Story: Yoru Morino (Rin Takanashi) geht zur Oberschule und ist ein stilles Mädchen, das fasziniert vom Tod ist. Eines Tages kommt
sie an einem Tatort vorbei, an dem eine tote Frau in ästhetisch anspruchsvoller Weise ausgestellt wurde. Der Mörder hat die linke Hand als Trophäe mitgenommen.
Morino sieht am Tatort auch ihren Klassenkameraden Itsuki Kamiyama (Kanata Hongo). Es stellt sich heraus, dass auch er sich für den Tod in all seinen Facetten
interessiert. Allerdings verbirgt er sein wahres Wesen hinter einer Maske, sodass er bei seinen Mitschülern sehr beliebt ist. Morino und er beschließen, den
Mörder zu finden, um seine Leichen noch vor der Polizei begutachten zu können. In einem Café, das als Treffpunkt für allerlei Außenseiter dient, findet Morino
dann schließlich ein Notizbuch, das dem Mörder zu gehören scheint. Gemeinsam suchen die beiden Teenager die darin aufgelisteten Orte zukünftiger Verbrechen
auf, während die Polizei noch im Dunkeln tappt und immer wieder neue Opfer auftauchen. Doch Morino und Kamiyama spielen ein gefährliches Spiel, als sich das
Mädchen wie eines der Opfer verkleidet, um den Mörder aus der Reserve zu locken...
Kritik: Nein, "Goth" zeigt keine Teenager in schwarzen Kleidern, die Eyeliner tragen und ihre Depression zur Schau stellen. Also... eigentlich
doch - aber sehr subtil und darum geht es in diesem japanischen Horror-Drama überhaupt nicht! Der auf einem Roman von Otsuichi beruhende Film - der ebenfalls
die Vorlage für "My Pretend Girlfriend" geliefert hat - ist eine beinahe meditative Reise in eine Welt zwischen Leben
und Tod, die den im Mittelpunkt stehenden Grenzgängern Antworten auf die großen Fragen des Lebens geben soll. Der Film erweist sich damit als ein beinahe
philosophisches Werk, das als Horrorfilm neben seiner düsteren Stimmung eigentlich keine Schockmomente bietet. Das ist äußerst ungewöhnlich und so ist die
Originalität, mit der Genre-Klischees vermieden werden, neben den wunderbaren Bildern, die in eine Welt zwischen Wachen und Träumen entführen, der Hauptgrund,
warum man "Goth" unbedingt eine Chance geben sollte.
Vor allem muss man dem Mut applaudieren, den der Film beweist. Moralisch wandelt die Geschichte nämlich auf sehr dünnem Eis. Das soll bedeuten, dass
vielleicht so mancher Anstoß an den "Helden" dieser Geschichte nehmen wird. Denn für Kamiyama und Morino ist es nicht wichtig, den Fall zu lösen, um einen
Mörder unschädlich zu machen - das wäre dann wohl eher ein typischer High-School-Krimi -, sondern es ist die Faszination für den Tod und das Morden, die die
beiden Grenzgänger dazu veranlasst, sich auf eine gefährliche Jagd einzulassen. "Goth" könnte die Vorgeschichte eines Mörders sein, nur fragt man sich die
ganze Zeit, ob eher Kamiyama oder Morino schließlich dem inneren Drang nachgeben und selbst zum Täter wird. Trotz der morbiden
Faszination der beiden "Ermittler" für den Tod, kann man jedoch Sympathien für die zwei entwickeln.
Wahrscheinlich muss man aber selbst auch ein wenig "anders" sein, um mit den moralischen Graustufen im Horrordrama keine Probleme zu haben. Alleine die
Bücher oder die Bilder, welche die beiden Teenager sammeln, lassen keinen Zweifel daran, dass die zwei schnellstmöglich einen Psychiater aufsuchen sollten.
Morino wird von einem Trauma geplagt, das im Laufe der Handlung aufgeklärt wird, doch Kamiyama scheint bei genauerer Betrachtung viel beängstigender. Er ist
in einer liebevollen Familie aufgewachsen und ist bei seinen Mitschülern beliebt. Im Gegensatz zu Morino hat er gelernt, seine innere
Sehnsucht nach dem Tod, in welcher Form auch immer, hinter einem Lächeln zu verbergen. Spätestens seit der Fernsehserie "Dexter" wissen wir, dass das die
eigentlichen tickenden Zeitbombem sind.
Die Ermittlungen der zwei Teenager sind wenig spektakulär und bestehen aus viel Laufarbeit. Hier kann "Goth" auch zuweilen langatmig werden. Viel
interessanter ist die Beziehung zwischen Kamiyama und Morino, die einem steten Wandel unterworfen ist. Während ähnliche Filme eine typische Liebesgeschichte
zum Kern der Beziehung gemacht hätten, erweist sich das Verhältnis zwischen den zwei Schulkameraden als äußerst komplex und faszinierend. Sowohl Rin Takanashi
als Morino, die in dem Film auch eine breite Schauspielpalette zeigen darf, als auch Kanata Hongo ("The Blue Bird",
"Gantz") leisten Beachtliches. Man nimmt ihnen einfach ab, dass sie von einem tiefen Leid geplagt sind, das sie schwer belastet, ohne
dass man den typischen depressiven Teenager zu sehen bekommt, der mit seinen Problemen und Fragen an die Welt bereits Teil einer Subkultur geworden ist.
Dennoch lassen sich in einigen Bildern eindeutig Elemente der Gothic-Kultur finden. Da wäre zum einen Morinos Zimmer als auch die zum Teil morbiden Interessen der Protagonisten. Besonders beeindruckend sind dabei einige eher an Art-House erinnernde Bilder, wie jenes, als sich Morino in ein seichtes Flussbett legt, oder die Kinematographie allgemein, welche stark mit Licht und Schatten arbeitet und oft die Szenen auf eine Art überbelichtet, dass man glaubt in eine Grenzwelt zu blicken. Der Soundtrack unterstreicht dieses Gefühl ebenso. "Goth" hat zwar ein paar Horrorelemente, aber diese sind sehr subtil und zeigen sich eigentlich nur in der düsteren Atmosphäre. In erster Linie handelt es sich hier um ein Art-House Drama, das zwei sehr interessante Persönlichkeiten in seinem Zentrum hat und mit diesen gekonnt arbeitet. "Goth" ist ein ungewöhnlicher Film, der sich einer Genre-Zuordnung entzieht und trotz seiner Eigenheiten auch berühren kann. Kein Film für jedermann, aber nichtsdestotrotz ein beeindruckendes, ruhiges Horror-Drama.