Story: Der Selbstmord eines Deserteurs beschäftigt die sozialen Medien. Eine Userin beleidigt dabei mehrfach den Selbstmörder und hetzt damit
das Netz gegen sich auf. Ihr richtiger Name, Ha-yeong (Ha Yoon-kyeong), wird veröffentlicht und eine kleine Gruppe von Jugendlichen beschließt, ihr einen Besuch
abzustatten, um eine Entschuldigung zu forcieren. Ji-woong (Byeon Yo-han) und Yong-min (Lee Joo-seung), zwei Studenten, die Polizisten werden
wollen, gehören ebenfalls zu der Gruppe, die sich auf den Weg zur Wohnung von Ha-yeong machen. Dort angekommen finden sie das Mädchen jedoch erhängt vor. Das
Netz wird über einen Livemitschnitt Zeuge der Szene und schnell wenden sich die sozialen Medien gegen Ji-woong und seine Freunde. Sie werden als Mörder
beschimpft, aber die Polizei stuft den Fall als Selbstmord ein. Einige Fakten sprechen jedoch dafür, dass es sich um einen Mord gehandelt haben muss. Da der
Vorfall in der Akte von Ji-woong und Yong-min bleibt und sie somit keine Chance haben, jemals bei der Polizei zu arbeiten, wollen sie den Mörder selbst finden.
Dafür nehmen sie auch die Hilfe der Internet-Community in Anspruch. Schon bald haben sich erste Hinweise gefunden...
Kritik: Die dunklen Seiten des Internets in Form von Cybermobbing auf den Bildschirm zu bringen, verspricht gutes Kino. Bisher hat sich das
koreanische Kino eher auf Mobbing an der Schule ("Thread of Lies", "Pluto") fokussiert, aber
gerade ein Land, das so sehr auf das Internet und die sozialen Netzwerke ausgerichtet ist wie Korea bedarf einer Aktualisierung des Themas. "Socialphobia"
macht sich genau dies zur Aufgabe und das zum größten Teil erfolgreich. Auf zumeist intelligente Art wird das Cybermobbing auf die Täter zurückgeführt und
ein Blick in deren Psyche gewährleistet. Dabei wird schnell offensichtlich, dass es sich bei diesen nicht schlichtweg nur um gewissenlose Monster handelt.
Vielmehr erweist sich das Thema als recht komplex und wird zudem noch mit einer Krimigeschichte garniert, die das Tempo und die Spannung hoch halten
soll.
Flames und anderweitige rücksichtlose oder beleidigende Kommentare sind in Foren oder den sozialen Netzwerken gang und gäbe. Oft schaukeln sich diese ungemein
hoch, gerade wenn der ursprüngliche Kommentar nicht zurückgenommen wird und stattdessen noch weitere ähnlicher Natur folgen. Das alles mag seine Gründe darin
haben, dass man im Netz nicht wirklich Sanktionen zu befürchten hat, aber in "Socialphobia" schwappt der Hass auf den Flamer in die Realität über. Eine
Besonderheit ist dabei auch, dass Ha-yeong sogar zu Recht den Hass auf sich zu ziehen scheint. So fungieren die acht Jungs zunächst als Sympathieträger.
Nachdem allerdings alles aus dem Ruder gelaufen ist, müssen sie sich fragen, ob sie nicht für den Tod des Mädchens verantwortlich sind. Zum Glück für sie
ergeben sich einige Ungereimtheiten, die für die Polizei nicht weiter von Belang sind, und so machen sie sich selbst auf die Suche nach einem vermeintlichen
Mörder.
Moralisch bleibt aber alles sehr fragwürdig. Die selbsternannten Ermittler wollen schließlich nicht den Mord der Gerechtigkeit willen aufklären, sondern um
ihr Gewissen zu beruhigen, und für die zwei Protagonisten ebenso, damit sie eines Tages Polizisten werden können. Die sich entspinnende Krimigeschichte steckt
voller Rätsel und nur langsam werden neue Hinweise aufgedeckt. Dabei zeigt sich, dass die Jugendlichen keineswegs Profis sind und mehr als einmal einer
falschen Fährte folgen. Als hätten sie nichts aus ihren Taten gelernt, schuldigen sie weiter über das Internet an und provozieren, um an die Wahrheit zu
kommen. Manchmal sind die Ermittlungsmethoden auch für ein paar lustige Momente gut, die meiste Zeit präsentiert sich "Socialphobia" jedoch als ein
düsterer Thriller, der seine sozialkritische Thematik sehr ernst nimmt.
Das Rätsel um den Mörder kann selbstverständlich nur aufgedeckt werden, wenn auch mehr über das Opfer in Erfahrung gebracht wird. Dabei zeigt sich, dass Ha-yeong
auch im echten Leben keine unbedingt liebenswerte Person war. Aber auch bei den Ermittlern offenbaren sich immer mehr Charakterschwächen und nicht zuletzt
sorgen immer wieder neue Wendungen dafür, dass man die Geschehnisse aus einem neuen Blickwinkel betrachten muss. Byeon Yo-han ("Tinker Tinker") und
Lee Joo-seung ("Broken") geben solide schauspielerische Leistungen ab, aber der Film profitiert in jedem Fall davon, dass die
Besetzung durchgängig jung ist und damit auch das Thema dort verortet, wo es die meiste Energie hat: unter Jugendlichen. Überraschen sollte es daher auch
nicht, dass immer wieder Handys gezückt und Tweets rausgeschickt werden.
Technisch setzt Regisseur Hong Seok-jae die vielen sozialen Medien auf klassische Weise um, indem er Textnachrichten ins Bild einblendet oder uns einmal sogar einen längeren Chat nur über Texttafeln präsentiert. Originell sind lediglich die live mit Webcam aufgezeichneten Shows, an deren unterem Bildschirmrand stets User-Kommentare zu lesen sind. Da sich der Regisseur neben der Gesellschaftskritik auch daran versucht, einen ordentlichen Thriller auf die Beine zu stellen, muss allerdings stark kritisiert werden, dass im Mittelteil das Tempo enorm abfällt und man sich fast nicht mehr dafür interessiert, in welche Richtung der Film gehen mag. Zum Glück bekommt Hong am Ende noch die Kurve und bietet eine gelungene Auflösung. Auch wenn es die einzige ist, die seinem Film das nötige Gewicht hätte verleihen können und damit irgendwie auch vorhersehbar bleibt. Schade, denn der Wert dieses Indie-Streifens, der überdies auf einer wahren Begebenheit beruht, kann sicherlich nicht kleingeredet werden.