Story: Das Königreich Pei wird von einem jungen König (Zheng Kai) regiert, der gerne Frieden in seinem Reich hat bzw. durch Krieg nicht riskieren will, vom Thron gestoßen zu werden. Seine Minister sind allerdings unglücklich über die Passivität des Königs. Unter General Yang (Hu Jun) wurde nämlich die Stadt Jing eingenommen und statt sie zurückerobern zu wollen, hat der König ein Friedensabkommen mit dem General. Der Kommandant der Armee, Yu (Deng Chao), kann das allerdings nicht akzeptieren und fordert Yang zu einem Duell in einigen Tagen heraus. Als der König dies erfährt, enthebt er Yu seines Amtes und macht Yang das Angebot, seine Schwester (Guan Xiaotong) an ihn zu verheiraten, um einen Krieg abzuwenden. Trotz allem steht Yu sein Duell noch bevor. Yu hat aber keine Chance gegen den General, da es sich bei dem Kommandanten um einen Doppelgänger handelt. Der echte Kommandant wurde einst schwer von General Yang verletzt, sodass er Assassinen fürchtet und sich im Verborgenen aufhält. Er hat einen komplexen Plan, wie er Jing zurückerobern kann, doch dafür müssen die Kampfkünste seines Doppelgängers um einiges besser werden. Nur er und seine Frau (Sun Li) wissen um die wahre Identität des Doppelgängers. Währenddessen kommt von General Yang das Angebot, die Schwester an seinen Sohn als Konkubine zu geben. Diese ist absolut dagegen, aber der König hat keine andere Wahl. Im Geheimen hat der echte General Yu, mit dessen Gesundheit es immer schlechter steht, seine letzten Schachfiguren in Position gebracht. Jedoch scheinen die Überlebenschancen seines Doppelgängers in dem Spiel sehr niedrig...
Kritik: Zhang Yimou ist einer der weniger Regisseure, die es vermögen Visualität und Tiefe auf gleich hohem Niveau für sich arbeiten zu lassen. Spätestens seit "Hero" ist dies auch über die chinesischen Landesgrenzen hinaus bekannt. Seitdem hat er immer noch einige gute Filme abliefern können, aber qualitativ ging es mit seinen Werken eher bergab. Der traurige Tiefpunkt war der Matt Damon-Streifen "The Great Wall". Mit "Shadow" schleicht sich ganz unbemerkt ein Film an, der Zhang erneut in Höchstform zeigt. Dies beginnt schon bei den atemberaubenden Bildern. Alles wirkt wie chinesische Tuschemalerei. Die Sets und Kostüme, alles ist in Schwarzweiß gehalten, während der Film in Farbe gedreht wurde, sodass die Nuancen der Hautfarbe und des vergossenen Blutes einen starken Kontrast dazu bilden. Neben den Bildern weiß aber auch eine clever gestaltete Geschichte rund um einen tragischen Helden gefangenzunehmen, in der nichts so ist, wie es zunächst scheint.
"Shadow" hat ein relativ gemächliches Tempo in seinem Kern, allerdings scheint das nur auf den ersten Blick der Fall zu sein. Die Dialoge sind stets voller Andeutungen und Worte können oft genauso gefährlich sein wie ein gut gezielter Angriff mit dem Schwert. Politische Intrigen stehen hier an der Tagesordnung und herauszufinden, welche Ziele die verschiedenen Parteien verfolgen, erweist sich als erstaunlich spannend. Im Zentrum steht Kommandant Yu und sein "Schatten", beide gespielt von Deng Chao ("The Mermaid"). Deng liefert eine herausragende und nuancierte Darstellung ab. Der Schatten Yus ist letztlich sowohl ein großartiger Kämpfer als auch ein selbstbewusster Befehlshaber, der dem König oft Widerworte gibt. In Wirklichkeit ist er aber geplagt von seiner Sehnsucht nach zuhause und seiner unerfüllbaren Liebe zur Ehefrau Yus. Dieser Kontrast von Stärke und Schwäche ist eine weitere Spielart des im Zentrum stehenden Motivs von Yin und Yang.
Yu, der sich in ein höhlenartiges Versteck zurückgezogen hat, hat auf den Boden ein großes Yin und Yang Symbol gezeichnet. Die monochromatischen Bilder lassen dieses Motiv den ganzen Film über auch visuell herausstechen, und auch die Lösung zum großen Problem, wie General Yang besiegt werden kann, liegt hier verborgen. Es ist die Ehefrau, die mit einem Regenschirm ausgerüstet vorschlägt, dem starken Yang des gleichnamigen Generals mit einem weiblichen Yin entgegenzutreten. So erweist sich die gewählte Waffe Yus und seiner Soldaten später als ein Regenschirm aus scharfen Messerklingen. Von einem Mangel an Kreativität kann man hier also nicht sprechen. Und kommt es dann zu den Kämpfen, sind diese ebenso von einer lyrischen Schönheit oder gnadenloser Härte gekennzeichnet. "Shadow" versucht keineswegs besonders blutig zu sein, aber kommt es zum Kampf ums Überleben, beschönigt Zhang Yimou auch nichts, sodass es auch einige recht rotgefärbte Szenen gibt.
Die Atmosphäre der Ruhe und gleichzeitiger Anspannung wird auch durch den tagelang andauernden Regen widergespiegelt. Die Szenen vor dem Palast sind majestätisch anzusehen und im Palast selbst begeistern Wandschirme mit Malereien und Kalligraphie sowie wundervoll gestaltete Kostüme. Untermalt wird die stark visuell geprägte Geschichte durch einen Soundtrack, von Lao Zai, aka Loudboy, bei dem ein Guqin (eine chinesische Zither) im Vordergrund steht. Eben jenes Instrument ist auch Teil eines Duetts zwischen dem echten Yu und seiner Ehefrau, das sich als Kampf zwischen den beiden entpuppt. In diesem Duett klagt die Ehefrau ihren Ehemann an, dass sie ihn mit einem anderen Mann leben lässt sowie dass er diesen grauenhaft behandelt. Der Ehemann macht ihr dafür Vorwürfe, dass sie Gefühle für ihn hat. All das wird aber nur durch das Anschlagen von Saiten transportiert. Es ist diese Art von subtilem Geschichtenerzählen, die Zhang Yimou zu einem der besten chinesischen Regisseure gemacht hat.
Die Charaktere in "Shadow" sind mit viel Feingefühl ausgearbeitet worden und die Darsteller arbeiten alle auf einem solch hohen Niveau, dass sie die Anforderungen des Drehbuchs erfüllen können. Selbst die Nebenrollen, wie die der Ehefrau, gespielt von Sun Li ("Fearless"), sind sehr gut besetzt und lassen so auch in die Nebenhandlungen abtauchen, die sich letztlich als Verzweigungen der Hauptgeschichte herausstellen. Palastintrigen können manchmal anstrengend sein, doch "Shadow" hat zu jeder Zeit etwas Neues zu bieten. Gegen Ende gibt es auch einige Wendungen sowie genug Action, um die brodelnde Spannung zu Beginn aufkochen zu lassen. Am interessantesten ist "Shadow" aber, wenn er seine Geschichte über die Dialoge und subtiles Schauspiel erzählt. Die Spannung ist dann förmlich greifbar und die Stärke von Zhangs wunderbaren Bildern kommt in jenen Szenen am besten zur Geltung. Ein kleines Meisterwerk, das von Zhang Yimou lange überfällig war.