Story: Deok-hee (Ra Mi-ran) ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder und verliert bei einem Brand ihre Wohnung. Ihre Versicherung zahlt nicht und wegen ihrer schlechtbezahlten Arbeit in einer Wäscherei wird sie auf der Suche nach einem Kredit von den Banken immer wieder abgelehnt. Eines Tages bekommt sie allerdings einen Anruf, dass man ihr einen Kredit gewähren will. In ihrer Verzweiflung leiht sie sich von einigen Kredithaien Geld, um die Gebühr für die Kreditbewährung zu zahlen. Bald findet sie heraus, dass sie Opfer eines Scams geworden ist. Ihre komplette Existenz ist bedroht und sie kann nicht einmal mehr die Kindergartengebühr bezahlen, weshalb ihre Kinder auf der Arbeit spielen müssen. Deok-hee meldet sich bei der Polizei, wo Detective Park (Park Byung-eun) sich des Falls annimmt. Die Aussichten auf Erfolg sind aber gering und so schließt er bald den Fall. Da wird Deok-hee plötzlich wieder von dem Mann angerufen, der sie über den Tisch gezogen hat. Er stellt sich als Jae-min (Gong Myung) vor und erklärt, dass er ihre Hilfe braucht. Er wird mit vielen anderen in China dazu gezwungen, Voice Phishing zu betreiben und hat keine Chance zu fliehen. Er bietet sich daher als Informant an und hofft, dass die Polizei die gut organisierte Verbrecherorganisation zerschlagen kann. Detective Park glaubt Deok-hee aber nicht und erklärt ihr, dass er den Fall nur wieder eröffnen kann, wenn er eine Adresse hat. Also macht sich Deok-hee nach Qingdao, um selbst anhand der wenigen Informationen die Adresse herauszufinden...
Review: Voice Phishing und Scams verschiedener Art sind immer weiter auf dem Vormarsch. Speziell in Korea scheint dieses Problem nicht gering zu sein, denn im Vergleich zu anderen Ländern wird sich diesem Thema in Filmen am Rande recht häufig angenommen. Manchmal dreht sich auch die gesamte Prämisse darum, wie bereits in "On the Line". In jenem Thriller wie auch in "Citizen of a Kind" sitzen die Betrüger in China. Dort werden Koreaner, die unter normalen Umständen in ihrer Heimat keinen Job finden, von einer Gangsterorganisation gezwungen, anderen das Geld aus der Tasche zu ziehen, indem sie auf sehr professionelle Weise die Identität von Bankmitarbeitern annehmen und die Verzweiflung ihrer Opfer ausnutzen. Es gibt erstaunlich viele Parallelen zwischen "On the Line" und diesem Film von Regisseurin Park Yong-ju, doch auch wenn "Citizen of a Kind" ebenfalls seine Probleme hat, ist er etwas runder geraten. Überdies basiert der Film lose auf einer wahren Geschichte, auch wenn vollkommen offensichtlich ist, an welchen Stellen sich einige Freiheiten genommen wurden, um die Begebenheiten etwas spannender zu gestalten.
"Citizen of a Kind" hat seinen ganz eigenen Stil, weil im Zentrum der Geschichte eine "Ahjumma" steht. Für alle, die mit dem Begriff nicht vertraut sind: Es handelt sich sehr grob definiert um Frauen mittleren Alters, die ein ziemlich loses Mundwerk haben, sich nichts gefallen lassen und mit jedem anlegen. Wie wir in der Geschichte sehen, sind sie aber nicht unbedingt besonders gebildet oder belesen. Deok-hee gerät überhaupt erst in ihre missliche Lage, weil sie verzweifelt und ziemlich naiv ist. Auf der Polizeistation werden ihr vom Detective all die Fragen gestellt, die man ihr als Zuschauer auch gerne gestellt hätte. Wir akzeptieren daher schnell, dass es tatsächlich solche Menschen gibt (letztlich basiert der Film ja auch auf wahren Begebenheiten) und es ist die gleiche Naivität, die Deok-hee selbst die Sache in die Hand nehmen lässt, ohne sich wirklich der Ausmaße der Gefahr, in die sie sich begibt, gewahr zu sein - obwohl sie mehrfach darauf hingewiesen wird. Deok-hee ist aber nicht die einzige Person, über die man sich zuweilen aufregen muss. Detective Park ist vielleicht sogar schlimmer, da er die ganze Sache nicht ernst nimmt und Deok-hee auch nicht glaubt, als sie von einem Informanten erzählt.
