Story: Der Schwertkämpfer Li Mu Bai (Chow Yun-Fat) kehrt nach langer Meditation zu seiner früheren Waffenpartnerin
Yu Shu Lien (Michelle Yeoh) zurück, die nun einen Geleitschutz führt. Li möchte, dass sie sein Schwert, "Das grüne
Jadeschwert der Unterwelt" Sir Te in Peking übergibt. Schon seit Jahren haben weder Li noch Yu den Mut, sich ihre
Liebe zu gestehen, doch dass Li seinen Weg als Krieger verlässt könnte ein Zeichen an Yu sein.
Allerdings wird Lis Schwert in Peking gestohlen. Yu findet schnell heraus, dass Jen Yu (Zhang Ziyi), die Tochter eines
Gouverneurs, der Gast bei Sir Te ist, der Dieb ist. Yu verschweigt dies jedoch vorerst. Sie freundet sich mit Jen Yu
an und erfährt, dass diese bald eine abgesprochene Heirat eingehen muss. Jen Yu würde aber viel lieber das freie
Leben eines Schwertkämpfers führen und ihren heimlichen Geliebten "Dunkle Wolke" (Chang Chen), ein Räuberanführer,
an ihrer Seite haben.
Schließlich kommt Li Mu Bai ebenfalls nach Peking und muss herausfinden, dass sich Jade Fuchs (Chang Pei-pei), seine
Todfeindin, die vor Jahren seinen Meister vergiftet hat, in der Stadt aufhält. Li will ein letztes Mal zu seinem
Schwert greifen, um seinen Meister zu rächen, findet aber gleichzeitig eine potenzielle neue Schülerin in Jen Yu, die
sich jedoch aufgrund dessen, was ihr von Jade Fuchs über Li erzählt wurde, nicht von ihm ausbilden lassen will.
Ohne Führung und einen Meister gerät die naive Jen Yu in einen Strudel des Verderbens, in den sie alle um sich herum
mit hineinzuziehen droht...
Kritik: "Tiger and Dragon" ist ein Film, über den schon so gut wie alles gesagt wurde. Ein Meisterwerk, das
seinesgleichen sucht und für mich ein Tor in eine andere Welt aufstieß. Wer ein neutrales Review lesen möchte, ist
hier deshalb vielleicht am falschen Ort. Ang Lees Werk hat mein latentes Interesse für China und Kampfkünste in
so weit gestärkt, dass ich deshalb sogar anfing, Chinesisch zu studieren. Jahre später, nachdem der anfängliche
Enthusiasmus verflogen ist, mag man hier und da zwar ein paar kleinere Fehler an "Tiger and Dragon" entdecken, doch
es bleibt ein unumstößlicher Fakt, dass der Film ein beeindruckendes Revival des Wuxia Genres darstellt (auch wenn dies nie
wirklich tot war) und dem Westen
in poetischen Bildern näher brachte, was Chinesen schon seit Jahrzehnten an tragischen Fantasygeschichten rund
um Schwertkämpfer und unerfüllte Liebe fasziniert.
Die Geschichte des Films basiert auf dem vierten Band von Wang Dulus fünfteiliger "Crane-Iron Pentalogy" und erzählt
die Geschichte von Li Mu Bai, einem Schwertkämpfer, der des Kämpfens überdrüssig geworden ist und der Yu Shu Lien
seine Gefühle nicht gestehen kann. Doch dieser Storyfaden tritt oft in den Hintergrund, denn tatsächlich ist
Jen Yu der eigentliche Hauptcharakter des Films, die mit ihrer Liebesgeschichte rund um "Dunkle Wolke" gewisse
Parallelen zur Story um Li/Yu aufkommen lässt. Es geht um nicht erreichbare Liebe, Rache und die Rolle, die die
Gesellschaft Frauen auferlegt. Kein Neuland für Regisseur Ang Lee, der schon mit Filmen wie "The Wedding
Banquet" in ähnliche Richtungen ging. Diesmal allerdings erfüllt er sich einen Jugendtraum und schafft einen jener
typischen Wuxia-Filme (Fantasy-Schwertkampf-Filme), wie er sie in seiner Jugend verschlang. Griechische Trägodie vermischt mit
grandiosen Kampfszenen und einer tollen Story ist das Endprodukt, das sich wirklich sehen lassen kann.
