Story: Wang Yi-chi (Kaiser Chuang) ist Reporter und eines Tages als erster an einem Unfallort. Der Bericht, den er daraufhin verfasst,
wird ihm allerdings zum Verhängnis und ihm wird gekündigt. Gleichzeitig findet er heraus, dass sein Wagen keinesfalls so gut wie neu ist, sondern
vor neun Jahren in einen Unfall verwickelt war. Wang findet heraus, dass es sich genau um jenen Autounfall handelt, bei dem er einst Zeuge war. Die
Umstände waren mysteriös, der Fahrer ist gestorben, aber die Beifahrerin Hsu Ai-ting (Ko Chia-yen) hat überlebt und ist anschließend untergetaucht. Da
Wang nichts anderes zu tun hat, geht er Hinweisen nach und mit Hilfe seiner ehemaligen Kollegin Maggie (Hsu Wei-ning) findet er tatsächlich Hsu.
Diese will von der Geschichte nichts mehr wissen, widerspricht sich jedoch in ihrer Aussage. Außerdem sind von seiner Kamera, mit der er damals Fotos
vom Tatort und dem fliehenden Unfallverursacher aufgenommen hat, Bilder verschwunden. Der einzige, der Zugang zu seiner Kamera hatte, war der jetzige
Chefredakteur Chiu Ching-kai (Christopher Lee). Offensichtlich wurde versucht, die Identität des Unfallverursachers zu schützen und kurz nachdem Wang
mit seiner Untersuchung begonnen hat, gibt es einen weiteren Mord, der mit dem Unfall in Zusammenhang steht...
Kritik: Bei Mysterythrillern ist immer die Frage, wie viele Zufälle man bereit ist, in Kauf zu nehmen, ohne dass das persönliche Maß dessen,
was man als glaubwürdig erachtet, überschritten ist. Egal, wie hoch man sich die Latte hängen mag, "Who Killed Cock Robin" wird diese erreichen. Das soll
nicht bedeuten, dass es sich hier um einen schlechten Krimi handelt. Tatsächlich kann Regisseur Cheng Wei-hao in seinem Film eine Wendung und Offenbarung
nach der anderen präsentieren, sodass einem regelrecht schwindlig wird. Da hat man nur wenig Zeit, sich über die diversen Zufälle aufzuregen und spannend
bleibt der Film so allemal. Der intelligente Zuschauer wird sich trotz allem guten Willen hier etwas schwertun. Atmosphärisch und darstellerisch
hat der Mysterythriller aber so viel zu bieten, dass man zumindest als Fan des Genres keinesfalls an dem Streifen vorbeikommt.
Gleich der Regen zu Beginn lässt vermuten, dass wir hier eine Geschichte erzählt bekommen, die düster und voller Grausamkeiten ist. Allerdings findet der
Regisseur seinen eigenen Ton und schlägt nicht einfach nur in die Kerbe eines "Sieben". Dieser Ton geht auch sehr stark in die Richtung eines Krimis, da wir
etliche Versionen der Vorfälle in Rückblenden erzählt bekommen. Jene Rückblenden sind auch ein Anlass der Kritik, da weit über die Hälfte des Streifens aus
eben jenen besteht. Das muss irgendwann auch eine lächerliche Note bekommen, aber Regisseur Cheng bleibt stets ernst, was problematisch ist. Ein Lob muss
aber dafür ausgesprochen werden, dass trotz der Wiederholungen keine Langeweile aufkommt. Stets gibt es neue Aspekte, die dem Fall eine ganz neue Wendung geben.
Dabei enthält uns das Drehbuch geschickt wichtige Puzzleteile vor. Die Geschichte wird immer wieder aufs Neue dekonstruiert, um erneut rekonstruiert zu
werden.
Es ist aber nicht so einfach, darüber hinwegzusehen, dass die Geschichte viel zu offensichtlich so geschrieben ist, dass der Zuschauer maximal an der Nase
herumgeführt wird. Wir können niemals durch intelligente Deduktion das große Ganze im Voraus erkennen. Dafür enthält man uns einfach zu viele wichtige
Informationen vor. Man kann sich nicht einmal darauf verlassen, dass wir genau so viel wissen, wie der Held der Geschichte. In jedem Fall ist am Ende alles
anders, als man denkt. Spannung wird dadurch kreiert, dass man uns ohne Pause neue Hinweise gibt, sodass wir glauben, der Wahrheit ein gutes Stück näher
zu sein. Wang leistet aber nicht ernsthaft gute Detektivarbeit. Vielmehr offenbart sich hier erneut die Schwäche des Drehbuchs, alles dem Zufall zu
überlassen. Wang stolpert dementsprechend von einem Hinweis zum nächsten, ohne etwas dafür zu tun.
Darüber hinaus ist es äußerst irritierend, dass ihm mögliche Verdächtige frei heraus, d.h. ohne dazu gezwungen zu werden, die augenscheinliche Wahrheit
erzählen. Ebenso verwunderlich ist es, dass Wang diese vermeintliche Wahrheit sofort glaubt. Das sorgt wiederum dafür, dass Wang nur durch Zufall dem
Kern des Mordes immer näher kommt. Dabei stellt sich heraus, ohne zu viel zu verraten, dass die Menschen um Wang weit enger in den Fall involviert sind, als er
vermutet hat. Am Ende dreht sich der Film natürlich auch um die Frage, wer hier der eigentliche Mörder ist. Daher auch der an einen englischen Reim
angelehnte Titel. Und am interessantesten ist die Offenbarung, dass es in diesem Streifen fast keine wirklich guten Charaktere gibt. Das
erfordert natürlich gute darstellerische Leistungen und diese bekommen wir tatsächlich geboten.
Kaiser Chuang spielt den Helden der Geschichte überzeugend und Ko Chia-Yen als Ai-ting sowie Hsu Wei-Ning als Maggie können später ihre Charaktere weitaus ansprechender ausgestalten, als man es anfangs für möglich gehalten hat. In diesem Film gibt es kein simples Schwarz und Weiß. Mason Lee, Sohn von Regisseur Ang Lee ("Crouching Tiger, Hidden Dragon"), kann ebenso eine gute Darstellung abliefern. Regietechnisch ist hier außerdem alles auf höchstem Niveau. Die Bilder geben dem Film eine düstere Mysterythriller-Note und der Soundtrack ist zwar omnipräsent, trägt aber zur Spannung bei. Das Ende überzeugt außerdem durch ein paar unerwartet starke/grausame Bilder, die den Film insgesamt unangenehm bitter werden lassen. So muss es sein. Trotz diverser Unglaubwürdigkeiten rangiert "Who Killed Cock Robin" daher für mich gleich hinter "Double Vision" als einer der Filme, die beweisen, dass man aus Taiwan durchaus auch gelungene Thriller erwarten darf.