Story: T-Man (Louis Koo) war früher Polizist, bis er entlassen wurde und eine Bar eröffnet hat. In jener Bar nimmt Yun (Tong Liya)
ein paar Gläser zu viel zu sich, sodass T-Man sie zu seiner Mutter zum Ausnüchtern bringt. Dort trifft sie auf T-Mans Halbbruder Chung (Shawn Yue),
der sehr überrascht von der Frau bei sich zuhause ist, aber schon bald Gefallen an ihr findet. Am nächsten Tag will Yun ihren Wagen holen, doch sie
findet ihre Schlüssel nicht. Ihr Wagen wird aber bereits beschattet und einige Gangster enführen die Frau vor Chungs Augen. Chung, ein ehemaliger Rennfahrer,
nimmt die Verfolgung auf und kann die Gangster in die Flucht schlagen. Yun gelingt es dabei zu fliehen. Sie meldet sich jedoch bald wieder und möchte ihren
Wagen haben. Ihre Fixiertheit auf ihren Wagen hat gute Gründe. Darin befindet sich nämlich ein Aktenkoffer mit Geld, den Yuns Freund, ein korrupter Anwalt
(Michael Tse), einem Gangsterboss ausgehändigt hat, bis Yun damit über alle Berge ist. Nicht nur die Gangster sind Yun jetzt auf den Fersen, sondern auch die
Polizei, die im eigentlichen Fall immer noch im Dunkeln tappt. T-Man und Chung müssen sich nun entscheiden, auf wessen Seite sie stehen...
Kritik: Die Begeisterung war groß, als bekannt wurde, dass Ringo Lam nach 12 Jahren, seine Beteiligung an
"Triangle" ausgenommen, endlich wieder auf dem Regiestuhl Platz nimmt. "Wild City" ist ein Hong Kong Thriller wie man ihn von
Lam erwartet, nur leider ist der Regisseur etwas außer Form, denn die Geschichte erweist sich als zu geradlinig und die Charaktere als nicht so
dreidimensional ausgestaltet, wie es nötig gewesen wäre, um die Beziehungen so komplex zu zeichnen, wie es Lam intendiert hatte. Nichtsdestotrotz bleibt
etwas gewollt Unpoliertes an "Wild City", das an HK-Thriller aus den 80ern und 90ern erinnert. Das hat auch heute noch seinen Charme und gibt dem Film mehr
Charakter als es die aufpolierten Actionstreifen von heute mit all ihrer Starpower von sich behaupten können.
Gleich vorweg muss aber betont werden, dass Ringo Lam ("Prison on Fire", "Full Alert")
"Wild City" doch mehr auf die Masse ausgerichtet hat, als man es von ihm erwartet hätte. Zum einen gibt es keine Überraschungen oder plötzlichen 180-Wendungen
und zum anderen bleibt in dem Film letzten Endes eines klares Bild von Gut und Böse. Eigenartig ist das schon, da Ringo Lam, der ebenfalls das Drehbuch
geschrieben hat, ganz klar interessante Motive in den Mittelpunkt seines Plots stellt. So geht es um den Wert des Menschen und wie er in einer kapitalistischen
Gesellschaft mit Geldscheinen aufgewertet wird. Schaut man genauer hin, wird man erkennen, dass es in dem Film eigentlich bei fast allem um irgendeine
Art des Tauschgeschäfts geht. Da ist es vorprogrammiert, dass sich das eine oder andere moralische Dilemma ergibt, oder?
Tja, nur leider sucht man das vergebens. T-Man tritt als Erzähler ab und an in den Vordergrund und philosophiert auf trockene und beinahe analytische Art,
wie schlecht die Welt doch ist. Und dabei zeigt er zuweilen Seiten an sich, die einen sich wundern lassen, ob T-Man eigentlich als eine tiefgründige
Persönlichkeit hätte ausgelegt sein können. Das ist nur nicht gelungen, da Regisseur Lam es vor allem in einer Hinsicht versäumt, dem Protagonisten der
Geschichte mehr Tiefe zu verleihen. T-Man handelt nämlich stets nach dem Gesetz, so sehr, dass er seinen Halbbruder fast wahnsinnig macht. Doch ab einem
bestimmten Punkt in der Geschichte fängt er an, leicht auf die dunkle Seite zu wechseln und auch mal einen der Bösewichte zu foltern. Am Ende versucht er
deshalb sogar buchstäblich das Blut von seinen Händen zu waschen. Hier hätte es tolle Gelegenheiten gegeben, den Individuen mehr Graustufen zu verleihen.
Und sind es nicht genau diese Graustufen, die wir an den alten Hong Kong Thrillern geliebt haben? Vielleicht musste sich Ringo Lam auch der chinesischen
Zensurbehörde beugen, schließlich will man ein möglichst großes Publikum erreichen, aber insgesamt ist das eine schlechte Entscheidung gewesen, denn die
Protagonisten bleiben eher flach. Louis Koo ("Z Storm", "Overheard 3") kann die kleinen Nuancen
seines Charakters nicht zur Geltung bringen, enttäuscht ansonsten aber nicht. Shawn Yue ("Helios",
"Love in the Buff") ist der Heißsporn in der Geschichte und sorgt zumindest für die nötige Energie auf dem Bildschirm.
Tong Liya spielt eine Frau, die die Geradlinigkeit des Drehbuchs besonders stark hervorhebt. Ihr mangelt es enorm an Farbe.
Dennoch sind es gerade die Beziehungen, welche die Stärke des Films darstellen. Diesen mangelt es zwar an Komplexität, aber "Wild City" zeichnet ein beeindruckendes Gewebe an Abhängigkeiten aus. Das ist es dann auch, was die Geschichte auszeichnet. Der Plot selbst verläuft sich oft leider etwas im Sand, sodass manchmal sogar das Tempo zum Erliegen kommt. Actionszenen wird man auch vergebens suchen, denn von ein paar Verfolgungsjagden, die gegen Ende sogar etwas repetitiv wirken, gibt es nur eine nette Explosion. Ringo Lam versucht mit seinem HK-Thriller tiefgründiger zu sein, als es ihm gut tut. Der forcierte Symbolismus am Ende ist nur einer der Beweise dafür. Letztlich sorgt das dafür, dass "Wild City" nicht der außergewöhnlich gute Thriller ist, den man sich erhofft hat. Doch er hat mehr Eigenheiten als die Konkurrenz, weshalb man fast schon eher geneigt ist, über die Mängel hinwegzusehen. Fast.