Story: Es ist das Jahr 1983 und Südkorea ist eine Militärdiktatur. Der Geheimdienst KCIA soll umstrukturiert werden und die Bemühungen sind darauf ausgerichtet, nordkoreanische Spione ausfindig zu machen. Die beiden KCIA-Agenten Park Pyeong-ho (Lee Jung-jae) und Kim Jeong-do (Jung Woo-sung) müssen überdies Schadensbegrenzung betreiben, als bei einem Besuch des südkoreanischen Präsidenten in den USA beinahe ein Attentat erfolgreich gewesen wäre. Über die Hintergründe ist nichts bekannt, außer dass geheime Informationen nach außen gedrungen sein müssen. Schließlich meldet sich ein hochrangiger nordkoreanischer Wissenschaftler, der desertieren will. Als Gegenleistung bietet er die Identität des Maulwurfs mit dem Codenamen Donglim im KCIA. Er will dessen wahren Namen jedoch erst nennen, nachdem er in Südkorea ist. Da sich eine seiner Informationen als richtig erweist, will man ihn in Japan abfangen, wo er mit einer nordkoreanischen Delegation unterwegs ist. Dabei geht jedoch einiges schief. Der Chef des KCIA beauftragt daraufhin Kim und Park unabhängig voneinander mit allen Mitteln den Maulwurf in den eigenen Reihen zu finden. Da zwischen den beiden Agenten böses Blut herrscht, nehmen sie sich gegenseitig unter die Lupe. Dabei zeigt sich, dass beide keine weiße Weste haben, aber ist einer von ihnen wirklich auch der Verräter? Während die Agenten sich gegenseitig das Leben schwer machen, müssen sie auch ein weiteres Attentat auf den Präsidenten verhindern, das geplant ist.
Kritik: "Hunt" ist die Art von Spionage-Actionthriller, von der man nicht gedacht hätte, dass man sie heute noch zu sehen bekommen würde. Nicht nur, dass der Film in den 80ern spielt und einen fesselnden politischen Hintergrund für seinen Plot liefert, sondern seine Actionszenen stellen eine Mischung aus HK-Kino der 80/90er und jenen aus Michael Manns "Heat" dar. Dazu kommt noch ein Katz-und-Maus-Spiel, das mit enormen Tempo vorangepeitscht wird und nicht nur wegen seines Spannungsgehalts an "Infernal Affairs" erinnert. Kurzum: In dem, was dieser Spionagefilm sein will, ist er äußerst erfolgreich und lässt hochgradig poliert wirkende Streifen wie "Steel Rain 2" problemlos hinter sich. Die Action ist grob, dennoch sauber komponiert, und die Wendungen reihen sich ohne Pause aneinander. Das ist Kino, wie man es schon lange nicht mehr bekommen hat und mehr muss man eigentlich nicht sagen, um diesen Film ganz klar zu empfehlen. Allerdings heißt das nicht, dass der Streifen nicht auch mit ein paar Problemen zu kämpfen hätte.
Vielleicht sollte man sich aber auch mal ein paar Sekunden Zeit nehmen, um zu würdigen, was Lee Jung-jae hier in seinem Debütwerk als Regisseur auf die Beine gestellt hat. Sicherlich hat sein Erfolg als Hauptdarsteller in der Netflix-Serie "Squid Game" einen nicht geringen Beitrag geleistet, dass er diese Gelegenheit bekommen und eventuell auch das Selbstvertrauen aufgebaut hat, hinter die Kamera zu gehen. Lee vermag es, stets Kontrolle über die Geschehnisse auf dem Bildschirm und ein extrem flottes Tempo beizubehalten, ohne den Fehler zu begehen, dem Zuschauer keine Pause zu gönnen. Weiterhin ist beachtenswert, dass die Schnitte zwar manchmal zu schnell sind, Ereignisse drohen, sich zu überschlagen (ab und zu sogar kurze Rückblenden eingeworfen werden), wir uns aber niemals desorientiert fühlen oder auf emotionaler Ebene nicht mehr involviert in das Geschehen wären. Fehler, die man im heutigen (koreanischen) Kino nur allzu oft antrifft, werden von Lee mit sicherer Hand umschifft.
