Story: Jung Jae-gon (Kim Nam-gil) sucht Joon-gil (Park Sung-woong), der einen Mord begangen hat. Joon-gil war einst ein Schläger der Firma
Jay Investment, ist jedoch bei dieser in Ungnade gefallen, nachdem er dem Chef seine Freundin Hye-kyeong (Jeon Do-yeon) ausgespannt hat. Jae-gon wird von
seinem ehemaligen Vorgesetzten, der seine Marke wegen Korruptionsvorfällen verloren hat, unter Druck gesetzt, den Fall schnell abzuschließen. Dabei soll er
auch dafür sorgen, dass Joon-gil als Krüppel endet. Yeong-gi (Kim Min-jae), einer der Angestellten von Jay Investment, gibt dem Polizisten den Tipp, Joon-gil
bei Hye-kyeong zu suchen. Dort findet er ihn tatsächlich, aber Joon-gil schafft es zu fliehen. Nun bleibt Jae-gon nichts anderes übrig, als undercover als
neuer Boss von Hye-kyeong in einer Animierkneipe zu arbeiten. Er stellt sich ihr als ehemaliger Zellenkumpel Joon-gils vor und hofft, dass Joon-gil bald mit
ihr Kontakt aufnimmt. Hye-kyeong arbeitet derweil als Bar-Hostess, weil sie ihre hohen Schulden bei ihrem ehemaligen Boss abbezahlen muss. Bald schon hat aber
auch Jae-gon ein Interesse an ihr. Er darf darüber aber seinen eigentlichen Auftrag nicht aus den Augen verlieren.
Kritik: "The Shameless" erzählt eine Liebesgeschichte, die Fans klassischer Romanzen nicht ansprechen wird. Emotionen werden hier unter einer
Schicht von Gewalt und Verrat versteckt und so sollte es nicht verwundern, dass man sich als Zuschauer nur selten wirklich bewegt fühlt. Dafür bleiben die
Individuen einfach zu rätselhaft und komplex. Aber genau aus diesem Grund übt diese Gangsterkrimi-Romanze auch einen starken Reiz aus. Die Charaktere sind
vielschichtig geschrieben und das spannende Element der Geschichte ist tatsächlich, hinter die wahren Motive der Protagonisten zu blicken. Das ist keine leichte
Aufgabe, aber man nähert sich doch immer weiter der Wahrheit. Die Ambiguität der Beweggründe, welche wir hinter den Taten der Individuen vermuten müssen, wird
nicht nur durch die grau-düstere Gangsterwelt, in der sich schwarz und weiß kaum voneinander abzeichnen, widergespiegelt, sondern bekommt auch durch gute
darstellerische Leistungen ein starkes Fundament.
Jae-gon mag anfangs das Bestechungsgeld nicht annehmen, was ihn als einen der Guten auszuzeichnen scheint, aber schon bald wird klar, dass seine Loyalität nicht
schlichtweg nur bei der Polizei und damit dem Dienen des Volks liegt. Um seine Arbeit zu erledigen, prostituiert er sich ganz klar genauso wie Hye-kyeong, indem
er gegen seine Prinzipien arbeitet. Es ist demnach schwierig mit einem Protagonisten mizufiebern, der sich eigentlich nicht mal selbst im Spiegel ansehen
können dürfte, aber Kim Nam-gil ("Pirates") vermag es dennoch, seiner Rolle die Vielschichtigkeit zu verleihen, die ihn nicht nur hassenswert macht. Denn es
mag zwar sein, dass die Nähe des Undercover-Polizisten zu Hye-kyeong lediglich Mittel zum Zweck ist, andererseits könnten auch wahre Gefühle mit hinspielen und
was ist schon ein Romantikstreifen, wenn das nicht zumindest von einer der beiden Seiten der Fall wäre.
Aber das ist ja noch Hye-kyeong, die in Ungnade bei ihrem Gönner gefallen ist und ein bemitleidenswertes Leben führt. Sie ist aber nicht nur das Opfer, das
sich zuweilen bei einem Glas Alkohol ausheult, sondern sie ist ebenso eine starke Frau, die sich nicht alles gefallen lässt. Darüber hinaus weiß sie die
Männer um ihren Finger zu wickeln. Damit ist sie der komplexeste Charakter im Film. Man kann sich bei ihr nie sicher sein, ob sie Opfer oder Täter ist.
Auch ihre Beziehung zu Joon-gil ist nicht eindeutig. Wird sie von ihm unter Druck gesetzt bzw. hat sie gar Angst vor ihm? Oder liebt sie ihn wirklich bzw.
sucht einfach nur nach einer Gelegenheit, ihrem schrecklichen Leben als Bardame zu entfliehen. Jeon Do-yeon ("The Housemaid",
"Memories of the Sword") schafft es natürlich mit Bravour diese verschiedenen Ebenen ihres Charakters aufs
Undurchschaubarste ineinander zu verschachteln.
In einer Nebenrolle ist auch Park Sung-woong ("For the Emperor") zu sehen. Leider wird sein Talent nicht gewinnbringend
genutzt. Vor allem die Beziehung zwischen ihm und Hye-kyeong hätte in ein paar Szenen mehr ausgeleuchtet werden können. Vielleicht hatte Regisseur Oh Seung-wook,
dessen Debütwerk "Kilimanjaro" gut 15 Jahre zurückliegt, der seitdem aber beispielsweise am Drehbuch zu "Christmas in
August" mitgewirkt hat, also nicht ganz so viel Gewicht darauf legen sollen, alles so sehr in einem Nebel zu halten. Es ist aber ebenso der Nebel der
Gefühle, welcher im Film durch die Kinematographie bestens eingefangen wird. Die Protagonisten agieren stets bei Nacht oder im Morgengrauen, also im
Zwielicht ihrer Gefühle und Überzeugungen. "The Shameless" ist aber nicht nur ein romantisches Drama.
Das Tempo mag grundlegend recht langsam sein, aber ab und zu gibt es tatsächlich, wie es sich für einen Gangsterfilm gehört, ein paar gewalttätige Schlägereien. Diese sind eigentlich sogar recht selten, können aber mit einer schönen Choreographie aufwarten und überzeugen so auch Fans düsteren Actionkinos. Dass die Liebesgeschichte im Gangstermilieu angesiedelt ist, kauft man "The Shameless" damit zweifellos ab. Allerdings hat der Film damit zu kämpfen, dass die Emotionen so sehr hinter Masken versteckt sind bzw. man diese als nur gespielt ansehen muss, dass man sich als Zuschauer emotional nur wenig angesprochen fühlt. Das Schicksal der Charaktere bleibt einem damit doch relativ gleichgültig. Außerdem scheint die letzte Viertel Stunde wie ein Epilog, der etwas unglücklich hinzugefügt wurde, auch wenn sich hier noch wichtige Dinge ereignen. Persönlich hat mich "The Shameless" daher nicht perfekt ansprechen können, aber die komplex geschriebenen Charaktere, ein melancholisch-düsteres Gangstermilieu, ein gelungener Soundtrack und gute Bilder lassen den Film eine Daseinsberechtigung haben.