Story: Seok-ho (Cho Jin-woong) ist Schönheitschirurg und seine Frau Ye-jin (Kim Ji-soo) ist Therapeutin. Zusammen haben sie eine Tochter, die mit dem Kontrollbedürfnis der Mutter große Probleme hat. Doch nun wollen sie für einen Abend ihre Probleme vergessen und zusammen mit Seok-hos alten Schulfreunden bei sich zu Abend essen. Tae-soo (Yoo Hae-jin) ist Anwalt und vernachlässigt seine Ehefrau Soo-hyeon (Yum Jung-ah), die deshalb einen Poesieclub besucht. Sie hat überdies Probleme damit, dass ihre Schwiegermutter bei ihnen wohnt. Dann ist da noch Joon-mo (Lee Seo-jin), der Frauenheld unter den Freunden, der mittlerweile mit der Veterinärin Se-kyeong (Song Ha-yoon) verheiratet ist. Der vierte unter den Freunden ist der geschiedene Yeong-bae (Yoon Kyung-ho), der alleine zum Abendessen kommt, da seine neue Freundin erkältet ist. Als sie zusammen am Esstisch sitzen und ihre Späße machen, kommen sie auf das Thema, dass Handys alle Geheimnisse unseres Lebens beinhalten. Jemand schlägt daraufhin ein Spiel vor: Alle Anwesenden müssen ihr Handy auf den Tisch legen und alle eingehenden Nachrichten laut vorlesen sowie Telefonate über Lautsprecher führen. Niemand will sich vorwerfen lassen, dass man etwas zu verbergen hat, daher wird der Idee zugestimmt. Schon bald zeigt sich jedoch, dass es einige Geheimnisse unter den Freunden gibt, die besser nicht ans Tageslicht gekommen wären...
Kritik: "Intimate Strangers" ist eine der interessantesten Komödien der letzten Jahre. Das einzige Problem, das man mit dem Film haben wird, ist, dass einen die Wendung gegen Ende unzufrieden zurücklassen wird. Doch dazu später mehr. Zunächst muss das hohe Tempo, der gelungene Humor und die beinahe fassbare Spannung, die immer weiter aufgebaut wird, gelobt werden. Nachdem die Charaktere vorgestellt wurden, erweist sich der Film als äußerst lustig, aber mit dem Spiel kommt dann auch ein starker Spannungsfaktor dazu. Natürlich weiß man auch, dass dieses Spiel unweigerlich in einem Drama enden wird. Aber auf welche Weise, das herauszufinden, macht den Reiz und den hohen Unterhaltungswert des Films aus. Es ist trotz des Humors nicht einmal auszuschließen, dass es eventuell zum Mord am Esstisch kommt. Für dieses Ungewisse, diese Mischung aus Komödie, Drama und ein wenig Thriller ist "Intimate Strangers" bereits empfehlenswert. Dazu kommt noch eine großartige Besetzung.
Der Rhythmus der Drama-Komödie ist etwas eigenartig, keineswegs auf eine schlechte Art, aber ungewöhnlich. Beim Abspann wird dann klar, dass es sich hier um ein Remake eines italienischen Films ("Perfetti sconosciuti") handelt. Das Original wurde und wird von unzähligen Ländern neuinterpretiert und "Intimate Strangers" stellt ganz klar nicht nur überall auf der Welt bekannte Probleme - das Handy als Black Box und Verwalter von Geheimnissen in unserem Leben -, sondern auch genuin koreanische in den Fokus. Da wäre zum einen der Umgang mit Untreue. Man hat beinahe das Gefühl, dass alle Männer am Tisch untreu sind und das eine völlig normale Sache ist, solange es nur nicht herauskommt. Dann sind da Schönheitsoperationen und Betrugsfälle, bei denen Investoren um ihr Geld geprellt werden. Ebenso geht es um den Umgang mit alten Menschen, die früher stets beim Kind und dessen Ehepartner gelebt haben, aber auch diese konfuzianistisch gepägte Lebenseinstellung ändert sich.