Während man sich also über Detective Park und seine Unfähigkeit aufregen muss, zumal er immer einen Schritt hinterher zu sein scheint, darf man aber auch nicht vergessen, dass die Polizei sehr oft mit eben jenen Ahjummas zu tun hat, die ihnen normalerweise mit Banalitäten die Zeit rauben. Im Film wird die Spannung also auch dadurch kreiert, dass beide Seiten äußerst dämlich vorgehen, aber das irgendwie auch motiviert und nachvollziehbar ist. Konflikte und gefährliche Situationen entstehen dann eben auch dadurch, dass die beiden Parteien nicht an einem Strang ziehen. Besonderes Lob gilt dabei Ra Mi-ran ("Miss and Mrs. Cops"), deren Charakter erstaunlich drei-dimensional ausfällt, besonders wenn man bedenkt, dass sie leicht zum Klischee der Ahjumma hätte verkommen können. Dem ist aber nicht so. Auch ihre Freundinnen haben alle ihren eigenen Charakter und sind nicht einfach nur Abziehbilder der schlagkräftigen Hausfrau (obwohl sie alle im Film ohnehin berufstätig sind). So gelingt es auch, dass Humor und Drama/Spannung sich nicht gegenseitig im Weg stehen, sondern ein kohärenter Ton am Ende herauskommt. Es hätte leicht eine überdrehte Komödie mit den Frauen im Fokus aus der Geschichte werden können und man kann dankbar sein, dass dem nicht so ist.
Dennoch sind die Szenen mit den Freundinnen natürlich um einiges unbeschwerter als jene mit Jae-min, verkörpert von Gong Myung ("Extreme Job"), der effektiv Sklave einer Gangsterorganisation ist und verzweifelt versucht zu entkommen. So kommt es bei ihm auch zu den spannendsten Szenen. Es steht für ihn schließlich sein Leben auf dem Spiel. Aber auch für Deok-hee wird die Verzweiflung größer, als man ihr die Kinder wegnimmt, weil sie diese mit Unterbringung auf der Arbeit in Gefahr bringt. Das alles lässt also eine gewisse Spannung aufkommen, aber zum Ende hin zeigt sich, dass diese nicht über 114 Minuten Laufzeit aufrechterhalten werden kann. Das Ende zieht sich nämlich um einiges und wirkt so, als hätte man unbedingt versuchen wollen, Deok-hee und den Gangsterboss persönlich aneinandergeraten zu lassen, auch wenn es eigentlich gar keinen Sinn ergibt. Das Ergebnis ist ein recht enttäuschendes Finale, das sich eher wie ein Epilog anfühlt, da es stilistisch auch nicht zum Rest des Films passen will. Sicher, will man eine wahre Begebenheit filmisch umsetzen, müssen bestimmte cineastische Regeln eingehalten werden. Ohne gutes Tempo und letzten Akt, in dem es zum Showdown kommt, kann man schlecht einen guten Film auf die Beine stellen. Doch hier wäre weniger mehr gewesen.
Schlussendlich gibt es dank der ungewöhnlichen Heldin genug Positives, was einen an den Bildschirm fesseln kann. Deok-hee ist nicht die Hellste, vollkommen überfordert, aber verbissen. Das kann manchmal auch nervend sein, aber der Detective ist noch schlimmer. Im Kontrast stehend zum übermächtigen Gegner wird dadurch zweifellos Spannung erzeugt. Die Charaktere funktionieren besser, als es auf dem Papier möglich zu sein scheint und das ist auch den Darstellern zu verdanken. Und über weite Strecken funktioniert das alles wunderbar. Die Probleme offenbaren sich aber zum Ende hin. Wäre "Citizen of a Kind" etwas gekürzt worden, hätte das Endergebnis vielleicht etwas zufriedenstellender ausgesehen. Letztlich kann man mit dem Film dank interessanter Prämisse und guter Darsteller aber auch nicht allzu viel falsch machen, wenn man nach einer besonderen Mischung aus Thriller und Komödie sucht.