Story: In nicht allzu ferner Zukunft ist die Erde ein Planet, auf dem es so gut wie kein Wasser mehr gibt. Das wenige noch vorhandene Trinkwasser wird rationiert und je nach sozialem Status verteilt. Die Trinkwasserknappheit wird sogar zu so einem großen Problem, dass man beschließt, eine Gruppe von Wissenschaftlern und Soldaten auf eine verlassene Mondstation zu schicken, um dort eine wichtige Probe zu besorgen. Die Station ist vor fünf Jahren geschlossen worden, nachdem es dort einen Unfall gab. Was genau passiert ist, wird unter Verschluss gehalten, offiziell soll jedoch Radioaktivität ausgetreten sein. Die Biologin Song Ji-an (Bae Doona) soll mit auf die Mission geschickt werden und sie ist auch sofort bereit dazu, da ihre Schwester auf der Mondstation gestorben ist. Sie erhofft sich, dort Antworten zu ihrem Tod zu finden. Die Mission wird von Captain Han (Gong Yoo) geleitet und startet schon unter äußerst ungünstigen Bedingungen. Das Space Shuttle stürzt auf dem Mond ab und die Gruppe muss sich zu Fuß zur Station machen. Dort angekommen zeigt sich, dass es keinen radioaktiven Unfall gab. Vielmehr findet das Team eine Leiche, die Anzeichen des Ertrinkens aufweist. Ji-an glaubt, dass man den Vorfall vor fünf Jahren untersuchen sollte, um zu verstehen, welche Gefahren in der Station lauern, Captain Han will dagegen schlicht die Mission erfüllen und die Probe finden. Allerdings hängt beides miteinander zusammen, wie sich bald herausstellt.
Kritik: "The Silent Sea" ist eine überaus ambitionierte Science-Fiction-Serie. Visuell und atmosphärisch hebt sie das Niveau von Serien nochmal auf ein neues Level und damit sind nicht nur koreanische, sondern internationale Standards gemeint. Allerdings hört man hier und da die Kritik, dass die Serie etwas langatmig ist. Und es stimmt, dass es "The Silent Sea" gutgetan hätte, wenn man die acht Episoden vielleicht auf nur sechs runtergebrochen hätte. Anders als bei anderen Netflix' Sci-Fi-Ausflügen wie z.B. "Another Life" habe ich aber nicht sofort das Interesse verloren und das obwohl es die erste Folge tatsächlich etwas schwer macht, in die Welt zu finden. Als Einleitung erklärt sie das Wichtigste, aber hier mangelt es noch an den tollen Sets der Mondstation, wodurch sich die Entwicklungen dann doch etwas zu gemächlich anfühlen. Und um genau zu sein, werden Sci-Fi-Fans storytechnisch hier auch nicht wirklich Neues entdecken. Vieles ist aber gut zusammengeklaut.
Wahrscheinlich ist es naheliegend, als erstes auf den Mond als Schauplatz einzugehen. Man hat hier wirklich das Gefühl, auf einem anderen Himmelskörper zu laufen, alles wirkt kahl und doch irgendwie verträumt, anderweltlich und doch vertraut. Die Arbeit, die in die richtige Beleuchtung gesteckt wurde, zahlt sich wirklich aus. Besonders in der letzten Folge wirkt der Mond fast schon märchenhaft, obwohl eine gewisse Einsamkeit und Abgeschiedenheit bleiben, sobald man in der Ferne die Erde sieht. Ab der zweiten Folge tritt aber die Mondstation in den Vordergrund und da kommt dank der dunklen Gänge und der Beleuchtung durch Taschenlampen eindeutig Horrorstimmung auf. Diese steigert sich noch weiter, als sich - wie sollte es anders sein - herausstellt, dass man wohl nicht alleine ist. Dazu kommen noch Lüftungsschächte, durch die gekrochen wird, und Türen, die sich (noch nicht) öffnen lassen, hinter denen sich aber Antworten zu den Fragen verbergen, was in dieser Forschungsstation passiert ist.
