Story: Im Jahr 2007 reist eine Gruppe von Koreanern nach Afghanistan, um dort ehrenamtlich den Menschen zu helfen. Allerdings wird ihr Bus von den Taliban gestoppt und sie werden gefangengenommen. Eigentlich wurde von der koreanischen Regierung ein Einreiseverbot für Afghanistan ausgesprochen, aber über Umwege sind die Koreaner dennoch ins Land gekommen. Der Diplomat Jeong Jae-ho (Hwang Jung-min) soll sich um die Krise kümmern, doch er erfährt schnell, dass die Koreaner alle von der gleichen Kirche sind. Sollten die Taliban herausfinden, dass es sich bei ihnen um Missionare handelt, würde das die Situation nur verschlimmern, also soll die Information aus den Nachrichten rausgehalten werden. In Afghanistan angekommen will Jeong mit dem Präsidenten verhandeln, denn die Taliban fordern die Freilassung ihrer inhaftierten Kämpfer und dass sich die koreanischen Soldaten aus Korea zurückziehen. Für den afghanischen Präsidenten ist die Lage nicht so einfach. Wenn die koreanischen Geiseln freigelassen werden, mag das gut für Korea sein, aber Afghanistan hilft es nicht, wenn Taliban-Kämpfer freigelassen werden. Jeong kommt also bei den Verhandlungen mit dem Präsidenten nicht weiter, weshalb parallel der NIS-Agent Park Dae-sik (Hyun Bin) einen Weg finden soll, wie die Geiseln befreit werden können. Jeong und Park stehen sich zunächst gegenseitig im Weg, aber mit der Zeit müssen sie erkennen, dass sie nur weiterkommen, wenn sie gemeinsam an einem Strang ziehen.
Kritik: "The Point Men" ist ein erfrischend anderes Geiseldrama. Das hat natürlich hauptsächlich mit den staubtrockenen Settings zu tun (gedreht wurde der Film in Jordanien), aber auch damit, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Aus irgendeinem Grund hat man das Jahr 2007 aber zu 2006 geändert. Seinerzeit gab es große Diskussionen, wie auch im Film, ob man mit Terroristen verhandeln sollte, denn der amerikanische Standpunkt diesbezüglich war klar, und Südkorea ist schließlich politisch immer noch ein wenig abhängig von den USA. Darüber hinaus musste auch in Betracht gezogen werden, dass es sich bei den Geiseln um Missionare gehandelt hat, die in ein Land eingereist sind, in das Einreiseverbot bestand und in dem die Taliban Schrecken verbreiteten. Nicht gerade klug. "The Point Men" zeigt alle jene Aspekte auf, wenn manche auch nur kurz angerissen sein mögen, und ist damit vielleicht ein etwas gemächlicheres Thriller-Drama, als man es gewohnt ist. Aber das steht der Geschichte gut zu Gesicht.
Selbstverständlich hat man sich aber einige Freiheiten genommen. Und so gibt es auch ein paar wenige Actionszenen, wie eine kleine Verfolgungsjagd, die recht gelungen sind, aber eben nicht den Kern des Films ausmachen. Vielmehr liegt über allem eine schwelende Spannung. Fristen werden gesetzt, verzweifelt nach Lösungen gesucht und fragwürdige Entscheidungen getroffen. Wer sich noch an die Geschehnisse aus den Nachrichten erinnern kann, wird aber dennoch nicht gelangweilt vor dem Bildschirm sitzen. Die Atmosphäre, die Regisseurin Yim Soon-rye ("Whistle Blower") kreiert, ist sehr gelungen und so kann der Thriller an jeder Stelle mitnehmend sein, selbst wenn mal nicht so viel passieren sollte. Die Sets lassen den Film sich von ähnlichen Thrillern abheben und stellen damit fast ein Novum im südkoreanischen Kino dar, wie es aber zuletzt vielleicht auch schon "Escape from Mogadishu" geschafft hat.
Da der Film in Afghanistan spielt, gibt es auch etliche internationale Schauspieler. Dankenswerterweise leisten diese aber durchgängig gute Arbeit. Vorbei scheinen wohl die Zeiten, in denen für solche Nebenrollen schlichtweg die nächstbesten Personen herangezogen wurden, die die Sprache beherrschten. Auch Hwang Jung-min ("Deliver Us From Evil") darf sich zuweilen in Englisch verständigen und auch wenn seine Aussprache nicht immer perfekt sein mag, leidet sein Schauspiel nicht darunter. Auch das ist nicht selbstverständlich. Überhaupt schaffen es er und Hyun Bin ("Confidential Assignment 2: International") der Geschichte eine rote Linie zu geben, an der man sich entlanghangeln kann. Irgendwie hat man wohl auch versucht, zwischen den beiden ein wenig Buddy Feeling aufkommen zu lassen, aber das mag nicht richtig gelingen. Besonders ohne Hwang wären die Rollen aber wohl um einiges farbloser ausgefallen.
So spannend der Film die meiste Zeit über sein mag, kann man nicht umhin, auch zu bemerken, dass sich die Geschichte zuweilen im Kreis dreht. Verhandlungen platzen aus politischen Gründen, werden neu aufgenommen, nur um sich dann wieder aus irgendeinem Grund im Sand zu verlaufen. Interessanterweise habe ich sogar gelesen, dass von einigen das Ende als recht unspektakulär empfunden wurde. Aber wie weit soll sich die Geschichte von "The Point Men" denn von der Realität entfernen dürfen? Man hat sichtlich versucht, so viel wie möglich für das Medium Film umzuschreiben, ohne dass man dabei absolut unglaubwürdig wird, und mehr kann man nicht erwarten. Allerdings ist es etwas eigenartig, dass man gegen Ende versucht, einen Bogen zu einer weiteren Geiselnahme zu finden. Soll es eventuell eine Fortsetzung geben? Und das zu einem Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht? Das wäre schon ziemlich seltsam und wirkt dementsprechend deplatziert.
Die Aufnahmen und Locations sind sehr schön und auch der Soundtrack ist passend. Technisch gibt es also nichts zu beanstanden. Trotz guter schauspielerischer Leistungen und einer nicht nervigen komödiantischen Nebenrolle von Kang Ki-young ("Crazy Romance") als Übersetzer fallen die Figuren jedoch meistens flacher aus, als es hätte sein müssen. Vielleicht mag die Geschichte für den einen oder anderen Zuschauer auch etwas zu politisch sein, doch wenigstens gibt es keine ewigen Sitzungen in irgendwelchen Besprechungszimmern. Letzten Endes gefiel mir die Herangehensweise in "The Point Men" viel mehr, als wenn man einen stupiden Actionstreifen aus der Geschichte gemacht hätte. Wirklich viel Liebe hat der Film von Kritikern bisher nicht erhalten, aber man bekommt hier ein gelungenes Geiseldrama mit einer unverbrauchten Location und schönen Aufnahmen. Das reicht in meinen Augen klar für eine Empfehlung.