Story: Jin-seok (Kang Ha-neul), sein Vater (Moon Sung-keun), seine Mutter (Na Young-hee) und sein Bruder Yoo-seok (Kim Moo-yeol) ziehen in ein
neues Haus ein. Er bereitet sich auf eine wichtige Prüfung zum Studieneintritt vor und teilt sich ein Zimmer mit seinem Bruder, der ihm als großes Vorbild dient.
In dem neuen Haus gibt es allerdings ein Zimmer, in dem der Vormieter noch einige Gegenstände aufbewahrt und in das daher niemand gehen darf. Jin-seok hört jedoch
immer wieder Geräusche aus dem Zimmer und hat auch Albträume. Eines Tages wird er dann Zeuge, wie sein Bruder entführt wird. Die Untersuchungen der Polizei
verlaufen sich im Sande, aber neunzehn Tage später taucht Yoo-seok wieder auf und kann sich an nichts erinnern, was während seiner Entführung passiert ist. In
der Nacht bemerkt Jin-seok dann, wie sein Bruder das Haus verlässt. Er folgt ihm und sieht, wie sich dieser mit einigen Gangstern trifft, die ihm
wohl sehr vertraut sind. Jin-seok ist sich nun sicher, dass irgendwas nicht stimmt. Sein Bruder wurde mit einem Doppelgänger ausgetauscht. Als er diesen damit
konfrontiert, gibt sich dieser unwissend und fragt ihn, ob er auch regelmäßig seine Medikamente genommen hat. Tatsächlich hat Jin-seok zuvor vergessen seine Pille
einzunehmen und so muss er sich fragen, was Realität und was Einbildung ist...
Kritik: "Forgotten" ist ein Mystery-Thriller, der sich durch verschiedene Genres schlängelt und dabei vielleicht nicht immer hundertpozentig
erfolgreich ist, mit seinen diversen Wendungen aber eine Menge Spaß und Rätselraten bietet. Genau genommen ist sich der Film seiner Stärken bewusst und
verlässt sich daher sogar etwas zu sehr auf seinen puzzleartigen Aufbau, was dafür sorgt, dass der Film als Gesamtes nicht wirklich einheitlich wirkt. Aber das
ist verschmerzbar, weil man stets an den Bildschirm gefesselt wird. Die Wendungen sind dabei so zahlreich, dass man, selbst als man glaubt, das eine oder andere
Geheimnis selbst gelüftet zu haben, plötzlich vor einer Handvoll weiterer Fragen und Auflösungen steht. Kann man sich darauf einlassen, und das bedeutet eben auch
akzeptieren, dass die Verstrickheit des Plots dafür unweigerlich etwas unglaubwürdig wirkt, hat man hier einen sehr schönen Thriller vor sich.
Gleich zu Beginn erweckt der Film mit seinem eigenartigen Haus und diversen Schreckmomenten Erinnerungen an "A Tale of Two
Sisters". Das verschlossene Zimmer, das niemand betreten darf, aus dem aber immer wieder Geräusche zu hören sind, liefert einiges an Material für Träume,
aus denen Jin-seok aufschreckt. Wie sehr sich "Forgotten" anfangs an den Konventionen eines Horrorfilms orientiert, ist schon eigenartig. Aber auch wenn später
alles eher in Richtung eines Thrillers geht, bleibt der Geschichte doch das Düstere und Rätselhafte erhalten. Besonders spannend ist es auch, zu raten, ob Jin-seoks
Bruder nun wirklich ein Doppelleben führt, gar ausgetauscht wurde oder ob der Protagonist einfach Probleme mit seiner Medikation hat und halluziniert. Aber dann
stellt sich wiederum die Frage, warum er überhaupt Medikamente nimmt. Welche Ereignisse in der Vergangenheit waren so traumatisch?
Sobald das erste Rätsel gelöst ist, schälen sich aber langsam immer mehr Ebenen von der Geschichte ab. Regisseur Jang Hang-jun ("Spring Breeze") zelebriert dabei
möglicherweise das Verschachtelte seiner Geschichte etwas zu sehr, aber es ist verständlich, warum. Obwohl die Geschichte komplex ist und immer wieder Hinweise
geliefert werden, die man oft erst im Nachhinein versteht, bleibt es leicht, den Geschehnissen zu folgen. So etwas ist sehr selten der Fall. Darauf darf man auch etwas
stolz sein. Unweigerlich muss es aber den einen oder anderen Logikfehler geben. Der Grund für alle Geschehnisse ist nämlich etwas an den Haaren herbeigezogen, da
man ihn uns als etwas verkaufen will, was nicht wirklich nachvollziehbar ist. Ja, es ist schwierig, über "Forgotten" zu schreiben, ohne dabei zu viel zu verraten.
Da aber speziell in den Wendungen und Überraschungen der Reiz dieses Thrillers steckt, muss man sich an dieser Stelle mit wager Kritik zufriedengeben.
Das Haus ist wie gesagt als Set sehr gelungen und gibt den düsteren Ton und die dichte Atmosphäre des restlichen Films vor. Letztere kann vielleicht nicht ganz
gehalten werden, weil "Forgotten" dann mehr seinen Thriller-Kern exploriert und letztlich natürlich auch etwas Drama mit hineinbringt. Hier gibt es auch wieder
ein wenig Kritik an der koreanischen Gesellschaft, weil die Hauptgeschehnisse eigentlich durch die Asienkrise 1997 ausgelöst werden. Sehr interessant. Daneben hat der
Film auch Elemente eines Gangster-Thrillers. Es wäre gelogen, würde man sagen, dass dies alles perfekt zusammenpasst, denn Nahtstellen bzw. einzelne Kapitel sind
deutlich erkennbar. Kang Ha-neul ("Midnight Runners") und Kim Moo-yeol ("A Muse") können aber ein
durch den Film gehendes Band darstellen und ihre Beziehung zueinander ändert sich stets, was ebenfalls eines der spannenden Elemente des Streifens darstellt.
Besonders Kim Moo-yeol ist oft gar nicht wiederzuerkennen und liefert eine tolle Darstellung ab. Auch Kang Ha-neul trägt den Film gekonnt und kann trotz der schwachen Fokussierung auf die Charaktere seiner Rolle etwas Dreidimensionales geben. Das letzte Drittel des Films ist dann ein Marathon von Wendungen und auch wenn der Regisseur dabei wie gesagt etwas über die Stränge schlägt, macht es Spaß. Das letzte Bild als Rückblende hätte bei mir normalerweise ein Augenrollen hervorgerufen, doch scheint es sich hier eher um ein Wunschbild zu handeln. Es sind solche Kleinigkeiten, die diesen Mystery-Thriller aus der Masse ähnlicher Werke herausstechen lassen. Als Netflix-Produktion ist "Forgotten" zudem auch für ein internationales Publikum geeignet. Fans von Thrillern mit einem düsteren und tragischen Ton sind hier auf jeden Fall bestens aufgehoben.