Story: Dina (Putri Marino) hat ihre Ausbildung zur Polizistin hinter sich und ihr Vater verspricht ihr, von nun an mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Was Dina nicht weiß, ist, dass ihr Vater vier Waisenkinder aufgezogen und zu Killern ausgebildet hat. Diese kümmern sich um den Abschaum der Gesellschaft. Die Gruppe besteht aus dem inoffiziellen Anführer Topan (Abimana Aryasatya), der Sprengstoffexpertin Alpha (Lutesha), dem Scharfschützen Jenggo (Arie Kriting) und Pelor (Kristo Immanuel), der zumeist als Köder herhalten muss. Die vier sind nicht begeistert, als ihr Ziehvater ihnen mitteilt, dass er sich zur Ruhe setzt, aber sie akzeptieren seine Entscheidung. Direkt darauf wird der Ziehvater der vier ermordet. Dina ist am Boden zerstört, weiß aber immer noch nichts von dem geheimen Leben, das ihr Vater geführt hat. Drei Jahre vergehen und der Mord ist immer noch nicht aufgeklärt. Durch Zufall findet Dina dann aber plötzlich eine Spur. Tatsächlich trifft sie auf Topan in einem Hotel auf einer Insel, wo sich ihr Vater zur Ruhe setzen wollte. Als sie Topan trifft, taucht auf der Insel ebenso ein Killerkommando unter der Leitung von Suranto (Marthino Lio) auf, der sich bald als Mörder des Vaters herausstellt. Falls Topan überleben will, muss er Dina zunächst überzeugen, ihre Suche nach Antworten aufzuschieben und seine Freunde aufzusuchen, sodass sie eine Chance in dem sich anbahnenden Kugelhagel haben.
Kritik: Wahrscheinlich wäre ich ohne Gareth Evans' "The Raid" niemals auf das indonesische Kino aufmerksam geworden. An dem fantastischen Action-Spektakel führt für Fans des Genres einfach kein Weg vorbei. Mit dem steigenden Bekanntheitsgrad von Hauptdarsteller Iko Uwais, der mittlerweile auch in Hollywood Rollen bekommt (inklusive einer Minirolle in Star Wars VII), kam ich so auf den ziemlich gelungenen Actionstreifen "Headshot", bei dem Timo Tjahjanto als Co-Regisseur tätig war. Dieser hat dann mit "The Night Comes for Us" und Iko Uwais als Bösewicht einen ultrabrutalen, großartigen Kampfkunststreifen mit extrem düsteren Ton auf die Beine gestellt. Dass Timo Tjahjanto nun für Netflix einen Film drehen sollte, der mindestens genauso viel Humor wie Action beinhaltet, hat mich dann aber bereits etwas stutzig werden lassen. Indonesischer Humor kann durchaus einen kleinen Kulturschock hervorrufen oder zumindest bei einem internationalen Publikum nicht zünden. Leider sollte ich damit Recht behalten.
Überraschend ist aber erst einmal, dass der Film auf Netflix ziemlich erfolgreich ist und von den meisten Kritikern gute bis sehr gute Wertungen bekommen hat. Allerdings stehe ich mit meiner negativen Kritik zumindest unter den Kritikern, die sich auf asiatisches Kino spezialisiert haben, nicht alleine da. Es scheint hier wieder mal einen Fall von Schwarmverhalten zu geben, bei dem irgendjemand glaubt, es müsste ihm doch aus Gründen der Weltoffenheit gefallen, was er da sieht, dementsprechend etwas Positives schreibt und der Rest ihm einfach alles nachschreibt. Was noch verwunderlicher ist, ist der Umstand, dass man hier zwar ein paar Powerfrauen hat (im asiatischen Kino aber nun wirklich seit Ewigkeiten nichts Neues), die "woken" Kritikern gefallen könnten, aber teilweise derben Humor, der durchaus sexistisch genannt werden muss. Der Humor funktioniert einfach nicht und wird stets so lange auf die Spitze getrieben, bis man völlig aus den Augen verliert, was eigentlich gerade auf dem Bildschirm passiert. Unverständlich, wie man sowas mit Lob überschütten kann.
