Story: Dr. Cheon (Gang Dong-won) ist ein Schamane, der mit seinem Angestellten In-bae (Lee Dong-hwi) Geister und Dämonen austreibt. Genau genommen ist er ein Betrüger, der mit Taschenspielertricks sowie In-baes Spezialeffekten und Pyrotechnik seine Kunden von ihren Problemen heilt. Denn Cheon sieht sich selbst nicht als Betrüger, sondern als Arzt, der sich auf unkonventionelle Weise um die psychischen Probleme seiner Klienten kümmert. Eines Tages kommt die junge Frau Yoo-gyeong (Esom) in Dr. Cheons Büro und bietet eine gute Stange Geld dafür, dass er ihre Schwester von einem Dämon befreit, der von ihr Besitz ergriffen hat. In dem kleinen Ort angekommen, in dem Yoo-gyeong wohnt, scheint alles etwas eigenartig, da unter anderem ein dichter Nebel über den Straßen liegt. Dr. Cheon will gerade mit dem "Exorzieren" beginnen, da wird ihm augenblicklich klar, dass er es mit einem echten Geist zu tun hat. Dr. Cheons Vater war ein berühmter Schamane und Cheon selbst hat dessen zerbrochenes Schwert geerbt, mit dem man Geister bannen kann. Dank Yoo-gyeong, die Geister sehen kann, und Cheons Schwert, kann die Schwester gerettet werden. Doch in dem Ort lauert noch weitaus größere Gefahr. Der Zauberer Beom-cheon (Huh Joon-ho) will nämlich an Yoo-gyeongs besondere Augen, um seine Freiheit zu erlangen. Dr. Cheons Vater hat ihn vor vielen Jahren an den kleinen Ort gefesselt und dabei Cheons Familie getötet. Dr. Cheon steht daher nun der größten Herausforderung seines Lebens gegenüber, gleichzeitig hat er endlich die Chance, sich für den Tod seiner Familie zu rächen.
Review: Auch wenn der Titel des Films und sicherlich nicht zuletzt der Plot eher an einen Samstagnachmittagstreifen im Fernsehen erinnern, wurde diese Action-Komödie doch weithin als ziemlich unterhaltsam gepriesen. Und nach der humorvollen Einleitung kann man das auch sicherlich nachvollziehen. Das Problem ist leider, dass im weiteren Verlauf der Geschichte der Humor in den Hintergrund rückt und die Action bzw. das Voranbringen der Geschichte im Fokus steht. Letztere ist aber, freundlich ausgedrückt, recht umständlich erzählt und bietet nicht wirklich irgendetwas Außergewöhnliches. Darüber hinaus hätte aus dem Ganzen eine nette Abenteuergeschichte werden können, wenn man sich nicht so ernst genommen hätte. So wirken besonders die Charaktere und ihre Handlungen sehr klischeehaft. Das Charisma, das diese noch zu Beginn versprüht haben, ist schnell gänzlich verschwunden, stattdessen versucht man sich sogar an ein wenig Horror - doch der Genremix geht einfach nicht auf. Vielleicht konnte der spezielle Ton des Films auch schlicht bei mir keinen Anklang finden. Aber auch ganz nüchtern betrachtet, wirkt die Geschichte ziemlich billig.
Bezeichnend ist eine Szene, in welcher der böse Zauberer seine Seele in unterschiedliche Dorfbewohner fahren lässt und Dr. Cheon durch die Ortschaft jagt. Das hätte ziemlich spannend werden können, wirkt aber einfach nur repititiv. Dann gibt es da noch die Handlanger des Zauberers, die augenscheinlich äußerst unfähig sind und ihrem Meister treu bleiben, auch wenn ihnen bei einem Fehler Finger abgetrennt werden. Achja, Finger benötigt der Zauberer, um in den Körper anderer zu fahren. Man sollte hier nicht zu viel nachdenken. Das betrifft auch die Stärke der Menschen, von denen der Zauberer Besitz ergriffen hat. Diese können nämlich plötzlich ganze Autos am Wegfahren hindern, indem sie diese festhalten, oder Dr. Cheon meterweit werfen - dem natürlich trotzdem nicht ernsthaft etwas passiert. Dann gibt es da aber auch noch eine eigenartig in die Länge gezogene "Seance" mit einer göttlichen Jungfer, die unseren Helden den Weg weisen soll. Dabei wirkt einiges von dem Geplänkel entweder improvisiert oder einfach schlecht geschrieben. Spätestens an diesem Punkt wird einem auch klar, dass die einzelnen Storyelemente sehr lose miteinander verknüpft sind, obwohl es eigentich einen roten Faden gibt.