Allerdings darf man den Film auch nicht zu jeder Zeit ganz ernst nehmen. Wendungen gibt es hier an jeder Ecke und Agenten erweisen sich als Doppelagenten oder sogar Trippel-Agenten bzw. noch mehr. Wer was und aus welchen Gründen macht, ändert sich manchmal im Minutentakt. Das macht es schwierig, uns für einen der beiden Hauptcharaktere zu erwärmen, denn irgendwie glaubt man stets, dass einer der beiden der Bösewicht sein muss. Wem diese Rolle zufällt, ändert sich aber ständig, und auch wenn Jung Woo-sung ("Innocent Witness") augenscheinlich diese Funktion erfüllen soll, liegen die Dinge doch nicht so einfach, als wir in einer Rückblende in seine Soldatenzeit seinen Schock über die Geschehnisse während des Gwangju-Massakers miterleben. Lee Jung-jae, der auch das Drehbuch mitgeschrieben hat, spielt mit der Unsicherheit, mit wem wir eigentlich mitfiebern sollen. Um alles etwas im Ungewissen zu lassen, sind die Charaktere vielleicht nicht so gut ausgearbeitet, wie man sich das gewünscht hätte, aber die brodelnde Rivalität und der Hass zwischen Park und Kim, zwei Kerle, die sich eigentlich gar nicht so unähnlich sind, lässt die beiden menschlich wirken.
Besonders schön ist auch der geschichtliche Hintergrund der Geschehnisse, denn auch wenn der damalige Präsident namentlich nie genannt wird, handelt es sich ganz klar um Chun Doo-hwan, und ein reales Attentat auf ihn, hinter dem wahrscheinlich Nordkorea steckte, wird mit einigen Freiheiten auf den Bildschirm gebracht. Die Folter von Studenten, die gegen die Diktatur protestieren, wird genauso thematisiert wie der Wunsch Amerikas, dass Chun im Amt bleibt, um für Stabilität gegenüber dem kommunistischen Norden zu sorgen. Wer sich mit der Geschichte Südkoreas nicht auskennt, wird sich vielleicht das eine oder andere Mal etwas überfordert fühlen, aber den wichtigsten Eckpunkten sollte man dennoch ohne Probleme folgen können. Filmisch reicht es Lee aber nicht, hinter jedem Kollegen einen Verräter vermuten und dadurch stets Spannung im Raum wabern zu lassen. Ab und an muss es auch zu Schießereien kommen. Diese sind blutig, die Lokalitäten mitten auf der Straße wirken fast schon wie kleine Kriegsschauplätze (und erinnern deshalb auch an "Heat") und Explosionen gibt es auch noch genug an der Zahl.
Das Ausmaß an Action überrascht etwas, wenn man sich andere koreanische Spionage-Thriller ansieht, und das Katz-und-Maus-Spiel zweier Charaktere, die als KCIA-Agenten unweigerlich beide Leichen im Keller haben, sich aber dennoch so etwas wie ein Gewissen bewahren konnten, gibt "Hunt" eine besondere Note. Realismus darf man speziell bei der Action nicht erwarten, denn da überleben die Agenten gerne mal einstürzende Häuser. Aber auch das passt in die Atmosphäre, die Lee Jung-jae hier kreiert. Wie gesagt, können auch die unzähligen Wendungen irgendwann nicht mehr ganz ernstgenommen werden, aber an diesem Punkt ist man schon so in den Film gesogen, dass man darüber gar nicht die Augen verdrehen kann. Das Finale ist auch noch einmal angemessen episch, auch wenn das Ende des Showdowns durch den geschichtlichen Hintergrund ein wenig frustrierend ausfallen mag. Trotz einer Handvoll Kritikpunkte hat Lee Jung-jae mit seinem Regiedebüt schlichtweg Beeindruckendes geleistet und einen hochgradig unterhaltsamen und nervenaufreibenden Spionage-Thriller mit ordentlich Action geschaffen, der den Großteil der Konkurrenz mit Leichtigkeit in den Schatten stellt.