Story: Haruna Wakagusa (Fumi Nikaido) ist ein Paar mit ihrem Mitschüler Kannonzaki (Shuhei Uesugi). Dieser ist allerdings alles andere als ein liebenswerter Geselle. Nach außen scheint er freundlich genug, aber er verprügelt ständig seinen Mitschüler Yamada (Ryo Yoshizawa) oder sperrt ihn in seinen Spind ein. Und das alles, weil Yamada schwul ist. Yamada selbst versucht dies aber immer noch zu verheimlichen, indem er eine Freundin hat. Seine Freundin Tajima (Aoi Morikawa) ist in das Rätselhafte, das Yamada umgibt, verliebt. Aber sein wahres Ich kann Yamada niemandem offenbaren. Eines Tages rettet Wakagusa den Jungen vor ihrem Freund und dafür teilt er ein Geheimnis mit der Schülerin. Er nimmt sie mit an den Fluss, wo er vor einiger Zeit eine Leiche gefunden hat. Wenn er diese betrachtet, fühlt er sich wieder lebendig. Er ist jedoch nicht der einzige, der von der Leiche weiß. Yoshikawa (Sumire) modelt neben der Schule und geht ab und zu ebenfalls zum Fluss, um sich die Leiche anzusehen. Als eines Tages das Gerücht die Runde macht, am Fluss wäre ein Schatz verborgen, und die Schüler mit schaufeln zum Flussufer eilen, müssen die drei die Leiche schnellstmöglich vergraben. Das Wissen um die Leiche vereint die drei zwar im Geiste, aber tatsächlich fühlen sich die Schüler immer noch alleine. Wakagusa weiß zudem nicht, dass ihr Freund Kannonzaki eine Affäre mit der Mitschülerin Rumi (Shiori Doi) hat. In ihrer Orientierungslosigkeit versuchen die Schüler alles, um sich ein wenig lebendig zu fühlen. Doch eine Katastrophe bahnt sich daher bereits an.
Kritik: Man würde bei "River's Edge" wohl kaum eine Manga-Verfilmung vermuten, aber Kyoko Okazakis Geschichten sind bekannt dafür, makabre Themen oder solche, die eher tabuisiert werden, zu behandeln. Der Ton der Verfilmung ist daher grundlegend auch etwas ernster und düsterer, als man das erwarten würde. Ein klein wenig Humor verbirgt sich in dem Film vielleicht ebenso. Es handelt sich hier aber ganz klar um ein Drama, das mit düsteren Themen hantiert: Orientierungslosigkeit im Leben, Gewalt gegenüber Schwulen, das Ausnutzen von Freunden, Bulimie, Prostitution von Schülern, der Tod als Ruhepol. Es gibt also recht viel, was augenscheinlich in dem Film vor sich geht, aber was genau das ist, bleibt lange Zeit unklar. Man darf "River's Edge" also eine gewisse Ziellosigkeit vorwerfen, aber gegen Ende fügt sich alles doch noch zu einem atmosphärischen Ganzen, auch wenn der Vorwurf der Orientierungslosigkeit des Drehbuchschreibers bestehen bleibt.
Die Erzählweise macht es nicht einfach, sofort in den Film zu finden. Eine brennende Person fällt von einem Hochhaus, dann werden Schüler von einem Interviewer befragt und diese Interviews dienen in regelmäßigen Abständen immer wieder als Rahmen, um uns durch die Geschichte zu führen. Als wir uns dann endlich in der Schule befinden und uns ganz klassisch die Charaktere vorgestellt werden, wird es aber etwas übersichtlicher. Es gibt nicht wenige Charaktere, die im Zentrum der Geschichte stehen, aber Wakagusa und Yamada bleiben das Herz der Geschichte. Sie sind es, mit denen wir die zwei Stunden des Films sympathisieren können, obwohl sie nicht ausschließlich liebenswürdig sind. Yamada mag ein Opfer sein, aber ein naiv-verliebtes Mädchen auszunutzen und sie als Freundin vorzuzeigen, um die eigene sexuelle Orientierung zu verbergen, ist nicht nur alles andere als nett, sondern schlägt schließlich auch noch Wellen, wie man sich bereits zu Anfang denken kann.
Fumi Nikaido ("Scoop!") spielt die Schülerin, die mit einem aggressiven und hormongesteuerten Jungen zusammen ist. Das Mädchen bietet Sex als Teil ihrer Beziehung mit Kannonzaki an, Spaß scheint sie daran aber selbst nicht zu haben. Man fragt sich, ob das daran liegt, dass sie ihn eigentlich nicht liebt. Diese und weitere Fragen zu beantworten, bleibt aber Aufgabe des Zuschauers. Klar ist aber, dass ihre Freundschaft zu Yamada, verkörpert von Ryo Yoshizawa ("Bleach"), um einiges tiefer geht und die beiden in ihrem Leid einander Halt geben. Die Nebencharaktere bekommen aber auch einiges an Zeit auf dem Bildschirm, was dafür sorgt, dass sie gut ausgearbeitet wirken. Gleichzeitig lassen sich so noch weitere Aspekte des Teenageralltags und der Verlorenheit aufzeigen, wie z.B. die bereits angesprochene Bullemie eines Modells, von Tadanobu Asanos Tochter Sumire mit einem außerweltlichen Anstrich gespielt, oder Prostitution.
In seiner Desorientierung prostituiert sich Yamada auch an einen älteren Herrn, genauso wie Rumi, die so ihre teuren Make-Up Produkte finanziert. Auch Drogen kommen zum Einsatz, um dem tristen Alltag zu entfliehen. In einer Szene, in der Kannonzaki und Rumi Kokain konsumieren, kommt es auch zu einer sehr freizügigen Sexszene, aber es gibt noch weitere Momente, in denen viel nackte Haut gezeigt wird. Dabei bleibt stets der Eindruck, dass der Sex nicht von Leidenschaft, sondern etwas Mechanischem durchdrungen ist, etwas, das erledigt werden muss. Für Kannonzaki ist es ein unaufhaltsamer Trieb, für andere ein Beweis der Freundschaft oder eben eine Möglichkeit, an Geld zu kommen. Die Charaktere in "River's Edge" suchen nach etwas, und dieses verzweifelte Greifen nach etwas, das eine Richtung im Leben vorgeben könnte, ist es auch, was dem Film seinen düsteren Anstrich verleiht und manchmal auch eine klaustrophobische Atmosphäre erzeugt. Passend dazu und um das Setting der 90er zu unterstreichen, ist der Film auch im 4:3 Format gedreht.
Regisseur Isao Yukisada ("Crying out Love in the Center of the World") weiß seine Geschichte so zu erzählen, dass wir interessiert an ihr bleiben, auch wenn das Tempo recht gemächlich ausfällt. Die Dynamik zwischen den Charakteren wandelt sich und gibt Raum für Entwicklungen, die durchaus auch zu einer Katastrophe führen könnten. Die Geschichte bleibt auch spannend, weil sie teilweise unberechenbar ist und ein paar überraschende und schockierende Szenen bereithält. Die Schauspieler sind auch überzeugend und können die innere Leere ihrer Charaktere angemessen transportieren, ohne leblos zu wirken, was keine leichte Aufgabe ist. Allerdings bleiben sie zum Teil auch ein Rätsel. Genauso wie die Interviews als Rahmen ein Rätsel bleiben. "River's Edge" hätte eine klarere Richtung gebraucht. So wird man lediglich in das Leben einiger Teenager geworfen, was dank der behandelten Themen durchaus interessant ist, aber das Potential wird nicht vollständig ausgeschöpft.