Story: Tachibana Ran (Ayaka Miyoshi) ist Amateur-Boxerin und mittlerweile ziemlich erfolgreich. Eines Tages bekommt sie jedoch einen Anruf, dass sich ihre Schwester Yuzuki (Kotona Minami) bei einer Explosion das Leben genommen hat. Der DNA-Test bestätigt die Identität, aber Ran erkennt an den Zähnen der Leiche, dass dies nicht ihre Schwester ist. Die Polizei ist nicht bereit, weitere Untersuchungen anzustellen und so ist Rans einziger Hinweis eine Schlüsselkarte zu einem Club, den ihre Schwester unter ihren Hinterlassenschaften hatte. Als sie in dem Club Fragen stellt, wird Ran kurzerhand mit einer Droge außer Gefecht gesetzt. Eigentlich hätte sie daran sterben müssen, aber Naruse (Kanata Hosoda), der in dem Club arbeitet, rettet ihr das Leben. Er sucht nach einem Weg, sich an dem Leiter des Clubs, dem rücksichtlosen Nikaido Haruki (Hideaki Ito), zu rächen. Dieser lässt in seinem Club Reiche auf illegale Straßenkämpfe wetten. Naruse ist Hacker und verspricht Ran, einen Hinweis auf ihre Schwester zu finden. Derweil sucht die Boxerin ihren Ex-Freund Shun (Goki Maeda) auf, um auch diesen um Hilfe zu bitten. Shun hält gar nichts davon, dass Ran die Sache alleine in die Hand nimmt, zumal Nikaido mächtig genug zu sein scheint, um die Polizei in seiner Tasche zu haben. Als der Hacker schließlich jemanden findet, der um den Verbleib von Rans Schwester weiß, denkt die Boxerin nicht weiter nach und will Yuzuki retten, auch wenn das für sie tödlich enden könnte...
Kritik: "Knuckle Girl" mag auf den ersten Blick wie ein japanischer Actionfilm wirken, tatsächlich ist es aber eine japanisch-koreanische Co-Produktion mit Regisseur Chang hinter der Kamera, der bereits bei Filmen wie "The Target" sein Gespür für das Genre unter Beweis stellen konnte. "Knuckle Girl" basiert dabei auf einem Webtoon von Jeon Sangyoung und Yoo Sangjin und ich vermute, dass einige negative Meinungen im Netz damit zusammenhängen, dass die Verfilmung nicht dem Original gerecht wird. Davon abgesehen hat die Verfilmung aber auch ganz neutral betrachtet mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Da wären die Charaktere, von denen einige durchaus das Potential gehabt hätten, uns nahezugehen, die letztlich aber flach bleiben, sowie Bösewichte, die aus einem B-Movie stammen könnten. Tatsächlich erinnert der Film auch bei anderen Gelegenheiten an einen Film, der mit eher geringem Budget in den 90ern gedreht wurde.
Die Amazon-Prime-Produktion kann aber mit seinen gestochen scharfen Bildern und einigen schauspielerischen Leistungen ein gutes Gegengewicht dazu aufstellen. Es sind vielmehr die Handlung und einige plötzliche Einfügungen, die den Eindruck erwecken, dass man einen B-Movie vor sich hat. Die klischeehaften Bösewichte helfen sicherlich auch nicht, den Film anspruchsvoller wirken zu lassen. Das Amateurhafte der Handlung lässt sich beispielsweise im "Golden Blood", das als Verschlüsselungsmethode genutzt werden soll, erkennen - wenig pragmatisch und nicht wirklich sicher, aber sieht auf dem Papier cool aus. Immerhin findet man dank des Ursprungsmaterials um einiges mehr an Handlung in "Knuckle Girl" vor, als man es bei einem Actionfilm erwarten würde, dessen grundlegender Plot mit "Heldin will ihre Schwester befreien, indem sie bei einem illegalen Straßenkampf antritt" beschrieben werden kann. Die kleinen Extras im Plot heben den Film sogar von der typischen Geschichte um eine Boxerin ab.
Während die kleine Nebenhandlung um den korrupten Polizeicaptain wenig überraschend ist, vermag man jedoch nicht zu erwarten, dass es neben dem vermeintlichen Showdown im Käfig auch noch eine Infiltration des Clubs durch Naruse und einen pflichtbewussten Detective gibt. Als hätte man gewusst, dass der Kampf alleine etwas zu abgedroschen wäre. Das ist erfrischend und auch die Suche nach der Schwester ist anfangs mit ein paar netten Ideen verbunden. "Knuckle Girl" bewegt sich damit stets zwischen Stereotypen und dem Vermeiden dieser. Das führt aber auch zu ein paar eigenartigen Entscheidungen. So realisiert man nach dem vermeintlichen Showdown, dass der Film noch eine gute halbe Stunde weitergeht. Das eigentliche Finale ist dann leider recht antiklimaktisch. Darüber hinaus wirkt das Ende auch recht plötzlich. Regisseur Chang wollte wohl nicht ganze zwei Stunden aus der Geschichte machen, da sich der Film ohnehin etwas zu lang anfühlt, aber das Ende hinterlässt dennoch einen bitteren Nachgeschmack.
Miyoshi Ayaka dürfte den meisten wohl aus "Alice in Borderland" bekannt sein und sie soll für ihre Rolle sechs Monate trainiert haben. Das verdient Lob, denn auch wenn man durch guten Schnitt und ein paar schlaue Kameraeinstellungen fast jeden in Kämpfen ordentlich aussehen lassen kann, vermag das geschulte Auge spätestens beim Schattenboxen in den Trainingsszenen zu erkennen, ob jemand ernsthaft Ahnung vom Boxen hat. Miyoshi Ayaka bringt sich voll in ihre Rolle ein, daher ist es besonders schade, dass wir nicht mehr Kämpfe mit ihr zu sehen bekommen. Ihre beiden männlichen Kollegen stehlen ihr in den Schlägereien gegen ganze Heerscharen von Gangstern sogar manchmal die Schau. Einzig ihr Kampf im Käfig kann uns das liefern, was wir uns erhofft haben. Die Choreografie hätte zwar teilweise etwas ausgefallener sein dürfen, aber dafür sitzt jeder Schlag, nicht zuletzt auch dank guter Soundeffekte und den nötigen sichtbaren Verletzungen. "Knuckle Girl" ist nicht über Maßen brutal, dennoch genau dann blutig, wenn er es sein muss.
Ran ist zudem eine Heldin, die einiges abbekommt und sich immer nur mit Mühe und Not über die Ziellinie schleppt. Das macht sie zu jemandem, mit dem man sich identifizieren kann. Shun verleiht ihr noch ein wenig Hintergrundgeschichte, da er einst ihr Freund war, aber auf ein Wiederaufflammen ihrer Liebe wird zum Glück verzichtet. Hideaki Ito ("Memoirs of a Murderer") darf leider nur einen Bösewicht spielen, der mit einer Zeitmaschine direkt aus den 80ern/90ern gekommen zu sein scheint. Insgesamt bleiben die Charaktere bestenfalls zweidimensional, sodass sie zwar die Geschichte tragen können, aber ihr Leben oder Ableben uns relativ egal bleibt. Letzten Endes ist "Knuckle Girl" damit ein Actionfilm, der nur Fans des Genres empfohlen werden kann, dafür aber mit ein wenig mehr Handlung punkten kann, als man es erwarten würde. Ein paar mehr Kämpfe und weniger Kameragewackel hätten Actionfans aber sicherlich noch mehr zufriedenstellen können.