Story: Ki-Hoon (Lee Jung-jae) lebt wieder bei seiner Mutter und hat bei einigen Gangstern einen großen Berg an Schulden. Er versucht, aus seiner unangenehmen Situation herauszukommen, indem er bei Pferderennen wettet. Als er zur Abwechslung sogar einmal gewinnt, wird ihm das Geld von der Taschendiebin Sae-byeok (Jung Ho-yeon) gestohlen und er kann seiner Tochter, die bei seiner Ex-Frau und ihrem neuen Mann lebt, wieder kein ordentliches Geburtstagsgeschenk mitbringen. In einer U-Bahn-Station wird er dann dazu überredet, Teilnehmer bei einem Spiel zu werden, bei dem es um Leben und Tod geht. Das Preisgeld würde alle seine finanziellen Sorgen für immer aus der Welt schaffen. Die Spieler werden an einen geheimen Ort gebracht und müssen dort in einem großen Gemeinschaftssaal zusammenleben. Doch lange leben die meisten der 456 Spielteilnehmer nicht. Bereits bei dem ersten Spiel zeigt sich die grausame Realität, in der sich Ki-hoon befindet: Wer ein Spiel verliert, stirbt. Ki-hoons Kindheitsfreund Sang-woo (Park Hae-soo) nimmt ebenfalls an den Spielen teil und auch die Taschendiebin Sae-byeok entdeckt er dort. Doch die Probleme von draußen spielen in der neuen Realität, in der sich die Spieler befinden, keine Rolle mehr. Jeder Teilnehmer riskiert alles, in der Hoffnung, das enorme Preisgeld zu gewinnen. Unter die Männer, die die Spiele überwachen, hat sich aber auch der Polizist Joon-ho (Wi Ha-joon) geschmuggelt, der seinen vermissten Bruder sucht. Er geht dabei ein hohes Risiko ein, denn auch die Mitarbeiter werden jede Minute überwacht.
Kritik: "Squid Game" war auf meiner Liste und hätte dort eigentlich noch ein wenig warten sollen, aber aus irgendeinem Grund ist die Serie über Nacht zur erfolgreichsten Serie auf Netflix avanciert und der Hype in den Medien beginnt schon langsam zu nerven. Dementsprechend musste ich die Serie vorziehen, um die Frage beantworten zu können, ob der Hype gerechtfertigt ist. Die kurze Antwort: Nein. Die etwas längere Version: Es handelt sich um eine spannende und außerordentlich gut inszenierte Serie, bei der Liebhabern asiatischer Streifen oder Manga-Enthusiasten aber sofort ein verärgertes "Aber das ist doch alles geklaut!" über die Lippen kommen wird. Dass "Battle Royale" nicht nur in Form von "Die Tribute von Panem" neu aufgegossen wurde, sondern ein ganzes Spielegenre mit den Hauptvertretern "PUBG" und "Fortnite" nach sich gezogen hat, ändert nichts daran, dass die Parallelen hier immer noch allzu offensichtlich sind und auch an "Kaiji: The Ultimate Gambler" fühlt man sich sofort erinnert. Es wird sich hier schlichtweg zu offensichtlich bei jenen Vorlagen bedient und dann sagt Serienerschaffer Hwang Dong-hyuk in einem Interview sogar selbst, dass er die Idee zu der Serie schon 2008 hatte, als er die Mangas "Battle Royale" und "Kaiji" gelesen hat...
Interessanterweise soll es sogar einen Rechtsstreit geben, weil sich der Film auch an "As the Gods Will" bedient, obwohl die Parallelen für mich nicht ganz so offensichtlich sind. Und letztes Jahr gab es mit "Alice in Borderland" bereits auf Netflix eine thematisch ähnliche Serie, die überdies sehr gelungen war. Warum also ausgerechnet "Squid Game"? Neben schlichtweg Glück als Faktor dürfte es an den bunten Farben und den Overalls sowie den Masken (mit PlayStation Symbolen?) liegen. Denn damit erinnert die Serie auch an "Haus des Geldes", eine weitere enorm gehypte Serie. Filmkritiker überschlagen sich weiterhin mit Lob hinsichtlich der Kapitalismus-Kritik, allerdings macht die Serie hier nicht mehr als alle bereits genannten Filme/Serien/Mangas - vielleicht nur etwas offensichtlicher, was eigentlich ein Kritikpunkt sein müsste. Aber beim durchschnittlichen Netflix-Publikum muss wohl alles etwas genauer ausformuliert sein und "Squid Game" ist in der Tat ziemlich gestreamlined.
