Story: Song Woo-seok (Song Kang-ho) kündigt seinen Job als Richter in Seoul und kommt nach Busan, wo er das große Geld wittert. Seit einer
Gesetzesänderung ist es Anwälten nun erlaubt, notarielle Beglaubigungen von Grundstücksüberschreibungen anzufertigen. Song hat keinen Universitätsabschluss
und kümmert sich um einfache Aufgaben wie Beglaubigungen, weshalb er von seinen Kollegen belächelt wird. Allerdings hat Song so großen Erfolg, dass er nicht nur
Helfer einstellen kann, sondern auch in ein neues Apartment umzieht. In der Nachbarschaft trifft er dann die Besitzerin eines Restaurants, Choi Soon-ae (Kim
Yeong-ae) wieder, die er vor einigen Jahren um ein Mittagessen geprellt hat. Eines Tages verschwindet der Sohn der Frau, Jin-woo (Si Wan), spurlos und es
stellt sich heraus, dass er als Kommunist angeklagt wird. Song ist erschüttert darüber, dass die Rechte des Jungen mit Füßen getreten werden und er beschließt
Jin-woo und seine studentischen Freunde, die mitangeklagt sind, vor Gericht zu verteidigen. Doch mit Cha Dong-yeong (Kwak Do-won), der die Verhaftung und
Folterung der Studenten geleitet hat, hat er einen schweren Gegner...
Kritik: "The Attorney" ist einer jener Filme, die einen zunächst auf eine falsche Fährte locken. Denn eine Komödie ist der Film nicht, wie man
nach der ersten halben Stunde vermuten mag. Stattdessen erweist sich der Film als ein Drama, das sich mit einer ernsten Thematik auseinandersetzt, nämlich
der willkürlichen Verhaftung von Studenten, die von der Militärregierung als Kommunisten abgestempelt werden, damit die Regierung ein Feindbild und ihre
Daseinsberechtigung aufrecht erhalten kann. Obwohl der Film letztlich ins Melodramatische abschweift, ist die Botschaft klar und ein ungewöhnlicher Held
kann die Geschichte glaubhaft tragen. Auch wenn sich der Film als Gerichtsdrama nur allzu vertraut anfühlt, kann er durch die starke Präsenz seines
Stars und guter Charaktere vollends überzeugen.
Dass der Film lose auf wahren Begebenheiten beruht, dürfte niemanden verwundern, der sich etwas mit der koreanischen Geschichte auskennt. Letztendlich gab
es unter der Militärregierung von Chun Doo-hwan zahllose Verbrechen an der Demokratie oder Meinungsfreiheit. Mit Song haben wir aber einen Protagonisten, der
sich zunächst gar nicht dafür interessiert, und obwohl er keine Sympathie für die Regierung hat, verurteilt er doch die Studenten, die auf die Straße gehen,
um zu protestieren, da sie seiner Meinung nach mehr erreichen würden, wenn sie ihr Studium abschließen und die Gesellschaft an der Wurzel ändern. Sich
selbst beschreibt der Anwalt sogar als jemand, der schlichtweg das große Geld machen will und genau damit spiegelt Song auch über dreißig Jahre
später immer noch die koreanische Gesellschaft wieder.
Natürlich ändert sich der Protagonist aber und wird zum aufopferungsvollen Helden. Bei all den Emotionen und der Melodramatik insgesamt hätte "The Attorney"
leicht in Ungnade fallen können, aber Song Kang-ho ("Snowpiercer", "The Face Reader")
erweist sich erneut als begnadeter Darsteller, der selbst einer scheinbar unbedeutenden Szene wie dem Wiedertreffen mit einer Restaurant-Besitzerin, die er
einst geprellt hat, überraschende Tiefe verleihen kann. So können auch die vielen Momente vor Gericht, in denen Song vor Wut über so viel Ungerechtigkeit
und Machtlosigkeit in der koreanischen Gesellschaft die Fassung verliert, trotz allem mitnehmend sein und gehen nicht in simpler Effekthascherei der
Melodramatik unter. Die Nebendarsteller verblassen zwar etwas gegen ihn, aber zumindest Kwak Do-won ("A Company Man") kann
als Bösewicht noch Eindruck hinterlassen.
Erst nach einer überraschend langen Einleitung, in der wir den Hauptcharakter kennenlernen, kommt es zur eigentlichen Plotentwicklung und am Ende erweist sich
"The Attorney" dann als waschechtes Gerichtsdrama mit den obligatorischen Wendungen im Fall. Zwischendurch bekommen wir aber auch ein paar angedeutete
Szenen der Folterungen zu sehen, mit denen in den 80ern die Regierung Geständnisse aus unschuldigen Studenten gefoltert hat. "The Attorney" ist damit auch
eine auf die Massen zurechtgeschnittene Version des wesentlich verstörenderen "National Security". Doch damit sollen dem
Film keineswegs seine Stärken abgesprochen werden. Der Protagonist lässt einem die Geschichte nahegehen und die Regierung zu der Zeit wird als das entlarvt,
was sie war - ein totalitärer Staat, dessen demokratische Gesetze bestenfalls auf dem Papier existierten.
Zwar erkennt man oft an den Klamotten, den Frisuren und ein paar kleinen Requisiten, dass "The Attorney" in den 70ern und 80ern spielt, dennoch könnte das Drama optisch ohne Weiteres auch in der heutigen Zeit stattfinden. Vielleicht hätte verstärkt ein Farbfilter eingesetzt werden müssen, um die Zeitreise perfekt zu machen. Dennoch ist die Ausstattung der Produktion üppig und schreit förmlich nach Blockbuster. Das Debüt von Regisseur Yang Woo-seok kommt außerdem ohne irgendwelche Längen daher und zieht mit seinem Tempo gegen Ende sogar immer weiter an. Das Einzige, was man "The Attorney" deshalb vorwerfen kann, ist eine gewisse Vorhersehbarkeit, wenn man schon ein paar Gerichtsdramen aus Korea gesehen hat, und sein leichter Hang zur Melodramatik. Ein gelungenes Drama ist der Film dank Song Kang-ho aber trotzdem.