Story: Kai (Jack Yao) muss seine Freundin verabschieden, die nach Paris fliegt. Als sie weg ist, hinterlässt er ihr immer wieder Nachrichten,
aber sie meldet sich nicht. Letztlich geht er sogar in einen Buchladen und lernt dort Französisch. Weil er jeden Tag dort ist, lernt er die Angestellte
Susie (Amber Kuo) kennen, die sich heimlich in ihn verliebt. Kai bekommt davon jedoch nichts mit und nachdem seine Freundin per Telefon mit ihm Schluss gemacht
hat, sucht er nach einer Möglichkeit, um nach Paris zu fliegen und die Sache mit seiner Freundin wieder in Ordnung zu bringen. Der Gangsterboss Bao
(Frankie Gao), ein Stammgast im Restaurant von Kais Eltern, ist bereit, ihm zu helfen. Dafür soll er jedoch ein Päckchen abholen und nach Paris
mitnehmen. Polizist Jiyong (Joseph Chang) beschattet aber bereits das Päckchen und wartet nur darauf, endlich jemanden festnehmen zu können. Sich all dessen
unbewusst, hält Kai schließlich ein Päckchen in den Händen, das ihn nicht nur zum Ziel der Polizei macht, sondern auch von Hong (Lawrence Ko), dem Neffen des
Gangsterbosses, der zusammen mit seiner kleinen Gang endlich in den Rängen aufsteigen will. Durch Zufall gerät dann nicht nur Kais Freund Gao (Paul Chiang),
sondern auch Susie in die Schusslinie der Gangster.
Kritik: Sich in "Au Revoir Taipei" zu verlieren, ist sehr einfach. Die neonbunten Kulissen verleihen der charmant vorgetragenen
Liebesgeschichte, die in eine kleine Gangstergeschichte um ein mysteriöses Päckchen eingebettet ist, die Form von Beschwingtheit und Wärme, die man bei den
meisten echten Romantikfilmen vermisst. Besonders auszeichnen kann sich der Film vor allem damit, dass er jeglichen Klischees entsagt. Und sicherlich ist es
auch kein Zufall, dass an einigen Stellen immer wieder eine Seifenoper im Fersehen gezeigt wird, bei der Gangsterboss Gao in einem dramatischen Moment schlicht
meint "Das kaufe ich denen nicht ab", während der Polizist, schön gespielt von Joseph Chang ("Wild City"), sogar unpassend anfängt
zu lachen. Ja, man kann Liebesgeschichten auch erzählen, ohne dabei unfreiwillig komisch zu werden. "Au Revoir Taipei" ist der Beweis dafür und dabei stellt der
Streifen auch ein Liebesgetändnis an die taiwanesische Hauptstadt dar.
In gewisser Weise handelt es sich hier aber auch um ein Ensemble-Stück. Wir bekommen die verschiedenen Charaktere vorgestellt und dann entfalten sich die
zum Teil abstrusen, aber immer gekonnt miteinander verwobenen Storyfäden. Dabei ist anzumerken, dass das Gewicht äußerst ausgewogen auf die verschiedenen
Geschichten aufgeteilt ist. Die Hauptgeschichte bekommt zwar die meiste Zeit, doch hat man nie das Gefühl, dass die Nebengeschichten diese auseinanderreißen.
Im Gegenteil, sie bereichern sie vielmehr, da in ihnen viele der Grundmotive wieder aufgegriffen oder gar gespiegelt werden. Beeindruckend ist dabei auch, wie
sehr mit dem Tempo gespielt wird. Oft glaubt man einen Spaziergang durch Taipei zu machen und dabei entspannt die taiwanesische Kultur aufnehmen zu können,
doch dann kann das Tempo auch mal anziehen. Es kommt also nie Langeweile auf. Selten ist ein Drehbuch so gut ausbalanciert.
Gleich zu Anfang, nachdem die verschiedenen Puzzleteile vor uns ausgebreitet wurden, ist allerdings sofort klar, in welche Richtung die Geschichte gehen soll
und in welcher Verbindung Kai zu den Gangstern stehen wird. Dennoch kann man nicht behaupten, dass der Rest vorhersehbar wäre. Tatsächlich gibt es neben
einigen Zufällen, die den leisen Humor des Films unterstreichen, auch ein paar schöne Überraschungen. Motor der Geschichte sind aber die Charaktere, von
denen selbst die weniger wichtigen genügend Persönlichkeit haben, dass sie den Film bunter machen. Selbst die Gang, deren Mitglieder in orangenen Anzügen
herumlaufen oder in einem violetten Wagen bei Elektro-Musik in die Kamera starren und dabei den einen oder anderen lustigen Dialog zum Besten geben, können in
Erinnerung bleiben. Die etwas eigenartigen Gestalten erwecken Taipei damit zu wunderbarem Leben.
Daneben ist es aber auch die Stadt selbst, die einen das Leben spüren lässt. Die diversen offenen Garküchen, die vielen Neonschilder, die Stundenhotels, all
das ruft eine Form von Fernweh hervor. Denn Taipei wird von seinen schönsten Seiten gezeigt. Die Kinematographie ist wirklich wunderschön gelungen und die
Bilder erinnern dabei in ihrem künstlerischem Anspruch sogar an Wong Kar-Wai oder Art-House Filme wie "Help Me Eros", wobei
gerade hinsichtlich der Farbgebung Ähnlichkeiten zu letzterem auffallen. Nur dass Regisseur Arvin Chen seine Farben noch etwas wärmer und weicher macht.
Dass Chen ein Künstler ist, wenn es um Bilder geht, hat wohl auch Wim Wenders veranlasst, den Film zu koproduzieren. Die unbeschwerte Art des
Genre-Mixes, der irgendwo zwischen Romanze, Komödie und Thriller wandelt, wird dabei aber nie aus den Augen verloren.
Der beschwingte Soundtrack von Hsu Wen steuert ebenso enorm viel zur leichtfüßigen Gangart des Streifens bei. Neben den tollen Schauplätzen vermag es vor allem das sorgfältig geschriebene Drehbuch immer die richtigen Knöpfe zu drücken. Während taiwanesische Regisseure wie Tsai Ming-liang in seinen Filmen "Help Me, Eros" oder "The Wayward Cloud" die Liebe und Einsamkeit in der Großstadt in äußerst pessimistischem Ton behandelt, gibt Arvin Chen das Leben von seiner hoffnungsvollen Seite wieder. Liebe steckt hier in fast jeder Geschichte, aber selbst als Hauptmotiv drängt es sich niemals in den Vordergrund, sondern räumt sowohl den Thriller-Elementen als auch den komödiantischen Aspekten genügend Raum ein. Der subtile Humor punktet immer dann, wenn man es am wenigsten erwartet und die Liebesgeschichte überzeugt am Ende so sehr, dass man ein warmes Gefühl bekommt, ohne sich für irgendwelchen Kitsch schämen zu müssen. Warum nicht immer so?