Story: Nach einem Tsunami wacht Minako (Masami Nagasawa) am Strand auf und sucht anschließend panisch ihren kleinen Sohn. Als ihr niemand der Rettungshelfer antwortet, ahnt sie, dass etwas nicht stimmt. Schließlich trifft sie Akira (Kentaro Sakaguchi), der sie sehen und hören kann. Er bringt sie zu einer kleinen Gruppe, zu der der Regisseur Michael (Lily Franky), der Ex-Yakuza Shori (Ryusei Yokohama), die Bar-Besitzerin Kaori (Shinobu Terajima) und der ehemalige Banker Tanaka (Tetsushi Tanaka) gehören. Dort erfährt Minako, dass sie gestorben ist und sich in einer Zwischenwelt befindet, weil es Dinge gibt, die sie bereut und nicht loslassen kann. Sie wird von der Gruppe herzlich aufgenommen, aber Minako braucht eine Weile, bis sie sich mit ihrer neuen Realität anfreunden kann. Die Gruppe bietet ihr an, ihr bei der Suche nach ihrem Sohn zu helfen. Derweil erfährt Minako auch von den anderen Gruppenmitgliedern, was sie bereuen. Michael hat einen wichtigen Film nicht zu Ende drehen können, der sein eigenes Leben beleuchtet, während Shori beispielsweise schon seit sieben Jahren in der Zwischenwelt verweilt, weil er es nicht schafft, seine damalige Freundin aufzusuchen, um zu schauen, wie es ihr geht. Dann taucht auch noch das Schulmädchen Nana (Nana Mori) auf, die sich selbst das Leben genommen hat. Gemeinsam versuchen sie, ihren Weg in die Nachwelt zu finden.
Kritik: Ich habe mir von "The Parades" nicht allzu viel erhofft. Der Plot ist ziemlich schnell klar und man weiß, was man erwarten darf. Doch die Ausführung ist überraschend ehrlich und auf den Punkt, mit ein paar hervorragenden darstellerischen Leistungen, vor allem von Lily Franky. Darüber hinaus vermag es die Geschichte, an dem Punkt, an dem man den Eindruck bekommt, alles würde auf der Stelle treten, mit dem Film im Film eine Meta-Ebene zu öffnen, die recht faszinierend ausfällt. "The Parades" ist am Ende ein Drama, das nicht sehr schwer im Magen liegt, sondern ein Lächeln hervorrufen kann. Das soll aber nicht bedeuten, dass nicht auch einige Szenen vorzufinden sind, die einem die Tränen in die Augen treiben könnten. Diese ausgewogene Balance lässt den unscheinbaren Film am Ende seine besonderen Momente haben. Es schadet auch nicht, dass die Kinematografie zuweilen sehr verträumt ausfällt, ohne dass man in eine abstrakte Welt nach dem Tod entführt würde. Es fühlt sich alles zugleich sehr real und greifbar an. Aus diesem Grund gehen auch die auf dem Papier vielleicht etwas unoriginell wirkenden Szenen nahe.
Ein gutes Beispiel für den letzten Punkt ist der Yakuza. Seine Geschichte mag keine Preise gewinnen, aber spätestens die Szene, in der er seine frühere Freundin wiedersieht, kann eine Tiefe und Ehrlichkeit ausdrücken, die man so nicht vermutet hätte. Jene Szene ist auch genau dann vorzufinden, wenn man als Zuschauer das Gefühl hat, dass der Film irgendwie nicht vorankommt. Anschließend bekommt die Geschichte durch Lily Franky ("Shoplifters") und seinen hervorragend gespielten Regisseur, der immer noch an seiner Vergangenheit und dem Filmemachen hängt, eine gelungene Meta-Ebene, die sich bis zum Ende durchzieht. Das Medium Film dient ihm als Instrument, sein Leben und die Dinge, die er bereut, zu verarbeiten. Ähnlich geht es auch dem von Kentaro Sakaguchi ("Hell Dogs") gespielten Akira, welcher die Zwischenwelt aufzuzeichnen versucht und damit ein Band zu seinem Vater knüpfen will, der wiederum angefangen hat zu schreiben, um den Tod seines Sohnes zu überwinden. Es ist lobenswert, dass auch die kleineren Geschichten alle den ihnen gebührenden Raum bekommen und in der einen oder anderen Form einen würdigen Abschluss erfahren. Im Zentrum steht aber die Geschichte um Minako, die verzweifelt ihren Sohn sucht.
