Story: Kim Byung-du (Jo In-seong) ist ein Gangster, der in der Nahrungskette noch ziemlich weit unten steht.
Immerhin hat er ein paar Jungs, die ihm direkt unterstellt sind, aber es sieht nicht gut für sie aus. Byung-dus direkter
Vorgesetzter Sang-chul (Yoon Jae-Moon) kümmert sich nicht wirklich um seine Jungs und behält die Einnahmen der
Geldeintreibungen größtenteils für sich selbst. Für Kim kann es so nicht weitergehen, da er sich nicht nur um seine
Jungs kümmern muss, sondern auch noch eine kranke Mutter, sowie eine Schwester und einen Bruder zu versorgen hat.
Als er mitbekommt, dass der Oberboss der Organisation, Hwang (Jeon Ho-jin), Probleme mit einem Anwalt hat, der ihm
dicht auf den Fersen ist, springt er ein und beseitigt das Problem.
Byung-du geht es fortan finanziell recht gut, er steigt in der Organisation weiter auf, aber nicht ohne sich nicht noch
weiter die Hände schmutzig zu machen. Zur Seite steht ihm dabei seine rechte Hand Jong-su (Jin Ku).
Darüberhinaus findet Byung-du endlich den Mut seine alte Schulfreundin Hyun-ju (Lee Bo-young) auf ein Date einzuladen.
Doch sie scheint nicht besonders begeistert davon zu sein, wie er sein Geld verdient. Ganz anders ist das mit seinem
Freund Min-ho (Nam Gung-Min), der sich von ihm Informationen aus erster Hand besorgt um einen Gangsterfilm zu drehen und
endlich als Regisseur Fuß fassen zu können.
Byung-du muss mit der Zeit herausfinden, dass in der Gangsterwelt niemand wirklich ein Gewinner sein kann, denn Verrat
lauert um jede Ecke...
Kritik: "A Dirty Carnival" ist Koreas nächster Schritt in die richtige Richtung, wenn es um mitnehmende,
unbarmherzige Gangsterfilme geht. Regisseur Yu Ha schafft hier, was Werken wie "Running Wild" oder
"Bloody Tie" teilweise oder eben vollkommen verwehrt geblieben ist. "A Dirty Carnival" fühlt sich wie knallhartes Hong Kong
Gangster-Kino mit einem Schuss Scorsese an. Stellenweise schafft es der Film mit seiner Überlänge, seinen genauestens
beleuchteten Charakteren und der Welt in der sie agieren, fast schon dokumentarähnliche Natur zu bekommen. Dazu
trägt auch der interessante Film-im-Film Nebenplot bei. Doch daneben kann der Film eben auch auf Unterhaltungsebene
überzeugen.
Eigentlich ist es ja die typische Geschichte des Aufstiegs und Falls eines Gangsters in einer Organisation, in der
es heißt "fressen oder gefressen werden". Dabei kann Regisseur Yu Ha aber ein ungemein scharf gezeichnetes Bild
der involvierten Personen zeichnen. Oftmals sind Koreas Filmemacher so verliebt in das Genre, dass sie ihre Protagonisten
immer als gutherzige Trottel oder dumme Witzbolde darstellen. Nicht jedoch hier. Yu, der sich mit Filmen wie
"Spirit of Jeet Kune Do" in der Filmbranche bereits einen Namen machen konnte, dabei aber bisher mehr auf Dramas
gesetzt hat, schafft hier einen Film der so schonungslos brutal und düster ist, wie es eben nur geht. Die Triadenorganisation
wird dabei zwar auch wieder mit einem gewissen Pathos beleuchtet, das aber auch nur damit die Message des Films besser
zur Geltung kommen kann. Die ist dann eben, dass es in der Welt der Gangster eben keine Gewinner geben kann und das
niemand für ewig in der Nahrungskette oben steht.
Wirklich neu ist das Thema nicht, schließlich dreht Hong Kong schon seit Jahren Filme über die "Schwarze Gesellschaft",
wobei der letzte Eintrag in das Genre Tos "Election" war. Es ist allerdings das erste Mal, dass Korea qualitativ an
diese Werke herankommt.
Byung-du ist unsere Bezugsperson, ein verarmter Kleinkrimineller, der es allerdings in die Organisation geschafft hat und
sich nun mit seinen 6 Jungs durch Geldeintreibungen über Wasser hält. Dabei geht es ihnen nicht gut, aber der Schein
ist alles und so laufen sie in teueren Anzügen und polierten Schuhen herum. In Gesprächen, wie jenen, in denen
Byung-du erklärt, dass sie wie eine Familie vom gleichen Tisch essen, wird das für das Genre typische "Bruderschafts"-
Motiv eingebracht. Aber schneller als üblich erkennen wir schon, dass das in dieser Welt nichts bedeutet. Hier
hält niemand irgendjemanden den Rücken frei, sondern im Gegenteil sollte man aufpassen, dass man nicht von seinem
eigenen Freund ein Messer in den Rücken bekommt. Dennoch schafft es der Film seine Charaktere dreidimensional zu
zeichnen, so dass man fast schon mit ihnen sympathisieren kann. Gerade Jeon Ho-jin als Oberboss fällt da ein, der
mit seinem Charme durchaus einen extrem weichen Boss darstellt, dem man aber trotzdem seine Macht anmerkt.