Wem die Anspielungen an Sci-Fi-Horror-Klassiker noch nicht reichen, der bekommt sogar den Motion Tracker aus dem "Alien"-Universum, und auch hier läuft es einem eiskalt den Rücken runter, wenn sich ein Punkt blitzschnell nähert, aber im Gang nirgendwo jemand/etwas zu sehen ist. Das mag jetzt alles den Eindruck erwecken, als würde es sich bei "The Silent Sea" um eine Horrorserie handeln, aber dem ist nicht so. Man darf sich immer mal wieder gruseln, aber der Schrecken lauert eher in einer nicht so greifbaren Form. Irgendein Virus oder ähnliches scheint die Mitarbeiter des Forschungslabors getötet zu haben. Und dann spielt auch Wasser als Hauptmotiv eine große Rolle. Wenn "The Silent Sea" etwas schafft, dann ist es, dank seiner Atmosphäre und dem Mysterium um die Forschungsstation Spannung aufzubauen. Sobald wieder die Energie hergestellt wurde, können die leicht futuristischen, lichtdurchfluteten und etwas sterilen Räumlichkeiten ebenfalls zur Stimmung beitragen, dass vermutlich irgendwelche Experimente durchgeführt wurden, bei denen etwas schiefgelaufen ist.
Das bringt uns dann aber zu den Schwächen der Serie. Wir bekommen zwar nach und nach ein paar Antworten, aber einiges bleibt doch ziemlich unglaubwürdig und man bedient sich nicht nur einmal Genreklischees. So gibt es natürlich einen Verräter in der Gruppe, nur leider erfahren wir nie, wer die Organisation ist, für die sie arbeitet. Auch ansonsten bleibt man ziemlich im Dunkeln, was die Charaktere betrifft. Bae Doo-na ("A Girl at my Door", "Sense8") hat eine Geschichte mit ihrer Schwester, die niemals emotional in die Gänge kommt, und ihr innerer Kampf, dass ihre geliebte Schwester unethische Experimente durchgeführt haben könnte, ist auch nicht ansprechend umgesetzt. Bae gibt sich sicherlich große Mühe und man kann sich auch etwas mit ihr identifizieren, aber die Charaktere bleiben trotzdem allesamt flach. Das fällt besonders bei Gong Yoo ("Train to Busan") auf, denn er spielt einen Mann vom Militär, der stets nur geradeaus denkt, und die leichte Wandlung seines Charakters ist auch nicht so gut gelungen, wie intendiert. Da helfen auch nicht die Rückblenden zu seiner Tochter.
Regisseur Choi Hang-yong hat seinen eigenen gefeierten Kurzfilm aus dem Jahr 2014 hier visuell sehr beeindruckend auf den Bildschirm gebracht. Besonders die Spezialeffekte und Sets sind herausragend. Leider zieht sich die Geschichte unnötig in die Länge und es gibt immer wieder einige Logikfehler. Wenn man dank der geringeren Schwerkraft nur ein Sechstel der Masse wiegt, warum hat man dann so große Schwierigkeiten, sich irgendwo hochzuziehen? So richtig überzeugend sehen die Wanderungen auf dem Mond bei der ungewohnten Schwerkraft auch nicht aus. Wie kann sich etwas ohne passende Energiezufuhr so extrem vermehren, wie es bei der mysteriösen Substanz in der Serie der Fall ist? Viele Antworten bleibt man dem Zuschauer auch noch schuldig und so hat man den Eindruck, als würde man auf eine zweite Staffel hinarbeiten. "The Silent Sea" hat einige atmosphärisch fast schon bezaubernde Momente, aber Sci-Fi-Kenner bekommen hier nur Altbekanntes. Man hätte mehr Gewicht auf eine sich logisch und stetig entfaltende Geschichte legen müssen und auch die Charaktere hätten mehr Farbe verdient gehabt. Dennoch kann ich nicht umhin, als Genre-Fans die Serie ans Herz zu legen, da man sich sofort wie zuhause fühlt. "The Silent Sea" ist darüber hinaus so international, dass man sich auch keine Sorgen wegen eines Kulturschocks machen muss.