Story: Lynn (Chutimon Chuengcharoensukying) ist eine ausgezeichnete Schülerin und bekommt ein Stipendium, um auf eine angesehene Schule zu gehen. An der neuen Schule freundet sich Grace (Eisaya Hosuwan) schon bald mit ihr an. Grace ist keineswegs so klug wie Lynn und selbst die Nachhilfe ihrer neuen Freundin reicht nicht, um ihren Test zu bestehen. Also gibt ihr Lynn während der Prüfung die Lösungen. Graces Freund Pat (Teeradon Supapunpinyo) hört davon und möchte bei der nächsten Prüfung ebenfalls die Lösungen von ihr bekommen. Er will sie dafür auch bezahlen. Nachdem sich noch weitere Freunde Pats gefunden haben, die Lynn ebenfalls bezahlen wollen, denkt sich die Schülerin ein System aus, wie sie ihren Mitschülern die Lösungen während der Prüfung zukommen lassen kann. Da sie und ihr alleinerziehender Vater arm sind, sieht sie ihre Chance, endlich etwas in ihrem Leben zu verändern. Gleichzeitig konkurriert sie mit dem ebenfalls armen Schüler Bank (Chanon Santinatornkul) um ein Stipendium für ein eventuelles Studium im Ausland. Allerdings erwischt Bank seine Mitschülerin dabei, wie sie die Lösungen weitergibt und sie wird von dem Stipendium ausgeschlossen. Grace und Pat haben aber bereits die nächste Idee. Sie wollen die Lösungen für die internationale STIC-Prüfung, und Lynn kann dabei enorm viel Geld verdienen. Sie braucht dafür jedoch auch die Hilfe Banks...
Kritik: Es ist eine Weile her, dass ein Film aus Thailand mein Interesse wecken konnte. Abgesehen von dem einen oder anderen Art-House-Streifen oder
Actionfilmen wie "Chocolate" sowie diversen Tony Jaa-Filmen, gibt es nicht wirklich viel aus dem Land, was es rechtfertigen würde, Thailand cineastisch ernst zu nehmen. Das hat sich mit "Bad Genius" geändert. Die internationale Presse ist genauso begeistert von dem Film wie die heimische und der Grund dafür ist schnell ersichtlich. Es handelt sich hier um einen Gauner-Film, der allerdings keinen Bankraub oder Ähnliches im Zentrum stehen hat, sondern ein paar Schüler, die bei Prüfungen mogeln. Was eigentlich unglaublich langweilig ausfallen müsste, wird mit einem solchen Tempo und intelligent geschriebenem Drehbuch präsentiert, dass man meint, es ginge hier um Leben und Tod. Alleine dafür verdient Regisseur Nattawut Poonpiriya große Anerkennung. Weiterhin katapultiert er mit dem Thriller Thailand auf ein cineastisches Niveau, das man dem Land gar nicht mehr zugetraut hätte.
"Bad Genius" ist klar auf ein internationales Publikum ausgerichtet. Die polierten und keineswegs billig anmutenden Bilder sprechen für sich. Gleichzeitig werden aber die Probleme des Landes aufgegriffen. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft schlägt sich auch in der Korruption im Bildungswesen nieder, die von den Rektoren der Schule nicht mal mehr als solche wahrgenommen wird, so sehr ist sie gang und gäbe. Lynn ist ein Mädchen, das dank ihrer Intelligenz aus diesem Kreislauf ausbrechen könnte, aber sie wählt den schnelleren Weg und verkauft Prüfungsantworten. Das ist kein Kapitalverbrechen, doch macht es das schwierig, sich mit ihr zu identifizieren. Darüber hinaus hat sie auch keine wirkliche Motivation dafür, dieses große Risiko einzugehen. Vielmehr ist es die Gier, die sie immer mehr in eine Richtung treibt, welche sie korrumpiert. Das ist problematisch, da sie uns damit auf emotionaler Ebene entrückt wird. Aber es schafft auch eine ungewöhnliche Protagonistin.
Die einzige bemitleidenswerte Person ist Bank, da sie sich mit Fleiß und Anstrengung nach oben kämpfen will, dafür keine Freunde hat und in ärmsten Verhältnissen lebt. Hinsichtlich seiner Charaktere hält der Film aber ein paar Überraschungen bereit, denn diese unterlaufen Veränderungen, die durchaus glaubwürdig ausfallen. Auch die Nebencharaktere wie Grace und Pat sind keineswegs klischeehafte Bösewichte, die versuchen, Lynn auszunutzen. Diese Dreidimensionalität der Charaktere weiß zu überzeugen, nur bleibt eben Lynn zu lange unnahbar und rätselhaft. Da helfen auch nicht ein paar gelungene Szenen mit ihrem Vater. Das Drehbuch arbeitet aber, wie sich besonders zum Ende hin zeigt, stark mit seinen Charakteren und das macht den Film im Gesamten so effektiv, und nicht wie anzunehmen die adrenalingeladenen Szenen, in denen Klausurergebnisse weitergegeben werden.
Während Korea mit Filmen wie "The Thieves" und China mit "The Adventurers" das Gauner-Genre bedient hat, bei denen es sich um überdrehte Actionthriller handelt, die mit einem platten Drehbuch aufwarten, schaltet "Bad Genius" thematisch ein paar Gänge zurück und nimmt sich eines sehr weltlichen, eigentlich unspektakulären Themas an und webt darum einen sehr spannenden Thriller. Keine Frage, während des Finales geht bei objektiver Betrachtung einfach zu viel schief, um noch eine gewisse Glaubwürdigkeit zu bewahren, aber das gehört wohl auch einfach zum Genre dazu und wenn man überlegt, welche Konsequenzen es hätte, beim Schummeln erwischt zu werden, mag sich der eine oder andere Fragen, warum man jetzt genau am Bildschirm kleben muss. Aber die Konsequenzen sind für die Jugendlichen greifbar und würden ihnen tatsächlich ihre Zukunft verbauen. Manchmal ist weniger mehr und "Bad Genius" beweist das. Das Drehbuch ist gut geschrieben und bietet Wendungen sowie etliche spannende Momente, die in richtigen Stress ausarten können.
Die Themen Bildung, Korruption, Armut und alltägliche Probleme der Jugendlichen werden fantastisch in diesen Thriller integriert, einzig das Ende ist ein zweischneidiges Schwert. Eigentlich spricht nichts gegen das Ende des Films. Es ist effektiv, lässt zumindest einen der Charaktere menschlich wachsen, gleichzeitig vermisst man aber aus genau diesem Grund etwas mehr Mut. Es wirkt so, als hätte der Regisseur sich gar nicht erlauben können, ein anderes Ende zu präsentieren. Das ist schade, bleibt aber der einzige ernstzunehmende Kritikpunkt, von einer etwas zu langen Laufzeit von 130 Minuten einmal abgesehen. Mit seinem internationalen Flair und dem hohen Spannungsgehalt kann dieser Gaunerstreifen nur jedem empfohlen werden und bringt Thailand wieder auf die Bühne der Länder, die in der Lage sind, jenseits von Nischen-Filmfestivals gute Filme auf die Leinwand zu bringen. Hochgradig spannend und unterhaltsam!