Da ich bisher immer besonders schlechte Worte über Darsteller Jo In-seong ("Madeleine",
"The Classic") verloren habe,
empfinde ich es als meine Pflicht, Jo diesmal ein besonderes Lob zukommen zu lassen. Es war eine gute Entscheidung von
ihm endlich einen Imagewechsel vorzunehmen, denn Jo passt wirklich erstaunlich gut in die Rolle. Er sieht zwar
vielleicht nicht wie ein harter Gangster aus, aber in den Szenen, in denen er mit rasendem Blick und fast schon
Wahnsinn in den Augen auf seine Gegner zustürmt ist das schnell vergessen. In den emotionalen Szenen hilft ihm sein
"softes" Aussehen sogar, denn hier wirkt er dann eben oftmals besonders menschlich. Gerade die Szene, in welcher er
seinem Freund Min-ho erklärt wie es sich anfühlt jemanden abzustechen wirkt sehr glaubwürdig und zeigt, dass Jo
tatsächlich eine gute Portion schauspielerisches Potential hat. Interessanterweise konnte er mich bisher in keinem
der Romantikfilme überzeugen, in denen er mitgespielt hat. Umso bezeichnender, dass die Liebesgeschichte
zwischen ihm und seiner alten Schulfreundin hier ebenfalls nie zünden will. Sie wirkt einfach zu leer und abgedroschen,
als dass sie uns wirklich interessieren könnte.
Dennoch zeigt uns die kleine Liebesgeschichte, dass Byung-du kein wirklich schlechter Mensch ist - jedenfalls nicht
immer. Gerade die Ambiguität seines Charakters ist so beeindruckend. Was er tut macht er nur um seine Familie zu
ernähren und wünscht sich seine Lebensweise z.B. nicht für seinen Bruder, wie sich schon in der Anfangsszene zeigt.
Trotzdem kann er sich bis zur Erschöpfung prügeln, morden und andere tyrannisieren. Gewissensbisse hat
er manchmal in der Tat, aber an anderen Stellen ist es wiederum erschreckend seine immer öfter durchscheinende dunkle
Seite sehen zu müssen. Byung-du ist ein Gangster und das ist nichts glorreiches oder schönes - da lässt uns Yu Ha
keine Zweifel.
Das Maß an Brutalität ist überwältigend. Die Kampfszenen sind alle sehr real und somit nicht schön anzusehen, sondern
einfach nur adrenalinhaltig und schonungslos. Baseballschläger werden anderen über den Kopf gezogen und Messer immer und
immer wieder in Körper gerammt. Gerade hier hat man öfters das Gefühl sich in einer Dokumentation zu befinden, denn so
real brutal kann eigentlich nur das richtige Leben sein. Man spürt förmlich die Messerstiche. Regisseur Yu schafft
gerade durch diese krasse Brutalität eine Intensität, die für den Film eben so essenziell ist.
"A Dirty Carnival" hat aber leider seine Längen. Außerdem ist das Ende durchaus vorhersehbar für jemanden, der sich mit
dem Genre auskennt, denn Karma spielt auch hier eine große Rolle. Ohne also nichts vorwegzunehmen kann man sagen, dass
es so kommt wie wir schon von Anfang an wissen, dass es kommen muss. Nichtsdestotrotz sind viele Szenen äußerst
bewegend und manche in ihrer Brutalität ziemlich verstörend.
Technisch ist der Film top, die Musikuntermalung trägt sehr zum Spannungsgehalt bei und einige Szenen sind in ihrer
Atmosphäre so dicht, dass man sich vor Anspannung in seinen Sitz gepresst fühlt. Die Film-im-Film Geschichte
zeigt uns außerdem, dass die meisten Regisseure in ihrer Begeisterung für das Genre vergessen, wie es in der Gangster-
Welt wirklich aussieht. Yu Ha jedoch nicht, denn er zeichnet eine düster-nihilistische Welt, in der man befürchten
muss von seinem besten Freund abgestochen zu werden.
Mit seiner Unbarmherzigkeit, "Realitätsnähe" und Brutalität ist "A Dirty Carnival" ein kleines koreanisches Juwel des
Genres, das sich meinen Respekt auf jeden Fall verdient hat.