Story: In nicht allzu ferner Zukunft hat die Sonne das Ende ihres Lebenszyklus erreicht und wird zu einem Roten Riesen. Für die Menschheit gibt es nur eine Möglichkeit zu überleben. Sie muss das Sonnensystem verlassen und in die 4,2 Lichtjahre entfernte Galaxie Alpha Centauri auswandern. Als Vehikel soll die Erde selbst genutzt werden. Alle Regierungen werden aufgelöst und unter der United Earth Government geeint. Gigantische Schubdüsen am Äquator stoppen die Erdrotation, was zu Naturkatastrophen führt, bei denen Milliarden Menschen umkommen. Die restliche Bevölkerung muss in unterirdischen Städten leben, weil die Temperaturen an der Erdoberfläche enorm gesunken sind. Die Erde entfernt sich nämlich, dank der Schubdüsen auf einer Seite der Erde, immer weiter von der Sonne. Liu Peiqiang (Wu Jing) ist einer der Astronauten (Taikonauten), die in einem Raumschiff der Erde vorausfliegen, um den Weg zu sichern. Nach fünfzehn Jahren darf er nun endlich auf die Erde zu seinem Sohn zurück. Sein Sohn Liu Qiu (Qu Chuxiao) schafft es derweil, den Passierschein seines Onkels zu stehlen und mit seiner Adoptivschwester Duoduo (Zhao Jinmai) an die Oberfläche zu gehen. Zu jenem Zeitpunkt passiert die Erde Jupiter, dessen Gravitation zur Beschleunigung genutzt werden soll. Allerdings sorgt ein vorübergehender Gravitationsanstieg für Erdbeben auf der Erde und den Ausfall etlicher Schubdüsen. Die Erde steuert nun direkt auf Jupiter zu...
Kritik: Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet China das Sci-Fi-Genre wiederbeleben würde. Wäre es denn wirklich tot gewesen. Aber genau das wollen einem viele Kritiker weismachen, die "The Wandering Earth" in den höchsten Tönen loben. In gewisser Hinsicht kann man sie aber verstehen. Denn wir bekommen hier wirklich einen ziemlich beeindruckenden Sci-Fi-Film zu sehen, auch wenn sich das hauptsächlich auf das Budget (50 Mio. Dollar) und die Spezialeffekte beschränkt. Vielleicht sollte man aber auch noch einen anderen wichtigen Punkt anführen, der den Film auch international so leicht zugänglich macht: Die chinesische Flagge wird nicht an jeder Ecke geschwenkt. Eigentlich gibt es gar keine nationalistischen Töne. Vielmehr steht im Vordergrund, dass die Welt nur von vereinten Nationen, Menschen, die füreinander da sind, gerettet werden kann. Selbstverständlich sollte man hierbei aber nicht Opfer von Augenwischerei werden. Schließlich sind die eigentlichen Helden der Geschichte Chinesen...
Die Geschichte ist extrem phantastisch und auch wenn die Auswirkungen der Verlagerung unserer Erde aus dem Sonnensystem keineswegs unter den Teppich gekehrt werden - Meeresspiegel steigen Hunderte Meter an, Tsunamis ungeheurer Ausmaße fegen über das Land, Erdbeben zerstören ganze Landstriche etc. - und das Überleben der Menschen nur unter der Erde sichergestellt werden kann, kann man nicht umhin, daran zu zweifeln, dass es in der Realität nicht schlichtweg unmöglich für die Menschheit ist, unter diesen Bedingungen zu überleben. Interessant ist, dass der Ton des Films natürlich voller Hoffnung ist, aber doch immer klar bleibt, dass erst in etlichen Generationen ein Sonnensystem erreicht wird, das ein "normales" Leben ermöglicht, auch wenn die dortige Sonne noch ganz andere Probleme hervorrufen könnte. Und was ist mit den Ressourcen? Sollten diese tatsächlich so lange ausreichen? Nun gut, dass der Film nicht alle Themen anschneiden kann, ist verständlich, und es ist schon löblich, dass er etwas zum Nachdenken anregt.