Zu Beginn sind die Witze dabei sogar noch in Ordnung, wenn auch eindeutig auf der Slapstick-Seite. Aber spätestens als mehrere Minuten lang ein unbeabsichtigter Drogenrausch mit einem Tee aus Krötenhaut ausgeschlachtet wird, weiß man, worauf man sich im weiteren Verlauf des Films einlassen muss. Tonal passt der dämliche Humor überdies überhaupt nicht zu den vielen brutalen Actionszenen. Als wollte man einen Familienfilm abliefern, bei dem ab und an ein halber Kopf von einer Schrotflinte weggeblasen wird. Weil man das wohl alles nicht so ernst nehmen muss, ist der Film auch noch nur ab 16, was ein wahres Wunder ist. Das Drehbuch kann also keine rote Linie beibehalten und hinsichtlich der Geschichte darf man hier ohnehin nichts erwarten. Aber selbst dann ist das hier Abgelieferte unteres Niveau. In welchem Verhältnis die vier zu Dinas Vater stehen, kann aus irgendwelchen Gründen nur Alpha erklären, weshalb diese unbedingt aufgesucht werden muss. Die sich auf dem Schlachtfeld gegenüberstehenden Parteien verzichten immer wieder darauf, sich gegenseitig aus dem Weg zu räumen, selbst wenn die perfekte Gelegenheit besteht. Schließlich ist man noch nicht beim Finale angekommen. Weitere Beispiele ließen sich endlos anführen.
Selbst wenn man nicht versucht, auf die Entwicklung der Geschichte zu achten, sind hier ohne wahre Verbindung einfach nur verschiedene Szenen aneinandergereiht. Dass man dafür auch noch 140 Minuten benötigt, ist ein Unding. Mit 90 Minuten wäre "The Big 4" besser bedient gewesen. Also bleibt es bei den Charakteren, um den Film noch irgendwie zu retten. Jenggo, Alpha und Pelor fallen in die Kategorie der menschgewordenen Mangacharaktere. Auf die Spitze getrieben, teilweise sogar unterhaltsam, aber letztlich klischeehaft. Topan kann immerhin als Anführer der Vier so etwas ähnliches wie einen Charakter darstellen und Darsteller Abimana Aryasatya ist auch für die wenigen guten Nahkämpfe verantwortlich. Eigentlicher Star des Streifens ist aber Putri Marino als Polizistin Dina. Sie hält alles zusammen und erdet den Film, obwohl gerade sie während des besagten Drogentrips eine der abgedrehtesten Momente hat. Aber sie schafft es, das so überzeugend rüberzubringen, dass es ihren eher ernsten Charakter nicht untergräbt.
Der Salsa tanzende Bösewicht, gespielt von Marthino Lio, ist nicht allzu nervend, weil der Darsteller in den Nahkampfszenen auch überzeugen kann. Diese bieten ordentlich Power und fallen so aus, wie man sich den gesamten Film gewünscht hätte, auch wenn die Choreografie nicht herausragend ist. Leider besteht "The Big 4" aber hauptsächlich aus Schießereien, die nicht sonderlich kreativ ausfallen. Sicherlich ist es beachtenswert, dass der Regisseur mit einem geringeren Budget als dem für "The Night Comes for Us" einen solchen Film produzieren konnte, aber das Endresultat ist viel zu lang, vollgestopft mit "humoristischen" Szenen, die einen Kulturschock auslösen können, und es gibt alles andere als erinnerungswürdige Actionszenen. Immerhin kann der Showdown noch einmal ein paar Bonuspunkte bekommen, aber das reicht nicht, um über das schlechte Drehbuch und die stereotypen Charaktere hinwegzutäuschen. "The Big 4" ist brutaler Actionstreifen und Slapstick-Komödie - nur nicht in einem, sondern parallel nebeneinander. Ein Film, den man sicher nicht auf seine Watchlist setzen muss.