Story: Sook-hee (Kim Ok-bin) sucht nach dem Mörder ihres Vaters. Dabei gerät sie an gefährliche Männer und wird von dem Gangster
Joong-sang (Shin Ha-kyun) gerettet. Sie heiratet ihn schließlich, jedoch wird er getötet und sie begibt sich auf einen blutigen Rachefeldzug. An dessen
Ende wird sie von der Polizei festgenommen. Anstatt ins Gefängnis zu kommen, wird sie von einer geheimen Spezialeinheit rekrutiert, die sie zur Killerin
ausbilden will. Sook-hee möchte sich aber eher umbringen. Da eröffnet ihr die Leiterin der Einheit Kwon Sook (Kim Seo-hyung), dass sie schwanger ist. Die
Killerin muss zehn Jahre für die Regierung arbeiten und darf dann ein freies Leben mit ihrer Tochter führen. Sook-hee hat keine Wahl, als einzuwilligen. Als
ihre Ausbildung beendet ist, bekommt sie eine neue Identität und lebt mit ihrer Tochter in einem Apartment. Ihr Nachbar Hyun-soo (Sung Joon) zeigt ein
auffälliges Interesse an ihr, was kein Wunder ist, da er von Kwon Sook beauftragt wurde, ein Auge auf die Killerin zu werfen. Seine Mission ist es, sie zu
heiraten und so immer in ihrer Nähe zu sein, um jederzeit aktiv werden zu können, falls sie abtrünnig werden sollte. Als Sook-hee einen Geist aus ihrer
Vergangenheit sieht, könnte dies durchaus passieren...
Kritik: "The Villainess" ist einer der besten Actionfilme der letzten Jahre. Und zwar auf internationaler Ebene. Diese kühne Behauptung
sei an den Anfang dieser Kritik gesetzt, um sie nachfolgend mehr oder weniger Schritt für Schritt zu untermauern. Eigentlich braucht es dafür aber nur die
Eingangssequenz, in der wir ein wahres Massaker mitansehen - und zwar direkt durch die Augen der Protagonistin. Das Gefühl sofort mittendrin in der Action
zu sein, wurde bereits zuvor durch eine eng am Helden haftende Kamera kreiert, so z.B. bei Sprüngen durch Fenster oder aber auch in Actionszenen
wie jenen in "Kingsman". Doch all jene Filme bedienen sich lediglich eines Stilmittels, das ein anderes Medium als das immersivste (meiner bescheidenen Meinung
nach) auf den Thron adrenalingeladener Action geführt hat: Videospiele. Denn dieses Medium hat den Luxus, cinematische Kamerafahrten zu erlauben, die so in
der Realität nicht möglich wären.
Genau hier setzt Regisseur Jung Byung-gil an, der mit "Confession of Murder" schon einen herausragenden Thriller
geschaffen hat, und schafft es mithilfe äußerst cleverer Kameratricks, Schnitten und CGI-Unterstützung genau jenes Gefühl der totalen Immersion zu kreieren,
dessen Vorzeigeserien die "Uncharted"-Reihe oder das Reboot des "Tomb Raider" Franchises auf Videospielkonsolen sind. Die First-Person-Perspektive der
Eingangssequenz wechselt geschickt nach außen, doch die extrem dynamische Kameraführung (Achtung: "dynamisch", nicht einfach nur "wacklig"!), die uns um,
über, unter, hinter und neben die Protagonistin führt, lässt einen kaum glauben, was man da sieht. Wie konnte man solche Szenen drehen? Bei genauerer
Betrachtung fallen einige schön verborgene Schnitte auf, aber auch dann wird dadurch das atemberaubende Tempo keineswegs gemindert.
Nun mag es Kritiker geben, die meinen, es handelt sich hier um ein typisches Produkt der YouTube-Generation, die wegen ihrer geringen Aufmerksamkeitsspanne
lediglich mit schnellen Schnitten und grellen Bildern zurechtkommt. Was genau ist aber die Alternative? Es gibt in "The Villainess" auch eine recht klassische
Schießerei und der erste Gedanke, der einem da kommt, ist: "Ach ja, so langweilig sehen Actionszenen normalerweise aus!" Das große Plus dieses immersiven
Actionstils ist seine Unvorhersehbarkeit. Wir wissen nicht, welchen Kameraschwenk wir als nächstes sehen oder welchen Gegner Sook-hee als nächstes und vor
allem auf welche Weise zur Strecke bringt. Alles passiert extrem schnell und mit einer herrlich ehrlichen Brutalität, die an die 90er Actionstreifen erinnert,
und der Schock, über das, was wir sehen, und das Adrenalin, das ausgeschüttet wird, treibt den Puls unaufhörlich nach oben. Endlich gibt es also wieder neue
Ideen im Actiongenre und man kann nur hoffen, dass "The Villainess" einen Vorreiter für weitere Streifen dieser Art darstellt.
Leider wird nach der ersten unglaublichen Actionsequenz klar, dass man dieses Niveau nicht wieder erreichen kann. Das Finale kann aber durchaus fast daran
anknüpfen. In jedem Fall bleibt die Action aber hart und niemand ist in diesem Film vor dem Sterben gefeit. Allerdings muss der Film zwangsläufig auch
ruhiger werden. Dann orientiert sich der Plot ein wenig an Luc Bessons "Nikita". Einige zunächst recht verwirrende Rückblenden führen uns an Sook-hees
Charakter heran und zeigen welche Traumata ihre Psyche durchgerüttelt haben. Ganz zu schweigen von der Realität, in der sie eine kaltblütige Killerin ist,
die hofft, nebenher ein normales Leben mit ihrer Tochter und ihrem neuen Freund führen zu können. Nur leider ist letzterer lediglich angeheuert, um auf sie
aufzupassen. Als wäre das nicht genug, gibt es noch eine große Wende, die einen Bösewicht offenbart, der für Sook-hee eigentlich keiner ist. Etwas überladen
mag der Streifen dadurch durchaus wirken, aber es hilft doch dabei, der Killerin ein wenig mehr Komplexität zu verleihen.
Es ist trotzdem nicht leicht, auf dramatischer Ebene zu hundert Prozent mit Sook-hee zu leiden, aber das scheint auch nicht die Intention zu sein. Wir sehen hier durchaus den Werdegang von jemandem, der, wie der Titel schon sagt, auf dem Weg ist, ein Bösewicht zu werden. Kann irgendetwas diesen trunken machenden Strudel der Gewalt, der eben perfekt durch den Stil der Actionsequenzen unterstrichen wird, aufhalten? Kim Ok-bin ("Thirst") liefert eine kühle Darstellung ab, darf aber gegen Ende mehr Emotionen zeigen, die beinahe einem Vulkanausbruch gleichkommen, und Shin Ha-kyun ("Running Man") verleiht seinem Charakter ein paar Facetten des Undurchschaubaren. Sicherlich mögen die dramatischen Momente dem Vergleich mit der Action nicht standhalten. Aber gerade gegen Ende gibt es doch ein paar Szenen, die durchaus Tiefe in den Charakteren vermuten lassen. Das altbekannte Rache-Thema ist nach "Oldboy", vor dem der Regisseur in der Eingangssequenz ganz klar den Hut zieht, selten so originell umgesetzt worden und man kann nur hoffen, dass dieser spektakuläre Action-Ritt einem neuen Subgenre des Actionkinos Tür und Tor öffnet!