Story: Der Schüler Yoo-jin (Seong Joon) wird tot in einem Wald gefunden. Die Polizei ermittelt unter der Leitung von Park (Jo Seong-ha) und hat
bald einen Verdächtigen. Kim Joon (Lee David) scheint eifersüchtig auf die Leistungen Yoo-jins gewesen zu sein, doch es zeigt sich, dass er für die Tatzeit
ein Alibi hat. Die Polizei muss ihn nach der Vernehmung wieder freilassen. Daraufhin nimmt Joon in einem geheimen Keller der Schule, der früher als
Folterkammer des Geheimdienstes verwendet wurde, drei Schüler gefangen. Die Polizei bekommt ein Foto, das die gefangenen Schüler zeigt, weiß aber nichts
von dem geheimen Keller und rätselt um die Motive Joons.
Als Joon neu auf die Schule kam, zeigte sich bald, dass Yoo-jin zusammen mit den drei Schülern Teil einer geheimen Gruppe war. Ein Privileg dieser Gruppe
war es, schon im Voraus wichtige Testantworten zu kennen, dank eines geheimen Notizbuches. Joon will seine Noten verbessern und daher unbedingt Teil dieser
Gruppe werden. Neben einem Aufnahmeritual muss Joon allerdings auch noch andere grausame Dinge tun, um Einblick in das Notizbuch zu erhalten...
Kritik: Mobbing an der Schule ist ein kulturübergreifendes Phänomen. Auch aus Korea gab es bereits einige Filme zu dem Thema zu sehen.
"Pluto" versteht sich als ein Indie-Streifen, der sich auf ernste Weise mit dem Thema beschäftigen will, dabei aber darauf verzichtet, durch einen speziellen
Art-House Anstrich besonders intelligent wirken zu wollen. "Pluto" ist schlichtweg ehrlich und bleibt seinem Ton bis zum Ende treu, weshalb das Drama auch
besser funktioniert als man zunächst erwarten würde. Denn der Film hat durchaus mit einer extremen emotionalen Kälte zu kämpfen. Keiner der Charaktere
scheint wirklich dafür geschrieben worden zu sein, dem Publikum als Sympathieträger zu dienen. Es gibt aber glücklicherweise einen Anker, in der Gestalt
von Joon, der den Film davor bewahrt, sich im Nirgendwo zu verlieren.
Das Schulsystem Koreas forciert einen extremem Wettbewerb, der die Schüler an den Rand ihrer psychischen Belastbarkeit treibt. Nicht umsonst ist die
Selbstmordrate in Korea gerade unter Schülern sehr hoch. Das letzte Jahr und vor allem die letzte Prüfung entscheidet darüber, auf welche Uni man darf. Und
die Uni wiederum entscheidet darüber, wie erfolgreich man im Leben sein wird. Mit anderen Worten stellt das letzte Jahr an der Schule einen noch viel stärkeren
Scheideweg dar, als man dies aus westlichen Ländern kennt. Da bereits in der Klasse ein Rangsystem vorherrscht, ist jeder darum bemüht, sich so weit wie
möglich an die Spitze hochzukämpfen. Müßig zu erwähnen, dass letztendlich nicht mehr nur mit fairen Mitteln gespielt wird, und genau dort setzt "Pluto" an.
Das Drama ist trist, schockierend und regt zum Nachdenken an.
Zunächst ist völlig undurchsichtig, wer der Mörder im Film ist. Joon hat zwar ein Alibi, aber er benimmt sich dennoch eigenartig. Der Mystery-Faktor bleibt
den ganzen Film über sichtbar und verleiht dem Drama eine spezielle Note. Rätselhaft bleiben aber bis zum Schluss die Charaktere. Diese sind absichtlich
recht verschwommen gezeichnet, aber gerade gegen Ende wäre hier ein klareres Bild wünschenswert gewesen. Es ist nicht so, dass man das Gefühl hat, "Pluto"
würde einem ein paar Antworten schuldig bleiben, aber das Drama hätte hier etwas tiefer gehen können. Immerhin kann Lee David ("Poetry",
"The Front Line") seinen Charakter so gut tragen, dass wir uns tatsächlich für ihn interessieren und ihn am Ende sogar
hinsichtlich seines Handelns verstehen, auch wenn wir ihn niemals ins Herz schließen können.
Grund dafür ist auch die Kälte des Films. Einsamkeit und die Weite der Unendlichkeit breiten sich mit jeder Minute mehr aus. Das Weltall ist nicht von ungefähr
ein wiederkehrendes Motiv. Speziell Joon und Pluto verbindet der Umstand, dass sie Außenseiter sind. Pluto ist kein Planet mehr und damit aus der Gruppe der
wirklich wichtigen Spieler rausgeworfen worden. Genauso wie Joon auf der neuen Schule kaum noch Chancen hat. Die reichen Eltern der anderen Schüler
sind fast schon hysterisch, wenn es um die Bildung ihrer Kinder geht und zwar weil diese ihre Prestigeobjekte darstellen. Joon stammt aber aus armen
Verhältnissen und sieht sich plötzlich der wahren koreanischen Gesellschaft gegenüber gestellt, in der es keine Chancengleichheit gibt, sondern in der nur
zählt, wen man kennt und welcher Gruppe man angehört. Ein Problem in Korea, das "Pluto" sehr vielschichtig und gewinnbringend bearbeitet.
Atmosphärisch ist "Pluto" dicht, aber auch eigenartig und kühl. Das Tempo ist zwar durchgängig langsam, aber es passiert immer genügend, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Die Schule wird zum Mikrokosmos, in der die koreanische Gesellschaft abgebildet und an den Pranger gestellt wird. Besonderes Lob verdient hierbei auch der Schnitt, denn da das Mystery-Drama auf zwei Zeitebenen erzählt wird, hätte es hier leicht zu Verwirrungen kommen können, doch das ist nie der Fall. "Memento Mori" und "Spirit of Jeet Kune Do" haben Mobbing an der Schule auf ihre ganz eigene Weise behandelt und "Pluto" geht ebenso seinen eigenen Weg, was dem Drama guttut. Viele Szenen sind ziemlich hart. Auch wenn nie tatsächliche Gewalt gezeigt wird, ist die Grausamkeit der Schüler immer greifbar. "Pluto" ist freudlos und kein angenehmes Drama, vielmehr ist es ein Messer, das man erst langsam und recht spät im Fleisch spürt. Gerade dadurch verdient es sich allerdings einen Daumen nach oben.