Lee Jung-jae ("Deliver Us From Evil") spielt den liebenswerten Verlierer absolut überzeugend. Seine Geschichte mit seiner Tochter, für die er irgendwie nie da sein kann, wirkt aber ziemlich abgegriffen. Während der Spiele tritt er dann immer mal wieder für die Nebencharaktere in den Hintergrund, sodass man manchmal sogar vergisst, dass er unser Anker sein soll. Besonders Sae-byeok, in ihrer ersten Rolle von Model Jung Ho-yeon gespielt, kann mit ihrer Geschichte um ihre Flucht aus Nordkorea und ihren Bruder die Zuschauer für sich gewinnen. Auch der Greis in der Runde bringt Farbe ins Spiel. Daneben gibt es noch mindestens drei weitere interessante Charaktere, die alle weniger flach geschrieben sind als der Hauptcharakter. Die Geschichte um den Polizisten wirkt aber oft wie eine unnötige Dreingabe, weil man auch abseits der Spiele noch ein wenig Spannung erzeugen wollte - und dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man sieht, wohin die Geschichte schließlich hinsteuert.
Eine große Enttäuschung sind aber die Spiele. Es handelt sich schlicht um ein paar Kinderspiele und abgesehen von der Glasbrücke sind sie kaum als interessant zu bezeichnen. Zumindest wenn man die strategisch anspruchsvolleren, aber trotzdem leicht zu verstehenden Spiele eines "Kaiji: The Ultimate Gambler" im Hinterkopf hat, bei dem man sich auch hinsichtlich der Idee mit der Glasbrücke bedient hat... Spannung entsteht hier hauptsächlich dadurch, dass das eigene Leben auf dem Spiel steht und durch die Interaktion der Charaktere. Für einige mag es schockierend sein, welche Konsequenzen das Verlieren eines Spiels hat, aber wie gesagt trifft das nur für diejenigen zu, die nicht mit "Battle Royale" etc. vertraut sind. In einigen Bereichen hat "Squid Game" aber jedes Wort des Lobes verdient und das ist bei seinen Bildern, den Sets und dem Kostümdesign. Die grellen, bunten Farben stehen im Kontrast zur grauen Realität und wirken darüber hinaus gewollt fehl am Platz, denn ein unbeschwertes Spiel im Stile eines "Takeshi's Castle" bekommt man hier keineswegs. Die Sets sind teilweise beeindruckend, gerade die labyrinthartigen Treppen und Gänge wirken jedes Mal aufs Neue, als hätte M.C. Escher sie persönlich kreiert.
Kenner des koreanischen Kinos dürfen sich außerdem über ein paar überraschende Cameos freuen. Kein Zweifel, "Squid Game" ist sich seiner Stärken bewusst und weiß diese auszuspielen. Spannend bleibt es immer, da der Einsatz in den Spielen stets hoch bleibt. Überraschungen darf man aber nicht erwarten - abgesehen von einer kleinen Enthüllung, die man aber auch kommen sehen kann. Leider verpasst es die Serie, einen runden Abschluss zu liefern. Sollte die letzte Hälfte der letzten Folge etwa nochmal etwas nachdenklich stimmen und das Prinzip des "Fressen oder gefressen werden" sowie die mangelnde Nächstenliebe in einer kapitalistischen Gesellschaft herausarbeiten? Es wirkt jedenfalls etwas plump und das Ende kann generell nicht richtig überzeugen, wohl weil man auch die Möglichkeit für eine Fortsetzung offen lassen wollte. Am Schluss mangelt es also gerade an der Tiefe, die so viele Kritiker in der Serie sehen wollen. Da die Serie trotz ein paar kleinerer kultureller Besonderheiten aber eben auch ein internationales Publikum abholen kann, kann man hier kaum etwas falsch machen. Wer aber bereits einige Genrevertreter kennt, sollte seine Erwartungen um einiges zurückschrauben.