Viele Fans des asiatischen Kinos konnten nicht verstehen, warum "Tiger and Dragon" so bejubelt wurde, denn alles,
was wir hier zu sehen bekommen, hat man schon in den 60ern und 70ern gesehen. Natürlich stimmt das, allerdings
stimmt diesmal einfach die Mischung aus Tragik und Action. Noch viel wichtiger ist jedoch, dass ein Wuxia-Film bis
dato noch nie so grandios und teuer produziert aussah. Die Kinematografie von Peter Pau ("Perhaps Love",
"The Promise")
verzaubert mit grandiosen Bildern. Dabei bekommen wir herrliche Bambuswälder als auch nebelverhangene
Berge und tödliche Wüsten zu sehen. Man hat keine Mühen gescheut, um die schönsten Landschaften Chinas in dem
Film zu verewigen.
Der Soundtrack von Tan Dun ist überdies genial und fängt sowohl die verträumte und ruhige Stimmung mit Cello-Solos
von Yo-Yo Ma als auch die Kampfszenen gekonnt ein.
Ang Lee war durchaus bewusst, dass er hier nicht das Genre neu erfindet. Es werden etliche genre-typische
Klischees abgedeckt, wie z.B. dass einer der Hauptcharaktere seinen Meister rächen muss, welcher natürlich durch Gift
getötet wurde, oder dass ein Schüler den falschen Weg einschlägt und schließlich auf der Gegenspielerseite landet.
Regisseur Lee spielt aber auch oft mit diesen Stereotypen und wirft dem mit Wuxia-Filmen vertrauten Fan immer mal
wieder ein Augenzwinkern zu, während er es gleichzeitig vollbringt, dem westlichen Publikum in sehr konzentrierter
Dosis das zu präsentieren, was dieses Genre ausmacht. Besonders stark sieht man das in der Tavernenszene, als
Jen Yu eine Schlägerei anzettelt. Natürlich erkennt sie dabei niemand als Frau, wie es für solche Werke
eben typisch ist.
Schön ist es dann eben auch, dass es einige humoristische Seitenhiebe auf das Genre gibt. So meint Li Mu Bai schließlich
nach einer Verfolgungsjagd über die Dächer der Stadt, die natürlich fliegend vollzogen wurde, dass nun genug geflogen
sei, und "Dunkle Wolke" beschwert sich tatsächlich sogar über den regen Luftverkehr über den Dächern...
Die Kämpfe sind einer jener Teilaspekte des Films, die sicherlich stark dazu beigetragen haben, dass er so
erfolgreich wurde. Yuen Woo-Ping, der für die Kampfchoreografie verantwortlich ist, braucht Kennern nun wirklich nicht
mehr vorgestellt zu werden. Der Westen hat ihn schließlich auch schon für die Choreografien in Filmen wie "Matrix"
entdeckt. In "Tiger and Dragon" sehen wir typisches Kung Fu, wobei viele Aspekte der inneren Kampfkünste wie Tai Chi
mit einfließen. Kein Wunder, geht es doch auch thematisch um die inneren Kräfte und das Wudang-Gebirge, wo
schließlich jene inneren Kampfkünste gelehrt werden.
Natürlich gibt es auch sehr viel Wire-Fu zu bestaunen, d.h. in Fantasy-Filmen wie diesen ist es den Charakteren
durch jahrelanges Kampfkunst-Training tatsächlich möglich zu fliegen. Schwerelos bekämpfen sich die Protagonisten,
und besonders Zhang Ziyi (eigentlich eine ausgebildetet Tänzerin und keine Kampfkünstlerin) sowie natürlich
Michelle Yeoh geben beeindruckende Kämpfe zum Besten. Der Kampf zwischen ihnen, bei dem Yu Shu Lien mit mehreren
Waffen gegen Jen Yu antreten muss, zählt für mich immer noch unter die 10 besten Kampfsequenzen, die ich bisher
gesehen habe.
