Story: Yu Katayama (Ryusei Yokohama) lebt in dem abgeschiedenen Dorf Kamonmura, das für seine alte Noh-Tradition und eine gigantische Müllanlage bekannt ist. Wegen etwas, das sein Vater vor zehn Jahren getan hat, wird Yu heute noch von den Dorfbewohnern ausgegrenzt, und auch auf der Arbeit sieht sich der junge Mann immer wieder Mobbing ausgesetzt. Wegen seiner spielsüchtigen Mutter arbeitet Yu nicht nur in der Müllanlage und sortiert dort recyclebaren Müll aus, sondern verdient sich des Nachts noch etwas Geld dazu, wenn er und einige andere für Gangster Giftmüll auf dem Müllhof vergraben. Selbst der Bürgermeister (Arata Furuta) ist involviert und so gibt es kaum eine Chance, dass dies auffliegen könnte. Allerdings taucht in dem Dorf plötzlich wieder Misaki (Haru Kuroki) auf. Yu und sie standen sich früher sehr nahe. Sie arbeitet nun für die Müllanlage und ist für die PR zuständig. Nicht nur, dass sie Yu wieder etwas näherkommt, sondern sie will ihm auch im Job eine bessere Chance geben. Yu, der lange geglaubt hat, nie etwas in seinem Leben ändern zu können, hat endlich die Gelegenheit, eine neue Seite aufzuschlagen. Sogar sein alter Freund Kokichi (Shido Nakamura) stattet ihm einen Besuch ab und zusammen mit ihm und Misaki erinnern sie sich an die unbeschwerten Tage, an denen sie als Kinder Noh-Theater gespielt haben. Jedoch plagen Yu immer noch Dämonen der Vergangenheit und einer seiner Vorgesetzten ist eifersüchtig, dass sich Misako für ihn interessiert.
Kritik: Es fängt schon mit dem Auftakt von "Village" an, dass man hin- und hergerissen zwischen fasziniert und etwas gelangweilt ist. Ein Noh-Stück wird gespielt, während dazu parallel Rück- oder Vorausblenden hineingeschnitten werden. Etwas Bedrohliches kündigt sich somit nicht nur über die Bilder an, sondern auch den Gesang der traditionellen japanischen Kunstform. Und nicht nur an dieser Stelle hat "Village" etwas von einem Horrorfilm, ohne jemals wirklich anderweitig Elemente aus dem Genre zu verbauen. Die meiste Zeit versteht sich die Geschichte als Drama, aber das Dorf selbst scheint die schlechten Eigenschaften der Menschen zu verstärken, weil es sie packt und nicht mehr loslässt, bis es sie korrumpiert hat. Das ist eine interessante Herangehensweise, welche die Dorfidylle konterkariert und verspricht, Raum für interessante Charaktere zu bieten. Seine Versprechen kann das Drama letztlich nur leider nicht erfüllen.
Yu ist ein Charakter, bei dem es schwerfällt, sofort Mitleid mit ihm zu haben. Er wird zwar von einem Vorgesetzten gemobbt, der eigentlich nicht mehr als ein Möchtegern-Yakuza ist, doch sonderlich sympathisch ist der Held nicht, sodass man sich nicht sonderlich darum kümmert. Als dann seine Mutter auch noch vorgestellt wird, die eigentlich dafür verantwortlich ist, dass ihr Sohn durch Schulden an das Dorf gebunden ist, fragt man sich, wann eigentlich endlich ein liebenswerter Charakter auftritt. Ryusei Yokohama ("Usogui") spielt den Helden der Geschichte mit einem inneren Zorn, der stets verborgen bleibt, aber in bestimmten Momenten aufblitzt. Im Laufe des Films macht er auch eine Wandlung durch, aber es bleibt hier bei Yus verschenktem Potential. Einzig Misaki kann schließlich etwas Licht in den Film bringen, sodass auch Yu etwas aufblühen kann. Und auf dem Papier scheint das dann auch alles recht vielversprechend: Es funktioniert nur nicht.
Es ist eigenartig, aber die nicht gerade wenigen Charaktere des Films bleiben irgendwie sehr schwach umzeichnet. Shido Nakamura ("Ichi") spielt beispielsweise einen Jugendfreund, der nun Polizist ist. Das Dreiergespann aus diesem, Miska und Yu wird aber nur kurz angeschnitten und tritt wieder an den Seitenrand. Dann ist da noch ein Bürgermeister, der korrupt ist und mit dem irgendwie so gut wie jeder verwandt ist, sodass er die alleinige Kontrolle über das Dorf hat. Im Endeffekt sorgt das interessanterweise dafür, dass das Dorf ein Eigenleben entwickelt. Es ist nicht nur ein alles verschlingender Schlund, sondern wirkt wie der eigentliche Protagonist des Films. Dazu kommt noch die visuelle Unterstützung durch die teilweise schönen Bilder des Dorfes und der dazu im Kontrast stehenden Müllanlage, die wie ein Dorn in der Landschaft sofort ins Auge sticht und das eigentliche Krebsgeschwür darstellt, welches das Dorf ins Verderben reißt.
Die Bilder wirken zumeist aber ziemlich trostlos. Das ist sicherlich auch die Intention des Regisseurs, aber zusammen mit dem sehr gemächlichen Tempo kann das "Village" auch recht anstrengend machen. Hinzu kommt, dass die Geschichte an sich auch nicht besonders viel hergibt. Ab einem bestimmten Punkt wird offensichtlich, dass etwas passiert ist, über dessen genauen Hergang wir erst später informiert werden. Überraschend ist die Auflösung nicht und wie Yu versucht, das Problem zu lösen, ist gelinde gesagt auch ziemlich dämlich. Zum Ende hin kommt damit zumindest aber so etwas ähnliches wie Spannung auf, da man wissen will, was mit den Charakteren passiert... bis einem auffällt, dass es einen eigentlich gar nicht so sehr interessiert - zumal am Ende auch alles irgendwie recht vorhersehbar ist. Der Schluss mag in die richtige Richtung gehen und uns zum Nachdenken über die Korrumpierbarkeit des Menschen bringen - und die Möglichkeiten, sich dem zu verweigern. Aber da ist es zu spät. Unser Interesse ist bereits abgeflaut.
Schlussendlich hätte man sich gewünscht, dass "Village" seine Horror-Elemente noch etwas auslebt. Die Dorfbewohner mit Noh-Masken und Fackeln in einer Prozession durch das Dorf marschieren zu sehen, übt visuell eine gewisse Anziehungskraft aus. Damit wird aber nichts weiter bewerkstelligt. Daneben ist Taro Iwashiros Soundtrack etwas zu gut geraten und passt gar nicht zu "Village", da er zu sehr an einen Thriller und damit (sowie wegen des Dorf-Charakters) vielleicht auch etwas an sein Werk für "Memories of Murder" erinnert. Irgendwo verbirgt sich in "Village" auch noch eine Liebesgeschichte, die als Hoffnungsschimmer aufglimmt, aber auch hier kann nicht das Nötige herausgeholt werden. Es gibt ein paar kraftvolle Bilder und Symbole in dem Drama, aber das gemächliche Tempo und die Farblosigkeit der Charaktere macht es schwer, eine Empfehlung auszusprechen. Hätte man noch an ein paar Stellschrauben gedreht, wäre sicherlich ein faszinierender Film herausgekommen. So bleibt "Village" aber weit unter seinem Potential.