Story: Koichi Shikishima (Ryunosuke Kamiki) ist zum Ende des Zweiten Weltkriegs Kamikaze-Pilot. Er gibt vor, Probleme mit seiner Maschine zu haben, und landet auf einer kleinen Insel, um das Flugzeug reparieren zu lassen. Dort taucht aus den Tiefen des Meeres jedoch plötzlich ein Ungeheuer auf, das von den Ortsansässigen "Godzilla" genannt wird. Shikishima soll das Monster mit dem Maschinengewehr seines Flugzeugs ausschalten, doch er erstarrt vor Angst. Schließlich wird er durch die Gegend geschleudert und ohnmächtig. Als er aufwacht, sind alle außer ihm und Tachibana (Munetaka Aoki) von Godzilla getötet worden. Er kommt zurück nach Hause und der Krieg ist beendet. Allerdings sind seine Eltern bei einem Luftangriff ums Leben gekommen, genauso wie fast alle anderen aus seinem Ort. Durch Zufall rennt ihm die junge Frau Noriko (Minami Hamabe) in die Arme. Sie hat ein kleines Baby, das ihr anvertraut wurde und kommt vorübergehend bei Shikishima unter. Ein paar Jahre vergehen und die drei leben immer noch zusammen. Shikishima hat einen Job auf einem Boot angenommen, das Minen vor der Küste finden soll, und kann mit dem Geld das Baby sowie Noriko ernähren. Noriko findet jedoch selbst einen Job, da sie Shikishima nicht im Weg stehen will, eine Familie zu gründen. Eines Tages ist Shikishima aber mit seinen Kollegen, unter ihnen der herausragende Wissenschaftler Noda (Hidetaka Yoshioka), auf dem Meer und plötzlich taucht wieder Godzilla auf, der nun um einiges größer und gefährlicher ist. Und das Ungeheuer ist auf direktem Weg nach Tokio...
Kritik: Es ist eine Weile her, dass ich den letzten Godzilla-Film gesehen habe - die amerikanischen Versionen nicht miteinberechnet - und so war ich nicht ganz sicher, was mich erwarten würde. Der letzte Film der Reihe aus Japan war für mich "Godzilla: Final Wars", und das auch nur wegen Regisseur Ryuhei Kitamura. Dass ich aber nicht mehr mit Trash-Effekten rechnen muss, war mir zumindest klar, nachdem "Minus One" bei den Oscar-Verleihungen den Preis für die besten Spezialeffekte bekommen hat. Eine richtige Ohrfeige für all die Marvel-Streifen und auch generell ein Novum. Und es stimmt: Die Spezialeffekte sind großartig, aber das ist es nicht, was den Film eigentlich so gut macht. "Minus One" arbeitet stark auf Charakterebene und kann uns mit seinem Drama sofort für die Geschichte erwärmen. Godzilla ist wie eine Naturkatastrophe oder ein weiterer Krieg, der Japan durchschüttelt, und es sind die Menschen, um die sich die Geschichte dreht. Die perfekte Mischung aus guter Geschichte und atemberaubender Action stellt letztlich genau das dar, was der eigentliche an Hollywood gerichtete Hohn ist, welches genau das nicht einmal mit einem zehn Mal höheren Budget auf die Beine stellen kann. Einige bekannte Hollywood-Regisseure wie z.B. Steven Spielberg haben das auch erkannt und den Film diesbezüglich mit Lob überschüttet. Schauen wir uns also im Detail an, was den Film so gut macht.
Der Film beginnt damit, dass wir einen Kamikaze-Piloten kennenlernen, der nicht gerade der Mutigste ist, aber damit eben auch nicht der Dümmste. Shikishima leidet jedoch unter seinen Erfahrungen im Krieg und seinem Aufeinandertreffen mit Godzilla. Die posttraumatische Belastungsstörung erlaubt ihm nicht, ein neues Leben anzufangen, zumal er die Schuld am Tod einiger Kameraden trägt. Das zieht sich über ein paar Jahre und so hat er zwar irgendwie eine Familie aufgebaut, aber er selbst sieht das nicht so. Noriko und die kleine Akiko sind einfach Personen, die irgendwie in sein Leben getreten sind und er fühlt ihnen gegenüber eine gewisse Verantwortung. Dass Noriko durchaus Interesse an ihm hätte und er sie heiraten könnte, ist irgendwann kein Rätsel mehr, aber der junge Mann kann sich ihr gegenüber nicht öffnen und so beschließt sie, ihm nicht mehr zur Last zu fallen und ihren eigenen Weg zu gehen. Die Liebesgeschichte, die eigentlich keine ist, stellt eine der Stützpfeiler des Films dar. Im Besonderen überzeugen die Momente, in denen sich Shikishima dann doch etwas mehr öffnet. Herausstechend ist, dass jene Szenen eine eigene Dynamik bekommen, da sie ohne große Schnitte gedreht wurden.
