Story: Anfang der 60er Jahre kommt Ho (Donnie Yen) mit seinen Freunden nach Hong Kong, um dort ein besseres Leben zu führen. Er macht
bei einer Massenprügelei für den Gangster Chubby (Ben Ng) mit, weil er dafür bezahlt wird. Dort fällt er dem korrupten Polizisten Lee Rock (Andy Lau) auf,
der ihn unter seine Fittiche nimmt. Gleichzeitig macht sich Ho aber den britischen Polizei-Einsatzleiter Hunt (Bryan Larkin) zum Feind. Trotz Rocks Warnung
sich nicht mit den Triaden einzulassen, muss Ho zustimmen, für Chubby zu arbeiten, um einen seiner Freunde aus einer misslichen Lage zu retten. Fortan
verkauft Ho Drogen und steigt immer weiter auf. Rock unterstützt Ho schließlich und zusammen machen sie ein Vermögen. Als es eines Tages zu einer
Konfrontation zwischen Rock und einigen Gangstern kommt, rettet Ho dem Polizisten das Leben. Dabei wird das Knie des Gangsters zertrümmert. Neben dem
Schicksalsschlag, dass Ho seine Frau und sein Kind verloren hat, ist das der ausschlaggebende Grund, dass sich Ho nur noch auf seinen Aufstieg in der
Gangsterwelt konzentriert. Doch seine Konkurrenz zu den anderen Bossen und die britische Polizei angeführt von Hunt machen nicht nur ihm, sondern auch
seinen Freunden das Leben schwer.
Kritik: Die Kritiken für "Chasing the Dragon" sahen äußerst positiv aus und so war ich gespannt, welche Art von Film mich mit Donnie Yen in der
Hauptrolle erwarten würde, in der er nicht seinen eingesprungenen Dreier-Kick zum Besten gibt. Ja, Yen verkörpert hier keinen Kampfkünstler, sondern einen
Drogenbaron. Und das auf recht beeindruckende Weise. Darstellerisch ist dies zweifellos eine von Yens besten Leistungen. Aber davon abgesehen, beeindruckt
der Film mit einer außergewöhnlich guten Kameraarbeit, schönen Sets und sauber über den Film verteilter Action. Zweifel waren aber durchaus berechtigt, da neben
Jason Kwan auch Wong Jing für die Regie verantwortlich war. Wong steht nicht unbedingt für Qualität, um es mal freundlich zu formulieren, aber gerade Ende der
80er und Anfang der 90er konnte er doch einige trashige, aber gute Filme auf die Beine stellen.
Es gibt Gründe, warum jeder auf Wong Jing herumschlägt, aber zumindest sein "The Last Tycoon" war ein überraschend guter Streifen.
Und Jason Kwan ist als Kameramann für den polierten Look zahlreicher neuer Hong Kong Streifen wie "Cold War 2" verantwortlich. Diese
Erfahrung ist an jeder Ecke in "Chasing the Dragon" zu sehen. Speziell die Kamerafahrten durch Kowloon sind beeindruckend und geben der Geschichte mit dem groovigen
Soundtrack genau die Dynamik und Atmosphäre, die man sich in einem Hong Kong der 60er Jahre vorstellen würde. In beispielsweise "Dealer
Healer" hat das nicht so gut funktioniert. Auch die Sets, Frisuren und Kostüme katapultieren uns in jene Zeit. Da ist es besonders verwunderlich, dass Andy Lau
augenscheinlich darauf bestanden hat, seinen modernen Side-Cut beizubehalten. So wirkt er modisch irdendwie fehl am Platz.
Dabei nimmt Lau ("Shock Wave") sogar seine Rolle als Lee Rock in dem gleichnamigen Film von 1991 wieder auf! Irritierend ist jedoch,
dass sowohl Lee Rock als auch Ho in dem Film keineswegs als die Bösewichte zu sehen sind, die man erwarten würde. Vielmehr wirken beide sehr sympathisch und halten
speziell die Tradition der Bruderschaft hoch. Denkt man genau darüber nach, müssten die Charaktere viel mehr dunkle Seiten haben, aber auch wenn diese angedeutet
sein mögen, werden sie im Film immer wieder in den Hintergrund gedrängt. Hier fehlt dem Streifen der Mut düsterer Hong Kong Streifen, in denen man dem Zuschauer
zutraut, auch mit moralisch ambivalenten Charaktere zurechtzukommen. Gleichzeitig bedeutet das natürlich auch, dass es den Individuen etwas an Tiefe und
Dreidimensionalität mangelt. Dies betrifft auch die "Brüder" Hos, die leider allzu oft unnötig aus dem Fokus gedrängt und nur dann hervorgeholt werden, wenn es
die Melodramatik erfordert.
Weiterhin sorgt die auf ein möglichst breites Publikum zugeschnittene Herangehensweise an die auf realen Charakteren beruhende Geschichte, dass alles wesentlich
bunter aussieht, als man erwarten würde. Selbstverständlich gibt es ein paar düstere Szenen, aber speziell hinsichtlich dieser und der Gewalt hätte man mehr
erwarten dürfen. Auffällig ist auch der starke Fokus auf den Briten als eigentliche Böse. Es scheint, als hätte man die Geschichte hier für Festland-China etwas
angepasst, um das gesteigerte Nationalgefühl des einstigen "Kranken Asiaten" anzusprechen. Sicherlich war die Anwesenheit der Briten als Kolonialmacht ein großes
Problem für die Chinesen jener Zeit, aber das Hauptaugenmerk liegt zu stark auf diesem Aspekt, wie alleine das Finale beweist, und hätte gleichmäßiger auf den
Beweggründen der Protagonisten liegen müssen. Denn die Individuen scheinen interessant, aber ihr Potential wird nicht ausgeschöpft.
Donnie Yen ("Ip Man 3") hat sich aber richtig in die Rolle des humpelnden Drogenbarons hineingelebt und kann auch einige der dramatischen Momente gut tragen. Allerdings fällt auf, dass uns das unvermeintliche Ableben einiger Charaktere nicht so nahegehen kann, wie es dem Drehbuch wohl lieb gewesen wäre. Das zeigt einmal mehr, dass mehr Charakterarbeit nötig gewesen wäre. Bei einer Laufzeit von 128 Minuten hätte das auch möglich sein müssen. Stattdesssen konzentriert sich Wong Jing oft auf die Action, wie gesagt ohne Kampfkunsteinlagen, und diese können sich sehen lassen. Schlussendlich bekommt man also einen ordentlich produzierten Actionstreifen mit schönen Bildern und toller Kameraarbeit, der aber leider oft das nötige Maß an dunkler Hong Kong Atmosphäre vermissen lässt. Schade ist auch, dass sich diese moderne Adaption der Geschichte zu sehr an der Oberfläche der Figuren bewegt.