Was verbirgt sich aber unter der Oberfläche? Ehrlich gesagt ein genauso typischer Blockbuster wie "Armageddon", "The Day After Tomorrow" oder "2012". Dass China aber mit jenen Hollywood-Streifen mithalten kann, ist wahrlich beeindruckend. Das CGI ist sehr gut umgesetzt, abgesehen von ein paar wenigen Szenen, die besser der Schere zum Opfer gefallen wären, doch ergänzt wird die Computeranimation durch schöne Sets auf der Weltraumstation sowie unter der Erde und den dystopischen Eislandschaften. Hier atmet wirklich alles Big-Budget-Produktion. Die Mängel beginnen aber auch genau da, wo sie auch in Hollywood immer wieder anzutreffen sind. Ein Jugendlicher und seine Adoptivschwester erweisen sich als Helden, die ausgebildete Profis in den Schatten stellen, auch wenn sie immer wieder unglaublich dumm sind. Und um der ganzen Action ein wenig Fundament zu verleihen, gibt es ein problematisches Familienverhältnis zwischen Vater - Wu Jing ("Wolf Warrior 2") diesmal in keiner Kampfkunstrolle - und Sohn. Generisch bleibt das trotzdem.
Daneben gibt es noch etliche weitere Charaktere. Und wie es üblich ist, kann man fast niemanden von diesen auseinanderhalten, sodass man sich beim unweigerlichen dramatischen Ableben des einen oder anderen fragt: "Ach, die Person war wichtig?" Das Drehbuch des Films hat auch immer wieder ein paar Probleme damit, das Tempo richtig aufrechtzuerhalten. Zwischen den Actionsequenzen gibt es ein paar Längen. Immerhin wird zum Ende hin mehr als genug Spannung aufgebaut, die für all das entschädigen kann. Dennoch hat man manchmal das Gefühl, dass Regisseur Frant Gwo zu viel auf einmal will. Das Finale hätte ein wenig kompakter ausfallen können. Andererseits sorgen die Szenen auf der fliegenden Raumstation - also genaugenommen ein Erkundungsraumschiff - für schöne Abwechslung. Zumal dort der Bordcomputer in einer Verneigung vor HAL 9000 aus "2001: A Space Odyssey" als möglicher Antagonist Probleme verursacht. Des Weiteren gibt es trotz vorhersehbarer dramatischer Momente ebenso ein paar nette, tränenreiche Szenen.
Vorhersehbarkeit ist auch rund um das Finale das große Stichwort. Bei einigen der Ideen des Helden greift man sich an den Kopf, weil man sich fragt, warum nicht hellere Köpfe schon längst auf die Idee gekommen sind. Da der Film mehr oder weniger lose auf dem gleichnamigen Bestseller von Liu Cixin basiert, ist die Geschichte nicht vollkommen dämlich und erklärt uns, dass dies tatsächlich bereits der Fall war. Aber die Aussichten auf Erfolg liegen einfach bei Null. Dann kommen wieder die Genreklischees in Form von Hoffnung und dem Zusammenhalt der Menschen auf oft pathetische Weise zum Tragen. Wahrscheinlich ist mittlerweile recht klar, was das Fazit dieser Kritik ist: China hat Sci-Fi schon besser in Form von "Reset" hinbekommen, aber an den Kinokassen (ein Einspielergebnis von 700 Mio. Dollar) hat man in dem Genre einen Erfolg wie hier bisher nicht verbuchen können, was auch Netflix dazu veranlasste, den Film ins Programm zu nehmen. Eine Fortsetzung ist so gut wie sicher. Mein Enthusiasmus ist zweigeteilt: Als Sci-Fi-Film ist "The Wandering Earth" genauso seichte und laute Unterhaltung wie viele Hollywood-Produktionen. Gleichzeitig bedeutet der Erfolg, dass wir zukünftig ein Aufblühen des Genres in China erleben dürften. Und das wiederum lässt die Herzen von Sci-Fi-Fans höher schlagen.