Story: Cheung Sung-bong (Donnie Yen) ist ein extrem rechtschaffener Polizist, der sich immer wieder Ärger einhandelt, weil er sich nicht bestechen lässt. Aus diesem Grund ist er mit seinem Team auch nicht bei einem Einsatz, auf dem ein Drogendeal verhindert werden soll. Die beiden involvierten Gangs werden allerdings von Yau Kong-ngo (Nicholas Tse) und seinen Männern ausgeschaltet und sie nehmen die Drogen und das Geld an sich. Die eintreffende Polizei schalten sie ebenfalls aus. Yau und sein Team waren vor vier Jahren Polizisten und sollten im Namen ihres Vorgesetzten um jeden Preis den Aufenthaltsort eines entführten Millionärs ausfindig machen. Als der Informant jedoch bei der "Befragung" stirbt, nicht ohne zuvor die gewünschte Information preisgegeben zu haben, landen Yau und seine Männer vor Gericht. Ihr Vorgesetzter hält ihnen nicht wie versprochen den Rücken frei und auch Cheung, der eine gute Beziehung zu Yau pflegte, sagt aus, dass er gesehen hat, wie die Polizisten Gewalt anwendeten. Die dreieinhalb Jahre, die die Polizisten im Gefängnis zu verbringen hatten, veränderten sie. Nun arbeiten sie auf der anderen Seite des Gesetzes und wollen Rache nehmen. Cheung vermutet derweil noch nicht, dass Yau und seine Männer an dem Massaker beim Drogendeal verantwortlich sein könnten, aber schon bald mehren sich die Hinweise und er hat seine erste Konfrontaten mit Yau. Ein blutiger Kampf auf den Straßen Hong Kongs entbrennt.
Kritik: Spektakuläre Hong Kong Action wird in der heutigen Zeit von nur wenigen Regisseuren getragen und an der Spitze stand vermutlich Benny Chan. "Raging Fire" ist unglücklicherweise sein letzter Film, da er nach plötzlicher Krebsdiagnose 2020 starb. Dieser Umstand mag dazu geführt haben, dass der Film von den meisten Kritikern etwas wohlwollender betrachtet wurde, zumindest macht es mir den Eindruck. Weiterhin waren Chans Werke wie "Invisible Target" und "The White Storm" etwas zu oberflächlich, als dass man sie als gute Filme bezeichnen könnte, während sein Thriller "Connected" oder sein Wuxia-Streifen "Call of Heroes" wiederum ziemlich gelungen waren. "Raging Fire" fällt leider in erstere Kategorie. Die Action und die Sets sind zum Teil atemberaubend, aber das Drehbuch ist eher ein Witz. Als Hommage an das HK-Kino der 90er verstanden, mag es aber seine Daseinsberechtigung haben.
Im Grund ist dieser Actionfilm eine Mischung aus Filmen wie "Expect the Unexpected", Chans bereits erwähntem "Invisible Target" und Michael Manns "Heat". Letzteres nicht nur, weil die Schießerei auf offener Straße Ähnlichkeiten aufzeigt, sondern weil der Bösewicht eine menschliche Seite und tragische Hintergrundgeschichte spendiert bekommt. Das ist löblich, dennoch ist man sich nie so sicher, ob das ganz gelungen ist. Nicholas Tse stiehlt hier ganz klar allen anderen die Schau und es ist schön, ihn nach Filmen wie "Cook Up a Storm" mal wieder in einer Rolle zu sehen, in der er seine Kampfkunstfähigkeiten zeigt. Yau hat etwas Wahnsinniges in seinem Blick und man weiß nie, wie er als nächstes reagieren wird. Wenn man Tses Charakter aber schon eine Hintergrundgeschichte spendiert, wäre es schön gewesen, man hätte uns auch gezeigt, warum er an PTSD leidet. Die Information, dass er im Gefängnis eine harte Zeit hatte, und seine Narben im Gesicht alleine reichen da nicht aus.
Überdies gibt es eine längere Rückblende, in der wir den Helden und Bösewicht zusammen sehen, aber so etwas wie eine Buddy-Beziehung erkennt man nicht wirklich. Ein großes Problem in "Raging Fire", denn Dramatik wird hier an jeder Ecke forciert. Cheung und seine Kollegen sitzen nach einem (mehr oder weniger missglückten) Einsatz beisammen und man beschwert sich, dass man gegen Windmühlen kämpft. Viele der Dialoge wirken so, als hätte man sie aus Hong Kong Filmen von vor 20-30 Jahren herauskopiert und wollte sie als cool oder tiefgründig verkaufen. Im Endeffekt sind sie aber einfach nur abgedroschen, genauso wie Szenen, in denen bei einer Anhörung Cheungs das ganze Team ungefragt seine Meinung zum Ausdruck bringt, dass niemand seinen Job so ernst nimmt und mit Leib und Seele dabei ist wie Cheung. Man muss von Actionstreifen ja nicht erwarten, dass sie großartig geschrieben sind, aber selbst jemand, der nicht schon zahllose HK-Streifen gesehen hat, wird nicht umhinkommen, das Drehbuch als klischeehaft zu betrachten.
Störend ist darüber hinaus der Soundtrack, der sich immer wieder unnötig in den Vordergrund drängt und uns klar macht, ob gerade das Drama oder die Action bewundert werden soll. Das Drama kann man aber wie gesagt vergessen. Hier wäre Pontential gewesen, aber das Drehbuch kann die Charaktere nicht angemessen herausarbeiten und liefert der Rachegeschichte auch keinen guten Nährboden. Das lässt nur noch die Action übrig. Und ja, die kann sich wirklich sehen lassen. Es gibt eine ungemein hohe Energie und die Kamera, die oftmals auch in ruhigen Szenen unnötig in Bewegung ist, um eine gewisse Dynamik zu kreieren und die vermeintlich "epischen Ausmaße" der Rachegeschichte zu unterstreichen, kann an dieser Stelle punkten. Zudem bekommen wir schöne Abwechslung: mal haben wir eine Verfolgungsjagd, dann eine kleine Schießerei, später eine groß angelegte Schießerei mitten in der Stadt und einen Showdown, bei dem etwas Kampfkunst gezeigt wird, gibt es auch noch. Mehr kann man sich nicht wünschen.
Speziell der großen Schießerei fehlt es aber etwas an Seele, vielleicht gerade weil sie eine Hommage an "Heat" ist. Dennoch sind die Sets großartig in Szene gesetzt, vor allem ein heruntergekommenes Viertel mit kleineren Blechbauten, durch das sich gekämpft wird, bleibt da in Erinnerung. Auch ein passend hoher Grad an Brutalität kann überzeugen und lässt das Risiko angenehm hoch wirken. Spannung gibt es durchaus, aber das ist eben nur der Action zu schulden, denn für die Charaktere interessieren wir uns nie. Donnie Yen leistet darstellerisch solide Arbeit, aber das war es dann auch schon. Seine Actionchoreographie ist allerdings wunderbar und er zitiert sich im Finale auch nochmal selbst, indem er den Kampf in der Gasse aus "SPL" erneut aufleben lässt. Dazu kommt dann noch ein wenig Grappling und Nicholas Tses Energie. Am Ende bleibt trotz allem nur ein zwar unterhaltsamer, aber generischer Actionstreifen, der bei genauerer Betrachtung von vielen Kritikern einen Bonus bekommen hat, weil es Chans letzter Film war. Benny Chan konnte es besser und es ist wirklich traurig, dass er dies nicht noch einmal beweisen kann. Aber sein Lebenswerk kann sich (vor allem aus kommerzieller Sicht) absolut sehen lassen.