Story: Es ist das Jahr 1986 in einem abgelegenen Dorf der Provinz Gyeongsang. Das Dorf verfügt über keine Straßen raus oder rein und auch eine Zugstation gibt es nicht. Lediglich Gleise, die durch das Dorf führen. Wenn die Bewohner aus dem Dorf raus wollen, müssen sie auf den Gleisen entlanglaufen. Das ist besonders an den Stellen gefährlich, an denen sie durch einen Tunnel müssen. Schon oft sind Dorfbewohner von einem der Züge erfasst worden. Jung Joon-kyeong (Park Jeong-min) schreibt deshalb schon seit seiner Kindheit Briefe an den Präsidenten, damit das Dorf endlich eine Station bekommt. Mittlerweile geht er in die zwölfte Klasse und muss dafür jeden Tag einen langen Weg raus aus dem Dorf auf sich nehmen. An seiner neuen Schule findet nicht nur sein Mathe-Lehrer schnell heraus, dass Joon-kyeong ein Mathe-Genie ist. Auch seine Mitschülerin Ra-hee (Yoona) erkennt das schnell und interessiert sich für den Jungen. Joon-kyeong wird deshalb oft von seiner Schwester Bo-keyong (Lee Soo-kyung) aufgezogen. Er und seine Schwester verstehen sich hervorragend, doch zu seinem Vater (Lee Sung-min) geht der Junge stets auf Distanz. Auch der Vater, ein Zugführer, unternimmt nichts, um das Verhältnis zu seinem Sohn zu verbessern. Es scheint eine Narbe aus der Vergangenheit zu geben, die nie geheilt ist. Schon bald muss sich Joon-kyeong aber entscheiden, ob er seinem Dorf für immer den Rücken kehrt, denn mit seinem Talent könnte er ohne Weiteres in Seoul studieren. Doch seine Schwester möchte er nicht zurücklassen...
Kritik: Der Film basiert auf einer wahren Geschichte bzw. dem wahren Kampf der Bevölkerung eines entlegenen Dorfs eine Bahnstation zu errichten. Aber das Drama hat keineswegs eine politische Farbe, wie man bei dem Titel vermuten könnte. Tatsächlich geht es um einen jungen Mann, der fast von einem Zug erfasst worden ist und alles daran setzt, dass die Dorfbewohner nicht mehr unter Lebensgefahr über die Schienen als einzigen Weg laufen müssen. Joon-kyeong ist ein eigenartiger Junge, dem eigentlich dank seiner Begabung für Mathematik alle Türen offenstehen und dennoch kann er sich nicht von seinen Wurzeln trennen. Dafür gibt es einen bestimmten Grund, den wir später erfahren und der dann auch keinen Zweifel daran lässt, dass es sich bei dem Streifen um ein waschechtes Drama handelt. Allerdings von der Sorte, die mehr Sonnenschein als Regen bietet. Das schlägt sich auch in den schönen Bildern nieder, die eine gewisse Dorfromantik aufkommen lassen.
"Miracles" schafft es mit seinem 80er Jahre Setting in einem abgelegenen Dorf ein wenig 2000er-Gefühl zu kreieren, so eigenartig sich das auch anhören mag. Man fühlt sich an Filme wie "Once in a Summer" erinnert, obwohl jener Streifen um einiges politischer und von seiner Natur her romantischer war, und darüber hinaus auch noch Ende der 60er spielte. Früher hatten koreanische Dramen aber einfach noch einen anderen Stil. Nostalgisch, ohne dass einem die Nostalgie direkt aufs Auge gedrückt wird. In "Miracle: Letters to the President" will man gar nichts schönfärben und es geht schließlich genau darum, dass an die Dörfer kaum gedacht wird, besonders wenn bald die Olympischen Spiele ausgerichtet werden. Doch die Natur, die Farben und die verschiedenen Jahreszeiten, die sich im Hintergrund entfalten, verzaubern und lassen die Geschichte überhaupt erst funktionieren. Denn bei genauerer Betrachtung gibt es eigentlich einige ziemlich klischeehafte Elemente.
Nach ca. 45 Minuten bekommen wir eine Wende bzw. Auflösung, die uns über den Grund aufklärt, warum Joon-kyeong in dem Dorf bleiben will. Diese ist recht kitschig und auch mit übernatürlichen Elementen muss man zurechtkommen können. Immerhin lässt einen der Film keine andere Wahl, als die Ereignisse zu schlucken oder eben nicht mehr weiterzuschauen. Dank der verträumten Atmosphäre ist man aber ohne Weiteres bereit, dieses Übernatürliche als Teil der Welt zu betrachten. Weniger einfach zu akzeptieren ist dagegen die Entwicklung der Geschichte, die zum Ende hin einige Ereignisse zusammenkommen lässt, welche wenig glaubwürdig sind und alles rund abschließen sollen. Natürlich wird dann auch auf die Tränendrüse gedrückt und jener Moment ist schon über eine Stunde im Voraus zu erkennen, sodass man fast schon froh ist, dass es nicht ganz so kitschig wird, wie erwartet.
Bei den Schauspielern kann man aber nur wenig Negatives sagen. Auch wenn das Dorf-Setting der eigentliche Star des Films bleibt, können sie die Geschichte mit Leichtigkeit tragen. Die Chemie zwischen Park Jung-min ("Deliver Us From Evil") und Lee Soo-kyung ("The Odd Family") als Schwester ist besonders gut gelungen. Joon-kyeong hat sein Zuhause bei seiner Schwester, aber seine selbsterklärte Muse Ra-hee, porträtiert von Yoona ("Exit"), zeigt ihm neue Möglichkeiten in der Welt. Eine kleine Romanze ist auch implementiert, aber sowohl Park Jung-min als auch Yoona sind einfach viel zu alt, um als Oberschüler durchgehen zu können. Das kann zuweilen irritieren. Schon zu Beginn kommt überdies immer wieder die Frage auf, warum das Verhältnis zum Vater so schlecht ist. Einige Dämonen aus der Vergangenheit scheinen nicht aus dem Weg geräumt worden zu sein und zehren immer noch an Vater und Sohn.
Der Vater wird von Lee Sung-min ("The Beast") gespielt, dessen Aufgabe es ist, das Drama zum Ende hin in Gang zu bringen. Immer wieder werden wir im Laufe der Geschichte auch in die Vergangenheit geworfen, damit wir besser verstehen, wie sich die Verhältnisse zwischen den Personen in der Gegenwart erklären lassen. Typisch für koreanische Dramen, die nicht nur darauf aus sind, Tränen zu produzieren, ist, dass anfangs zunächst einiges an gut funktionierendem Humor zu finden ist, zum Ende hin alles aber etwas tragischer wird. Wie gesagt können aber gerade die tollen, warmen Bilder des Dorfs ein Gefühl der Behaglichkeit hervorrufen, sodass es niemals zu viel der Tragik wird. Wir wissen, dass der Held der Geschichte sein Potential nur erfüllen kann, wenn er seine Heimat verlässt, aber eigentlich wünschen wir ihm das gar nicht, so entschleunigt und angenehm ist das Leben im Dorf. Schlussendlich ist "Miracle" daher ein gutes Drama, das einen nicht runterzieht und mit einem schönen Schauplatz punkten kann.