Story: Nie Yinniang (Shu Qi) wurde als Kind in die Obhut der taoistischen Nonne Jiaxin (Sheu Fang-Yi) gegeben. Diese hat sie zur Assassine
ausgebildet, um korrupte Beamte im Land auszuschalten. Yinniangs Mutter wurde einst in das Land Weibo verheiratet und war gezwungen, ihre Tochter wegzugeben.
So konnte Yinniang auch nicht an den Gouverneur Tian Ji'an (Chang Chen) verheiratet werden, wie ursprünglich gedacht. Jetzt soll sie Ji'an umbringen, doch
Jiaxin zweifelt nicht zu Unrecht an der Entschlossenheit ihrer Schülerin. Yinniang beobachtet das Palastleben des Gouverneurs und findet heraus, dass seine
Konkubine Huji (Nikki Hsieh) schwanger ist. Derweil Ji'ans Frau Tian (Zhou Yun) ist nicht glücklich darüber und hat vor, etwas dagegen zu unternehmen.
Darüber hinaus ist General Nie Feng (Ni Dahong), Yinniangs Vater, auf einer Reise in großer Gefahr und sie muss als Retterin einspringen. Ji'an ist derweil
auch schon auf Yinniang getroffen und weiß, dass sie sein Leben nehmen soll. Yinniang selbst ist sich da aber nicht mehr sicher und sammelt durch ihre
Beobachtungen weiteren Informationen über die Intrigen im Land.
Kritik: Hier haben wir einen Film, bei dem die Kritiker vor Begeisterung Räder schlagen und kritische Stimmen lieber stumm bleiben sollten.
Schließlich ist Regisseur Hou Hsiao-Hsien über jeden Zweifel erhaben und der Gewinner zahlloser Filmfestspiele. Nichtsdestotrotz gibt es nüchtern betrachtet
so einiges, was einem an "The Assassin" nicht gefallen könnte. Und ich rede hier nicht davon, dass dies kein actiongeladener Wuxia-Streifen ist, wie man
ihn fälschlicherweise erwarten könnte. Ich wusste genau, worauf ich mich einlasse. Auch ein etwas langsameres Tempo kann seinen Reiz haben, wenn die
Geschichte dazu passt. Leider bewegt sich der Film in einem Tempo fort, bei dem die Beschreibung "langatmig" fast schon zu nett gewählt ist. Das wirkliche
Problem mit dem Film ist aber, dass der Zuschauer sich an fast jeder Stelle bewusst ist, ein Zuschauer zu sein!
Ein Stilmittel von Hou, das hier sehr stark zum Tragen kommt, ist die Kamera, die zum Blick des Zuschauers wird. In unwahrscheinlich langen Szenen ohne einen
Schnitt bekommen wir Begegnungen, politische Gespräche oder schlichtweg wichtige oder unwichtige Personen, die einfach nur herumstehen. Manchmal schwenkt die
Kamera auch leicht zur Seite, um eine andere Person ins Blickfeld zu nehmen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass wir wie ein unsichtbarer Geist die Szene
direkt beobachten. Verschärft wird dieses Gefühl auch dadurch, dass wir auch mal durch den Schleier eines Vorhangs ein Gespräch beobachten. Die Absicht
hinter diesem regietechnischen Vorgehen mag löblich sein, aber bei dem Tempo, das hier an den Tag gelegt wird, fällt es schwer das Interesse für den Film
aufrecht zu halten. Manchmal beobachten wir für viele Sekunden oder sogar Minuten lediglich stillschweigend dastehende Personen.
Es wäre eine Untertreibung "The Assassin" als nachdenklichen Film zu beschreiben. Die Protagonistin sollte eigentlich, ohne Fragen zu stellen, ihr nächstes
Ziel ausschalten. Stattdessen hinterfragt sie ihre Aufträge und beobachtet sehr lange, bis sie sich ein Bild macht und eine Entscheidung trifft. Natürlich
bedeutet das auch für den Zuschauer wieder etliche Minuten, in denen man irgendjemanden beobachtet... Und komischerweise ist Yinniang dann die meiste Zeit
damit beschäftigt, jemanden zu beschützen, anstatt ihn zu töten. Shu Qi ("Journey to the West",
"Confession of Pain") liefert eine sehr differenzierte Darstellung ab und vieles von dem, was sie zeigt, kann wohl
nur bei einem zweiten Mal Ansehen wirklich wertgeschätzt werden. Vielleicht ist das aber ein grundlegendes Problem des Films. Denn dies lässt sich auch
über die Geschichte sagen.
Es ist äußerst anstrengend, sich die Geschichte zusammenzureimen. Denn in dem Film wird wenig gesprochen und wenn dies getan wird, dann muss man immer noch
Namen und Beziehungen richtig zuordnen und sich gleichzeitig ein Bild über die politische Situation im Land machen. Oft versteht man bestimmte Zusammenhänge
erst viel zu spät, sodass man den Film am liebsten noch einmal von vorne sehen würde. Aber nochmal so viel einschläferndes Kino mit zugegeben berauschenden
Bildern will man sich dann doch nicht antun. Ja, die Bilder können wirklich trunken machen. Die Naturaufnahmen bestechen durch eine unberührte Poesie und
die Innenaufnahmen beweisen, dass Hou viel Wert auf kleine Details gelegt hat, auch wenn er während des Filmens vorgibt, sich nicht für so etwas zu
interessieren. Irritierend ist jedoch, dass der Regisseur auf das übliche Widescreen-Format verzichtet, womit alles irgendwie ungewohnt gestaucht wirkt.
Die Geschichte basiert auf einer Novelle von Pei Xing und stellt eigentlich eine typische Wuxia-Geschichte dar. Schwertkämpfer können fliegen, schwarze Magie wird angedeutet und Verwandtschaftsbeziehungn sind an jeder Ecke vorzufinden. Trotz seines sehr gemächlichen Tempos hat der Film seinen eigenen zeitlichen Fluss, der sich ebenso in den Kampfszenen zeigt. Yinniang fließt um ihre Gegner und ist dabei genauso ruhig und nachdenklich wie sonst auch. Beinahe fehl am Platz wirkt daher Tian Ji'an, gespielt von Chang Chen ("Brotherhood of Blades", "The Grandmaster"), da er das einzige lebhafte Element im Film darstellt. Ansonsten wirkt alles ungemein meditativ. Die Bilder an sich wirken wie Gemälde - das ist positiv wie auch negativ gemeint. Denn der Film ist schließlich ein anderes Medium, mit eigenen Regeln. An diese muss man sich nicht halten, aber dann muss man sich nicht wundern, wenn man nicht immer ins Schwarze trifft. Mit seinem ermüdendem Tempo und einer letztlich vorhersehbaren Geschichte, die lediglich verkompliziert erzählt wird, kann "The Assassin" daher sicherlich nur die wenigsten für sich begeistern. Wahrscheinlich hauptsächlich Festivalkritiker...