Ryunosuke Kamiki ("Bakuman") darf seinem erstaunlich vielschichtigen Charakter Facette über Facette verleihen, vielleicht sind nur die etwas tränenlastigeren Szenen nicht auf dem gleichen Triple-A-Niveau. Minami Hamabe ("The Promised Neverland") kann auf zwischenmenschlicher Ebene mehr herausholen und wirkt dreidimensionaler, als es bei der nicht unbedingt großzügig bemessenen Zeit für sie auf dem Bildschirm erwartbar gewesen wäre. Auch die Nebencharaktere, obwohl um einiges flacher ausfallend, haben dank toller Besetzung ein paar gute Momente. Das ist auch alles nur verständlich, denn der Film dreht sich um ein Land, das nach dem Krieg am absoluten Nullpunkt angelangt ist, und dann taucht auch noch Godzilla auf und zertrümmert das gerade wieder im Wiederaufbau befindliche Japan. Das Land befindet sich also noch tiefer als am Tiefpunkt (daher der Titel "Minus One"), aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. An dieser Stelle könnte man geschichtlich beanstanden, dass der Film etwas pro-militärisch ausfällt und sich wenig damit auseinandergesetzt wird, dass Japan als Kolonialmacht und mit seinen unzähligen Kriegsverbrechen etwas selbstkritischer sein dürfte - aber man könnte andererseits auch anführen, dass diese Einstellung der Japaner auch der Realität entspricht... Die Männer im Film kennen nur den Krieg und auch wenn sie diesen nie wieder erleben wollen, bleibt ihnen gegen die ungeheuerliche Macht Godzillas eben nichts anderes übrig, als wieder in den Krieg zu ziehen.
Japan muss sich alleine mit dem Monster auseinandersetzen, weil die USA gerade Probleme mit Russland haben. Und das erste Auftreten Godzillas, nachdem er durch Atombombentests gewaltig gewachsen ist, ist ein kleines Wow-Erlebnis. Godzilla wirkt tatsächlich furchteinflößend und nicht nur übermächtig. Die Szenen zuvor auf dem lächerlichen kleinen Boot im Meer erinnern hinsichtlich des Spannungsgehalts auch an "Der weiße Hai", was von Regisseur Takashi Yamazaki durchaus beabsichtigt war. Die Gestaltung von Godzilla ist auch faszinierend - er hat etwas Monsterhaftes an sich, wirkt vielmehr wie ein Wesen des Meers, denn auf dem Land bewegt er sich recht hölzern, womit man auch dem Kostüm der Originalfilme treu bleibt - und er ist durch seine schiere Größe eine unaufhaltsame Naturgewalt. Die wenigen Male, in denen er seinen Energiestrahl verwendet, hat das unwahrscheinlich verheerende Auswirkungen und die resultierende Explosion muss unweigerlich Parallelen zu Hiroshima und Nagasaki aufkommen lassen. Es ist schwierig, genau festzumachen, warum die Effekte und die Explosionen einen richtig umhauen können. Wahrscheinlich weil sie nicht einfach buntes Beiwerk sind, sondern sie alle einen Zweck erfüllen und auf dramatischer Ebene den Film ausbauen. Regisseur Takashi Yamazaki ist nicht nur Regisseur und Drehbuchschreiber, sondern Spezialeffektekünstler, deshalb sollte es nicht verwundern, warum er genau weiß, wie man jene Effekte einzusetzen hat. Gerade aus diesem Grund hat er den Oscar wahrlich verdient.
Schon in der Manga-Verfilmung "Parasyte" konnte Takashi Yamazaki zeigen, was mit einem nicht gerade ausuferndem Budget trotzdem möglich ist. Mit seinen 10-12 Millionen Dollar hat er hier aber etwas geschaffen, das einen nur in Erstaunen versetzen kann. Getragen werden die Ereignisse zudem von einem gelungenen Soundtrack, in den auch das klassische Godzilla-Motiv eingearbeitet ist. Das Tempo ist außerdem großartig, was eben auch daran liegt, dass die Geschichte zwischen den Actionszenen nicht einfach nur Raum zum Verschnaufen bietet, sondern voller interessanter Charaktere ist, die ihre Dämonen mit sich tragen und versuchen, für sich einen neuen Weg zu finden, mit der Vergangenheit abzuschließen und in die Zukunft zu blicken. Es ist zunächst schwierig zu sagen, was besser gelungen ist: die epischen Actionszenen oder die tragische Geschichte um einen ungewöhnlichen "Helden". Am Ende wird aber klar, dass es die Individuen und das Drama sind, welche emotional dermaßen mitnehmend sind, dass es einem schwerfällt, nicht mit den Helden mitzufiebern. "Godzilla Minus One" gelingt damit der perfekte Kaiju-Film, indem es nie die Menschen aus dem Blick verliert, während gleichzeitig großartige Action mit fantastischen Spezialeffekten über den Bildschirm hämmert.