Story: Shinji (Ryuhei Matsuda) ist desorientiert und ohne Erinnerung. Seine Frau Narumi (Masami Nagasawa) vermutet dahinter eine billige Masche, um davon abzulenken, dass er fremdgegangen ist. Shinji scheint aber tatsächlich ein neuer Mensch und sieht Narumi als seinen "Guide" an, der ihr etwas über sein Leben und bestimmte Denkkonzepte beibringen soll. Schließlich wird Narumi Zeuge, wie Shinji sich von jemandem ein Konzept erklären lässt und dieses dann für sich beansprucht. Sein Gegenüber lebt fortan ohne dieses Konzept weiter. So weiß Narumis Schwester nicht mehr, was "Familie" bedeutet, nachdem ihr dieses Konzept genommen wurde. Narumi realisiert, dass Shinji nicht den Verrückten spielt, sondern anscheinend etwas Wahres an seiner Aussage ist, dass er ein Außerirdischer ist.
Währenddessen versucht der Journalist Sakurai (Hiroki Hasegawa) das Mädchen Akira (Yuri Tsunematsu) ausfindig zu machen, die von einem Tatort geflohen ist. Er wird von dem jungen Mann Amano (Mahiro Takasugi) angesprochen, der ihn als seinen "Guide" auserwählt. Er stellt sich als Außerirdischer vor, der Akira sucht, weil sie zusammen die Invasion der Erde vorbereiten und zuvor so viel wie möglich von den Denkkonzepten der Menschen lernen wollen. Sakurai findet Amano faszinierend und glaubt, dass er ihm helfen kann, Akira zu finden. Doch sollten Amano, Akira und Shinji zusammenfinden, steht der Invasion der Erde nichts mehr im Wege...
Kritik: Wer bei diesem Science-Fiction-Film an einen spannenden Thriller denkt, wird überrascht sein, dass die Invasion Außerirdischer mit einer Starkung Fokussierung auf philosophische Gedankengänge gezeichnet wird. Dass hinter Worten wichtige Konzepte stecken, die wir Menschen mit bestimmten Regeln besetzt haben, dürfte einleuchten. Aber wie würde man diese Konzepte einer anderen Spezies nahebringen? In "Before We Vanish" versuchen Außerirdische zunächst die Menschen zu verstehen, um diese besser erobern zu können. Ein Vorgehen, das um einiges realistischer ist als die bekannten städtezerstörenden Raumschiffe. Die Menschheit zum Teil durch die Augen einer anderen Spezies zu sehen, ist erfrischend, doch stellt sich schon bald ein wenig Verwirrung darüber ein, ob der Film ein Drama oder auch eine leise Komödie sein will. Die sehr spezielle
Atmosphäre leistet ebenso ihren Beitrag, uns manchmal etwas irritiert vor dem Bildschirm sitzen zu lassen.
Der Atmosphäre haftet manchmal ein gewisser Endzeitaspekt an und das erscheint auch einleuchtend, sieht man sich an, wer hinter dem Film steht. Regisseur Kiyoshi Kurosawa hat nämlich bereits mit "Pulse" einen der eigenartigsten und erinnerungswürdigsten Horrorfilme kreiert, der beinahe ausschließlich von seiner Atmosphäre der Vereinsamung lebt. Auch "Creepy" hat die besondere Note des Regisseurs aufgezeigt, was dem Film zu Gute kam. In "Before We Vanish" bekommt man den Eindruck, als wollte Kurosawa eine etwas humoristische Note mit einweben und das macht den Streifen zu einer eigenartigen Mixtur. Es ist nicht gänzlich störend, aber die Charaktere scheinen alle um ein paar Grad verdreht, sodass man ihr Verhalten nur als humoristichen Blickwinkel des Regisseurs betrachten kann. Vielleicht steckt dahinter auch eine kleine Gesellschaftskritik.
Damit ist vor allem gemeint, dass jemand wie der Journalist auch dann noch mit den Außerirdischen herumreist und somit die Invasion mit vorbereitet, als klar ist, dass sein Begleiter kein Verrückter ist, sondern tatsächlich über besondere Fähigkeiten verfügt. Nicht nur das: Er hätte mehrmals die Möglichkeit, den Aufenthaltsort der Außerirdischen oder Informationen über ihre Absichten und Ziele weiterzugeben. Warum er dies nicht macht, lässt natürlich verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu. Allerdings ist Sakurai, gespielt von Hiroki Hasegawa ("Love and Peace"), nicht derart ausgearbeitet, dass unsere Interpretation irgendeine Art von Fundament haben könnte. Während Narumis Band zu ihrem Ehemann/Außerirdischen immer enger wird, und wir dies durchaus nachvollziehen können - Narumi ist der Untergang der menschlichen Zivilisation egal, solange sie endlich einen fürsorglicheren Ehemann an ihrer Seite weiß -, kann das Verhalten des Journalisten nicht immer erklärt werden.
Masami Nagasawa ("I Am a Hero") trägt als Ehefrau das emotionale Zentrum des Films. Shinji, verkörpert von Ryuhei Matsuda ("Gohatto"), bringt mit seiner stoischen und desorientierten Art etwas Humor in den Film. Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Ton des Streifens oft hin- und herpendelt. Das ist zuweilen sogar störend, da die Regierungsorganisation, die versucht etwas gegen die Invasion zu unternehmen, karikativ dargestellt wird. Die Welt steht vor dem Untergang und niemand unternimmt ernsthaft etwas. Es ist aber auch nicht so, als würde die Charaktere eine Todessehnsucht auszeichnen. Vielmehr soll hier wohl eine Tragikomödie geschaffen werden, mit dem Problem, dass Kurosawa als Regisseur zwar sehr gut eine gewisse Hoffnungslosigkeit auf den Bildschirm bringen kann, diese aber hier in einem zu eigenartigen Kontrast zu Szenen voller Hoffnung steht.
Neben der nicht ganz erklärbaren Passivität bzw. Ergebenheit der Charaktere in ihr Schicksal muss auch das Tempo kritisiert werden. Oft ist "Before We Vanish" etwas zu langatmig. Es geht nicht wirklich voran. Die Szenen selbst sind keinesfalls langweilig eingefangen, da immer wieder sehr lange Szenen ohne einen Schnitt verwendet werden, bei denen die Kamera sich stark bewegt, dreht und aufzeigt, wie viel Planung in den Szenen gesteckt haben muss. Ein Highlight. Schade ist dagegen, dass die Grundidee des Films, den Menschen Konzepte zu nehmen, nicht weiter exploriert wurde. Hier steckt nämlich viel Potenzial. Den Menschen mag etwas Wertvolles fehlen, wenn man ihnen das Konzept der Familie nimmt, aber wir sehen auch Personen, die plötzlich frei werden, als ihnen das Konzept der Arbeit oder des Eigentums genommen wird. Kurosawas Film schwankt immer wieder zwischen philosophischer Tiefe und Naivität. Spätestens während des Epilogs zeigt sich, dass dieser auf einem Theaterstück basierende Film noch etwas Feinschliff vertragen hätte.