Regisseur Lee Jae-gyoo arbeitet sich an vielen Themen ab und er beweist, dass er sowohl im Dramabereich ("Damo"), als auch Comedy- ("Beethoven Virus") und Thriller-Genre ("The Fatal Encounter") Erfahrung hat. Alles passt hier gut zusammen. Speziell der Homosexualität wird als Thema viel Beachtung geschenkt, da dies in Korea immer noch ein großes Tabu ist. Während langsam immer mehr Geheimnisse zwischen den Charakteren ans Licht gezerrt werden, kann man aber nicht umhin, das dicht gepackte Drehbuch als etwas zu unglaubwürdig zu betrachten. Das ist umso eigenartiger, da die Charaktere selbst sehr lebensecht wirken. Man kann jeden von ihnen auseinanderhalten, da alle ein gutes Maß an Zeit auf dem Bildschirm spendiert bekommen. Ein paar Charaktere bleiben etwas flacher als andere, aber die Darsteller haben alle eine großartige Chemie untereinander und tragen den Film so ausgezeichnet, dass zwei Stunden innerhalb eines Wimpernschlags zu vergehen scheinen. Auch die diversen lustigen und dramatischen Situationen wirken authentisch. Es ist nur letztlich etwas zu viel von allem, sodass man klar ein Drama vor sich zu haben glaubt.
Besonders herausstechen können unter den Darstellern Cho Jin-woong ("The Spy Gone North") als liebenswerter Schönheitschirurg und Vater, Yoo Hae-jin ("Luck-Key") als vermeintlicher Fremdgänger, der seine Frau nicht mehr liebt und Yum Jung-ah ("Cart") als dessen Frau, die sich aus Enttäuschung der Poesie zugewandt hat. Zwischen den Charakteren schwelt es am Esstisch und jede Textnachricht und jeder Anruf lässt sofort die Spannung nach oben schnellen. Die Maske, die man als Mensch aufsetzt, wird stets umso deutlicher sichtbar, je mehr die Wahrheit ans Licht kommt und irgendwann scheinen die Freunde nur noch Schadensbegrenzung betreiben zu wollen. Die Männer scheinen sich untereinander am wenigsten Schuldzuweisungen zu machen und ein gewisses Verständnis füreinander zu haben, das bedeutet aber nicht, dass sie nicht ebenso verletzt sind. Es gibt immer wieder Szenen, die wie aus dem Leben gegriffen scheinen und das macht es auch möglich, über die Dichte der Dramaelemente hinwegzusehen.
Wegen der Mondfinsternis bekommt "Intimate Strangers" auch etwas Außerweltliches. Es ist, als wäre durch den Mond der Abend in eine Anderwelt gerückt, in der nur noch die Wahrheit Bestand hat. Ein faszinierender Kniff. Bis zur Wende. Man kann nicht umhin, als sich etwas betrogen zu fühlen. Mit der Geschichte hat man sich aber auch etwas in eine Zwickmühle manövriert. Man kann die Botschaft entweder nur auf ein triviales "Lügen schadet uns auf Dauer mehr, als es nützt" oder ein "Lügen hält unser soziales Leben aufrecht" herunterbrechen. "Intimate Strangers" versucht einen Weg dazwischen zu gehen. Wahrscheinlich die löblichste Vorgehensweise, aber es schadet dem Film. Man wird unzufrieden zurückgelassen, hat aber immerhin etwas zum Nachdenken. Trotz dieser Mängel handelt es sich hier aber um einen außergewöhnlichen Genre-Mix, der lustig und spannend ist sowie niemals Langeweile aufkommen lässt. Darüber hinaus ist "Intimate Strangers" auch ein Film, der größtenteils auf positive Weise von der Norm abweicht. Das ist mehr als genug für eine Empfehlung.