Selbst Chow Yun-Fat gibt (auch dank einiger Tricks) eine ziemlich ordentliche Figur als übermächtiger Meister ab. Doch im
Grunde ist es der Rhythmus, den Choreograph Yuen in die Kämpfe einbringt, der diese so erinnerungswürdig macht.
Chow Yun-Fats Darstellung von Li Mu Bai ist leider etwas reserviert, genauso wie Michelle Yeohs, auch wenn sie später ein
wenig mehr aus sich herausgehen darf. Allerdings wird dies von der Geschichte auch so verlangt, so dass man ihnen
keinen Vorwurf machen kann. Vor allem Chow verkommt aber irgendwann leider zum Nebencharakter.
Eigentlicher Star des Films ist Zhang Ziyi, die hier nach "The Road Home" erst ihren zweiten Leinwandauftritt hat,
aber dennoch eine beeindruckende Darstellung des naiven und aufbrausenden Mädchens abgibt, das um ihre Freiheit
kämpft und nicht bereit ist, sich von der Gesellschaft ihr "Glück" aufzwingen zu lassen. Ihr zur Seite steht
Taiwans Star Chang Chen ("Silk") als weichherziger Räuber. Auch wenn der Einschub der Vorgeschichte zwischen den
beiden die Kontinuität des Films etwas auseinanderreißt, handelt es sich doch hier um einen der schönsten Parts des
Films, gerade was die Bilder der Wüste angeht.
Als Bösewicht, der ebenfalls mit einem gut ausgearbeiteten Charakter aufwartet, überzeugt außerdem Cheng Pei-pei,
Star etlicher Wuxia Streifen der 60er.
Bei dem Originaltitel des Films handelt es sich übrigens um ein sogenanntes "Chengyu", ein Sprichwort bestehend aus
vier Schriftzeichen, welches in diesem Fall so viel wie "verborgenes Talent" bedeutet. Ein Talent, das verborgen wird,
um andere damit überraschen zu können - und das gelingt Jen Ren dann auch. Ihre Fähigkeiten als Schwertkämpferin sind
außergewöhnlich, aber wenn ihr niemand die Richtung weist, ist sie dazu verdammt, damit Böses anzurichten. Als Frau
hat sie es allerdings schwer, denn sie muss sich in die Rolle einfügen, die sie in der Gesellschaft hat, so dass
es ihr eigentlich auch nicht möglich ist, in der Wudang Schule aufgenommen zu werden. Ang Lee legt viel Wert auf
diesen Aspekt der Geschichte, so dass die weiblichen Darsteller eindeutig im Fokus des Films stehen. Die Tragik kommt
demensprechend auch nicht zu kurz und der Film wartet schließlich auch mit einem tollen Ende auf.
Es gibt viele Gründe "Tiger and Dragon" zu sehen. Die Kämpfe, die Liebesgeschichte, die Musik, die Story selbst und
allen voran die wunderschönen Bilder der abwechslungsreichen Landschaften Chinas. Wenn Li Mu Bai mit Jen Yu auf den
Bambusbäumen balanciert, dann strahlt diese Szene den selben Frieden und die Ruhe aus, die wir auch zwischen Li und
Yu Shu Lien sehen, als sich diese zwischen den Zeilen gegenseitig ihre Liebe gestehen.
"Tiger and Dragon" ist ein auf Hochglanz poliertes Wuxia-Drama, an dem alles stimmt. Er wird vielen Neulingen eine
neue Welt präsentieren und Asien-Fans der frühen Stunden ein gelungenes Revival eines tollen Genres bieten.