt. Es macht aber generell einfach Spaß, den Darstellern bei der Arbeit zuzusehen.
Man könnte meinen, dass die Luft nach der ersten halben Stunde bereits aus dem Film ist, denn was kann schon noch groß passieren? Da täuscht man sich aber gewaltig. Immer wenn man denkt, absurder kann es nicht mehr werden, passiert etwas Neues, so kommt beispielsweise jemand blutüberströmt aus einem Raum hinter den Kühlschränken gestürmt, wodurch ganz neue Entwicklungen angestoßen werden. Es gibt in "Robbery" nicht nur den einen Bösewicht, jeder der Gefangenen könnte jederzeit ebenso zum Täter werden, wie wir mit der Zeit realisieren. Da uns aber zumindest Lau und die etwas naiv-comichafte Mabel als Bezugspersonen bleiben, kann man sich ohne Weiteres auf diese Achterbahnfahrt einlassen. Mit gerade mal etwas über 90 Minuten ist der Film zudem angenehm kurz und versucht nie Szenen in die Länge zu ziehen. Wie bereits erwähnt, kann das Drehbuch nicht nur gelobt werden, da unzweifelhaft ein gewisser übernatürlicher Chaosfaktor alles zusammenhält, aber genau das ist auch die Intention des Films und so erfrischend.
Das Ende kommt noch mit einer Auflösung daher, die alles in neue Relationen setzt. Das mag für den einen oder anderen frustrierend sein, da der Film auch auf eine Metaebene gehoben wird, anstatt nur einfacher Spaß zu sein, doch immerhin wird man so erstaunlicherweise mit einem angenehmeren Gefühl in den Abspann entlassen. Ein gewisse Konstruiertheit bleibt, aber der nihilistische Ton kann gefallen und die Geschichte sogar als Gesellschaftskritik verstanden werden. In letzterem Fall kann man sich aber eben an der Unpoliertheit des Streifens stören. Am besten ist "Robbery", wenn der Regisseur und die Darsteller einfach ihren Spaß haben und uns daran teilhaben lassen. Und sei es nur Lam Suet über fast den gesamten Film hinweg mit einer Schere im Hals zu sehen. Wer auf schwarzen Humor und ein wenig bühnenhaftes Chaos steht, wird mit "Robbery" voll auf seine Kosten kommen.