Letztlich wird selbstverständlich auch die Geschichte um Cheons Vater in den Mix geworfen, auch wenn da nichts Tolles bei rumkommt, und Yoo-gyeong und ihre besonderen Augen sind ebenfalls nur ein Puzzleteil, ohne dass das Mädchen echten Charakter bekommen würde. Esom ("Kill Boksoon") kann aus ihrer Rolle nichts herausholen und gleiches gilt für Gang Dong-won ("Broker"), bei dem das besonders schade ist, denn zu Beginn zeigt sich, dass er durchaus eine gewisse Idee hatte, in welche Richtung sein Charakter gehen soll. Und das Geplänkel mit seinem Angestellten gibt uns einen Blick darauf, wie viel spaßiger der Streifen hätte werden können, wenn man mehr am Humor festgehalten hätte. Die Horrorelemente und die Action verleihen dem Film schließlich bestenfalls B-Movie-Charakter. Das wird im Finale noch auf die Spitze getrieben, in dem sich der Zauberer tatsächlich in einem Schwertkampf gegen Dr. Cheon stellt. Logisch. Genauso wie es dem Bösewicht an der Gerissenheit mangelt, die man von ihm erwarten würde, mangelt es dem Film als Gesamtes an einer Story, bei der man sich nicht hinsichtlich der eigenen Intelligenz beleidigt fühlt.
Damit soll nicht gesagt sein, dass ein Film unbedingt die grauen Gehirnzellen herausfordern muss. Aber selbst stupide Action kann Regisseur Kim Seong-sik nicht. Warum der Film an einigen Stellen auch eher nach einem B-Movie wirkt - vielleicht waren einige der experimentellen Kameraeinstellungen auch gewollt -, erschließt sich mir nicht. Schließlich war Kim zuvor Assistant Director bei Meistern ihres Fachs wie Park Chan-wook und seinem Film "Decision to Leave" oder Bong Joon-ho und seinem "Parasite". Zum Glück wusste ich das vorher nicht, sonst wäre ich wohl noch enttäuschter von "Dr. Cheon and the Lost Talisman" gewesen. Was ich aber dennoch sofort vermisst habe, ist das unbeschwerte Abenteuergefühl, das einem anfangs versprochen wird. Stattdessen wird der Schamanismus immer mal wieder von seiner übernatürlich-gruseligen Seite gezeigt, nur um uns dann Talismane und Zauber mitsamt Spezialeffekten zu präsentieren, die zwar schön anzusehen sind, aber besser in die Beschwörung eines Eikons/Espers aus "Final Fantasy" gepasst hätten.
Es sollte also klar geworden sein, dass sich mir bei den Entscheidungen des Regisseur unzählige Fragezeichen aufgetan haben. Es wird einfach nicht deutlich, welche Linie der Film fahren will, und dass der Humor zugunsten schlechter Action und bunter Spezialeffekte aufgegeben wurde, ist hier wohl die dümmste Entscheidung gewesen. Ebenfalls nicht für den Film spricht der Fakt, dass er nicht enden zu wollen scheint, und das bei einer Laufzeit von gerade mal etwas über neunzig Minuten. Die unzusammenhängenden Orte, an welche die Protagonisten wandern, geben dem Film zudem etwas Zerstückeltes, sodass die einzelnen Teile genauso wenig zusammenpassen wie der unterschiedliche Stil, der zwischen Humor, Action, Abenteuer und Horror oszilliert. Ich vermute, dass der Film hauptsächlich wegen Gang Dong-won bei anderen Kritikern nicht so schlecht abgeschnitten hat, aber das kann nicht der einzige Grund sein und so muss ich mich fragen, ob mir irgendetwas Essenzielles an "Dr. Cheon and the Lost Talisman" entgangen ist. Mein Fazit lautet jedenfalls: Einzelne Teile mögen kurzzeitig unterhalten, aber als ganzer Film betrachtet, sollte man einen Bogen um diesen Genre-Mix machen.