Story: Wenn andere Menschen nach Hause gehen, beginnt ein Restaurantbesitzer, der schlichtweg unter dem Namen "Master" (Kaoru Kobayashi)
bekannt ist, seine Arbeit. Man könnte meinen, dass in der Zeit zwisch 0 Uhr und 7 Uhr nicht viel in seinem Restaurant passiert, doch da irrt man sich. Nicht
nur, dass Master eine große Anzahl an Stammkunden hat, diese erzählen ihm außerdem von ihren Problemen. Überhaupt herrscht in dem sehr kleinen Restaurant eine
familiäre Atmosphäre. Eines Tages lässt dort jedoch jemand eine Urne zurück. Als sich auch nach längerer Zeit niemand meldet, bringt Master
sie zum Polizisten Kogure (Joe Odagiri), der den Fall aufnimmt. Aber auch danach meldet sich niemand. Derweil kann Master nicht mehr so gut kochen, da er
Schmerzen in seiner Hand hat. Gerade zu jener Zeit taucht das Mädchen Michiru (Mikako Tabe) bei ihm auf und verschwindet wieder, ohne zu bezahlen. Kurze
Zeit später taucht sie wieder auf, entschuldigt sich und möchte für ihr Essen arbeiten. Michiru hat offensichtlich keine Wohnung und so lässt Master sie
vorübergehend im Restaurant wohnen. Sie arbeitet und erweist sich als talentiert, aber sie weiß, dass ihre Anstellung nicht auf Dauer ist und so muss sie
sich Gedanken um ihre Zukunft machen. Dabei sind ihr auch die Stammkunden behilflich.
Kritik: "Midnight Diner" ist einer jener Filme, die sich wie ein Ausflug in die Heimat anfühlen. Dort, wo das Tempo noch etwas gemächlicher
ist und man sich in gemütlicher Atmosphäre mit bekannten Gesichtern trifft, um Geschichten auszutauschen. Dementsprechend kann dieses auf einem Manga von
Yaro Abe basierende Drama ein angenehmes Gefühl im Zuschauer kreieren, gerade auch weil die Probleme nicht immer sehr erdrückend sind und zu einer
zufriedenstellenden Lösung gebracht werden, bei der man stets von einem Gefühl des Friedens erfüllt wird. Dennoch hat "Midnight Diner" mit ein paar Problemen
zu kämpfen. Das langsame Tempo ist interessanterweise keines davon, sondern hauptsächlich der Umstand, dass der Film episodenartig aufgebaut ist. Das führt
dazu, dass es keinen Schwerpunkt gibt und sich der Film insgesamt etwas auseinandergerissen anfühlt.
Das betrifft aber hauptsächlich die zweite Hälfte des Streifens. Im ersten Teil bekommen wir Master und seine Stammkunden vorgestellt. In welche Richtung sich
der Film hinsichlich seiner Geschichte entwickeln wird, ist noch nicht klar, aber als Einleitung wird man sofort in die gemütliche Atmosphäre des Diners
gezogen und wird auch langsam vertraut mit den diversen Stammkunden, die allesamt bunte Persönlichkeiten darstellen. Ansprechend ist ebenso, dass Master
augenscheinlich der eigentliche Protagonist ist, aber immer irgendwie im Hintergrund bleibt. In der ersten Geschichte, die sich an die Einleitung nahtlos
anschließt, passt das recht gut. Master nimmt eine Schülerin auf und wir bekommen durch sein gutmütiges, aber nicht unglaubwürdig aufopferndes Handeln -
letztlich schickt er seine Schülerin wieder weg, als er glaubt, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann - zu sehen, was für eine Person er ist.
Nach dieser Geschichte wird eigentlich erst wirklich offenbar, dass es sich hier um einen Episodenfilm handelt. Die beiden Geschichten werden auch durch
die Titeleinblendung jeweils eines Gerichts präsentiert, aber die zweite Geschichte stellt einen unnötigen Bruch dar. Master tritt in den Hintergrund und
fungiert nur noch als geduldiges Ohr, das seinen Gästen und ihren Problemen lauscht. Das wiederholt sich so oft, dass es schon zu einer Karikatur verkommt.
Immerhin wirft er nicht mit Weisheiten um sich, was den Film platt hätte wirken lassen. Vielmehr bleiben Masters Handlungen subtil, sodass wir gezwungen sind,
zu interpretieren. Dennoch gibt es einige Fragen, die offen bleiben. Nicht zuletzt, was Masters Vergangenheit angeht, da eine große Narbe über sein Gesicht
geht. Aber diese offenen Fragen stehen dem Film tatsächlich gut. Es ist einfach nur schade, dass wir in der zweiten Hälfte kaum noch etwas von Master zu
sehen bekommen.
Damit verliert der Film sein Gravitationszentrum. Die unglückliche Liebesgeschichte schießt irgendwo weit hinaus und ist kaum noch im Rest des Films verankert.
Verschlimmert wird dies auch dadurch, dass sich die zweite Geschichte um Erdbebenopfer dreht und anscheinend auch etwas sozialkritisch wirken will. Das ist
unglücklickerweise ungeschickt umgesetzt und zeigt eindeutig, dass "Midnight Diner" am besten funktioniert, wenn er subtil vorgeht und eher die kleinen Dramen
der Menschen behandelt oder den Platz der Frau in der japanischen Gesellschaft. Leider verliert man also spätestens in den letzten 40 Minuten das Interesse an den
Geschehnissen und kann nur wieder aufwachen, wenn wir am Tresen des Diners sitzen und unsere liebgewonnenen Charaktere wieder zu Gesicht bekommen. Das Potential,
das in den Persönlichkeiten steckt, ist groß. Umso fragwürdiger ist die Entscheidung, ganz andere Charaktere für die zweite Geschichte zu wählen, zu denen wir
noch überhaupt kein emotionales Band aufgebaut haben.
Darstellerisch kann Kaoru Kobayashi ("Boys on the Run") seiner Figur die nötige Herzensgüte und Rätselhaftigkeit verleihen, Mikako Tabe ("Fish Story") kann dagegen glaubwürdig ihr Wachsen als Person auf den Bildschirm bringen. Daneben gibt es noch einige verschrobene Charaktere, von denen vor allem der Polizist, gespielt von Joe Odagiri ("My Way"), erinnerungswürdig ist. Neben den schön anzusehenden, aber sehr dezenten Bildern weiß auch ein angenehmer Soundtrack die Wohlfühlatmosphäre des Diners als Zufluchtsort vor den Problemen dieser Welt zu tragen. Regisseur Joji Matsuoka hat auch bereits die gleichnamige TV-Serie gedreht und es sollte auch nicht verwundern, dass bereits ein zweiter Film in Planung ist. "Midnight Diner" ist auch ein herrlich angenehmer Film, aber besser, man stoppt, bevor die zweite Geschichte den Film qualitativ nach unten zieht.