Masami Nagasawa ("Mother") fällt dabei die Aufgabe zu, die Emotionen rüberzubringen, die eine Mutter hat, die ihren Sohn einerseits in der Welt der Lebenden finden will, gleichzeitig aber damit konfrontiert ist, dass sie dann auf immer von ihm getrennt ist. Es bleibt zwar gut umgesetzt, dass Minako der rote Faden ist, der sich durch den Film zieht, aber oft genug tritt sie zugunsten der anderen Fäden in den Hintergrund. Besonders der Regisseur entpuppt sich irgendwann als zweiter Motor des Films. An einem bestimmten Punkt kommt auch noch das Schulmädchen Nana dazu. Sie zeigt uns, wie weit Minako schon gewachsen ist und dass sie mit ihren Gefühlen besser zurechtkommt, aber Nana ist an der Grenze dessen, was den Film überladen wirken lässt. Doch auch ihre Geschichte ist interessant und zeichnet vor allen Dingen einen schönen Rahmen, der alles miteinander verknüpft. Damit kann das Ende um einiges runder und zufriedenstellender ausfallen, als man es anfangs für möglich gehalten hätte. Planlosigkeit beim Storyaufbau ist demnach eine unnötige Sorge gewesen, denn Regisseur und Drehbuchschreiber Michihito Fujii hat sich bei seiner Geschichte ganz klar etwas gedacht.
Sehr ansprechend ist auch die Kinematographie. Bereits in "Village" hat der Regisseur bewiesen, dass er ein Händchen für Atmosphäre und Licht hat. Hier beeindrucken vor allen die gemütlichen Lichter der "Basis" der Verstorbenen und die "Seelenwanderungen", wenn einmal monatlich alle einander helfen, um ihre Angehörigen zu finden. Untermalt wird die Geschichte auch von einem gelungenen Soundtrack, der ungewöhnlich melodisch ausfällt. Dank der Atmosphäre und der sicheren Regie können die dramatischen Szenen eine außergewöhnliche Tiefe erreichen und man erwischt sich dabei, dass man sich mehr als sonst in das Denken und Fühlen der Figuren versetzen kann. Wie gesagt liegt das nicht alleine an den schauspielerischen Leistungen und der Regie sowie Geschichte, es ist ein Zusammenspiel all der einzelnen Aspekte. Genauso wie auch die individuellen Geschichten einander berühren. Jede Geschichte für sich genommen, hätte leicht etwas abgedroschen wirken können, aber dank des guten Aufbaus und der Art, wie die Individuen sich auf emotionaler Ebene stützen, bekommen sie weitaus mehr Farbe und Leben.
"The Parades" hätte mit seinen 132 Minuten leicht zu lang ausfallen können. Und gerade nach der ersten Dreiviertelstunde bekommt man den Eindruck, als könnte die Geschichte uns unmöglich so lange bei Laune halten. Doch man täuscht sich und die Art, wie sich zwar mit dem Thema Reue beschäftigt wird, aber zugleich das Leben zelebriert wird, ist ausgezeichnet umgesetzt. Dennoch übernimmt sich der Regisseur manchmal etwas. Nanas Geschichte um Mobbing an der Schule wirkt zu kurz gefasst, die Studentenproteste in den 60ern werden dem westlichen Publikum wohl kaum etwas sagen, und Tanakas Rolle bleibt auch in der Schwebe. Auch wenn der Film mit einer noch längeren Laufzeit einige Zuschauer hätte vergraulen können, muss man sich doch fragen, ob dadurch nicht ein besserer Film aus "The Parades" geworden wäre. Trotz allem bleibt am Schluss ein schönes, realistisches, aber manchmal auch verträumtes Drama, das sich um das Leben dreht und einem ein Lächeln und warmes Gefühl schenken kann.