Story: Jung Se-ra (Chun Woo-hee) ist Nachrichtenmoderatorin und ziemlich erfolgreich. Ihre Mutter (Lee Hye-young) ist sehr streng und sorgt dafür, dass Se-ra nie ihr Ziel aus den Augen verliert. Wegen ihres Berufs und ihrer Mutter hat Se-ra aber einige Eheprobleme und lebt momentan getrennt von ihrem Mann. Eines Tages bekommt sie dann auf der Arbeit einen Anruf. Eine Frau erzählt, dass jemand in ihr Haus eingedrungen ist und sie bedroht hat. Als Se-ra den Anruf für einen Streich hält, erklärt die Frau am Telefon, dass ihre Tochter schon umgebracht worden ist. Se-ra glaubt zunächst nicht, dass der Anruf echt ist, aber da sie die Adresse hat und die Sache ihr doch keine Ruhe lässt, macht sie sich auf den Weg zur Wohnung. Dort findet sie die Mutter erhängt vor und die Tochter in der Badewanne ertränkt. Im Sender ist der Fall die absolute Topnachricht und Se-ra kann sich als Investigativ-Journalistin präsentieren. Die Polizei findet heraus, dass es sich um einen Mord und Selbstmord handelt. Was hat die Mutter aber zu dieser Tat getrieben? Während Se-ra nach Antworten sucht, trifft sie im Apartment der Verstorbenen den Therapeuten In-ho (Shin Ha-kyun). Dieser sucht nach Hinweisen, warum sich seine Patientin plötzlich das Leben genommen hat. Se-ra glaubt aber nicht daran, dass der Therapeut von einem schlechten Gewissen geplagt wird, sondern sie vermutet, dass er selbst irgendwie involviert ist. Schließlich findet sie heraus, dass der Mann schon vor zehn Jahren in einen Selbstmord-Fall verwickelt war...
Kritik: Zunächst scheint es an "The Anchor" kaum etwas zu geben, das wirklich interessant ist. Mit seinem Nachrichtenstudio, den sauberen Kostümen und Anzügen sowie den gehobenen Apartments wirkt alles auch ziemlich steril. Darüber hinaus ist auch nicht klar, ob wir es hier mit einem Thriller oder einem Horrorfilm zu tun haben. Anfangs scheint es sich klar um einen Thriller zu handeln, in dem ein potentieller Mörder gefunden werden muss. Doch mit der Zeit kommen einige Horrorfilm-Klischees dazu und der Streifen bekommt eine Identitätskrise. Spannung sucht man darüber hinaus auch vergeblich. Der Film hätte um einiges gekürzt werden können, da wir häufig der Protagonistin lediglich dabei zusehen, wie sie sich in Zeitlupentempo ängstlich durch eine Wohnung bewegt. Das alles hört sich wenig schmeichelhaft an, aber zum Ende hin werden die Geschehnisse dann wider Erwarten doch noch spannend.
Die Geschichte erweist sich als recht simpel und irgendwie hatte ich etwas in der Richtung von "Hard Hit" oder "The Terror Live" erwartet, also dass ein Killer sich eventuell live am Telefon mit einer Nachrichten-Moderatorin über einen geplanten Mord unterhält. Fehlanzeige. Besonders enttäuschend fand ich, wie man versucht, den Zuschauer an der Nase herumzuführen. Denn hinsichtlich seines Tons kommt man nicht umhin, "The Anchor" auch für einen Horrorfilm zu halten. Dementsprechend werden Kenner des Genres von den wenigsten Wendungen überrascht sein. Typisch für das Genre ist z.B., dass der/die Protagonist/in selbst einige Leichen im Keller hat und das eigene Gewissen der Psyche immer mehr zusetzt, bis alles auseinanderfällt bzw. ein rachsüchtiger Geist sein perfektes Opfer gefunden hat. Auch wenn der Film letztlich keine echten übernatürlichen Momente bietet, hat man sich leider bekannter Zutaten bedient.
Shin Ha-kyun ("Inseparable Bros") wird dann auch noch als möglicher Bösewicht eingeführt, ein Therapeut, der eventuell bereits ein Menschenleben auf dem Gewissen hat. Dazu kommt dann noch Hypnose als Werkzeug, die natürlich in Filmen dieser Art immer zum Schlechten missbraucht wird. Ich weiß nicht, ob man wirklich auf diese Art einen Spannungsaufbau kreieren wollte, aber niemand erwartet, dass der Therapeut der wahre Antagonist ist. Daneben haben wir bereits Se-ra gesehen, wie sie sich selbst kneift, um sich zusammenzureißen, weil irgendetwas nicht mit ihr stimmt. Ein interessanter Aspekt ist ihre Mutter, die enormen Einfluss ausübt und in ihrer Tochter ihre eigenen verpassten Träume aufleben lassen möchte. Es reicht schon die erste Szene mit ihr, um ein Bild davon zu bekommen, wie die Beziehung zwischen Mutter und Tochter aussieht und welchen Schaden diese über die Jahre angerichtet haben muss. Se-ra ist eigentlich unerwünscht, denn sie ist der Grund, warum die Mutter als Nachrichtenmoderatorin nicht groß rausgekommen ist.
Das führt uns zur sozialkritischen Seite des Films, die tatsächlich willkommen ist, da sie dem Streifen etwas mehr Tiefe verleiht. Se-ra muss sich in einer von Männern dominierten Welt beim Fernsehen durchsetzen und nur wenige Frauen schaffen das, da immer wieder die Gefahr der Schwangerschaft und des Ausscheidens aus dem Berufsleben in der Luft schwebt. Entweder man entscheidet sich für den Beruf oder die Familie. Beides ist nicht möglich. Se-ra hat sich derweil für den Beruf entschieden, so scheint es, denn von ihrem Ehemann lebt sie getrennt. Von ihrer Beziehung zu ihm sehen wir leider nicht viel. Schade, dass hier nur an der Oberfläche gekratzt wurde. Regisseurin Jung Ji-yeon kreidet manch altmodisches Denken in der patriarchalischen koreanischen Gesellschaft an, verpasst es aber auch nicht, in dieser Hinsicht ebenso die Frauen zu kritisieren, da diese sich in dem Film nicht gegenseitig unterstützen, sondern entweder schlecht übereinander reden oder den Fehlschlag des anderen sofort als Sprungbrett nutzen.
Womöglich liegt es auch an der Perspektive von Regisseurin Jung, dass die Männer in "The Anchor" sehr flach ausfallen. Aber auch der Rest ist nicht sonderlich interessant geschrieben. Wie in Horrorfilmen, in denen es am Schluss zur großen Wende kommt, muss auch Se-ra noch einige Geheimnisse mit sich herumtragen und wirkt dadurch etwas unnahbar. Chun Woo-hee holt aber das Beste aus ihrer Rolle raus und ihr zumeist kühles Auftreten passt auch in die Geschichte der Frau, die sich durch ihre Professionalität von ihren Kolleginnen abheben will. Wie bereits erwähnt ist "The Anchor" aber unnötig langatmig und erst gegen Ende kommt Spannung auf, da wir uns in die Psyche der Charaktere begeben und dort alte Wunden und Ballast zum Vorschein kommen. Damit wird dieser Krimi mit Horrorfilm-Elementen zum Ende hin fast schon packend und es ist löblich, dass die Regisseurin ihre Gesellschaftskritik nicht in ein Drama verwoben hat, sondern im Thriller-Gewand präsentiert. Um ernsthaft erfolgreich zu sein, wäre dafür nur etwas mehr Spannungsgehalt nötig gewesen...