Story: Hee-jin (Nam Sang-mi) wird eines Tages von ihrer Mutter (Kim Bo-yeon) angerufen, die ihrer Tochter mitteilt, dass ihre Schwester So-jin
(Sim Eun-kyeong) verschwunden ist. Hee-jin kehrt daraufhin in ihre Heimatstadt zurück und hat Probleme, von ihrer Mutter zu erfahren, was der Auslöser für
das Verschwinden ihrer Schwester war. Es ist zwar anzunehmen, dass der fanatische Glaube der Mutter das Kind aus dem Haus getrieben hat, und auch jetzt will
die Mutter nichts weiter unternehmen, als zu beten, aber Hee-jin schaltet dennoch die Polizei ein. Detective Tae-hwan (Ryoo Seung-ryong) sieht in dem Fall
nichts Besonderes, denn Kinder rennen oft für ein paar Tage von zuhause weg. Aber plötzlich ereignet sich während der Befragung der Hausbewohner ein Selbstmord.
Es stellt sich heraus, dass die Tote So-jin gekannt hat und das verschwundene Mädchen anscheinend besessen war. Zumindest nach den Worten einiger Nachbarn.
Der Fall wird immer mysteriöser, als es zu einem weiteren Selbstmord kommt. Während immer mehr Verbindungen So-jins zu weiteren Nachbarn aufgedeckt werden
können, leidet Hee-jin immer häufiger an Halluzinationen und Tagträumen. Vielleicht sind die Gerüchte um Besessenheit in dem Apartment-Gebäude doch nicht so weit
hergeholt...
Kritik: Es ist ein wenig schade, dass "Living Death" ein paar Fehler zu viel hat, als dass eine klare Empfehlung ausgesprochen werden könnte,
denn dieser Horrorstreifen spielt mit Genre-Konventionen und entfernt sich dankenswerterweise von den typischen Klischees des Geists mit den langen schwarzen
Haaren. Auch andere obligatorische Schockmomente wird man kaum vorfinden. Stattdessen baut der Horrorfilm auf eine gruselige Atmosphäre und charakterzentriertes
Drama. Für letzteres sind die Charaktere zwar leider wie für das Genre üblich zu rätselhaft ausgefallen, aber Motive wie Religion und das Loslassenkönnen
geben dem Film doch weitaus mehr Tiefe als man es von koreanischen Horrorstreifen gewohnt ist. Allerdings kann die Art, wie der Zuschauer oft an
der Nase herumgeführt wird, zuweilen auch etwas frustrieren und ist zudem ein typisches Genreelement.
Im Zentrum der Horrorgeschichte stehen die verschiedenen Formen von Religion, die bis zum Fanatismus betrieben werden können und dann in ihr Gegenteil verkehrt
werden. Genauer werden hier Christentum und der koreanische Schamanismus einander gegenübergestellt. Die Mutter hat sich eindeutig völlig von der
weltlichen Vernunft gelöst und lebt nur noch für ihren Glauben. Ihre Bekehrungsversuche und ihr Fanatismus im Allgemeinen sind manchmal erschreckend,
noch etwas beunruhigender stellt sich aber der Schamanismus dar, der besonders in einem Ritual die Art von Unbehagen und Grusel auslöst, wie man ihn bereits in
"Der Exorzist" gesehen hat. Wahrscheinlich ist es auch gar nicht verkehrt anzunehmen, dass sich "The Wailing" einiger Elemente
dieses Horrorstreifens bedient hat. Beiden Filmen gemein ist nämlich der unterschwellige und tiefergehende Horror des Unbekannten. Und Regisseur Lee Yong-joo
konnte mit seinem Werk "Architecture 101" ein paar Jahre später beweisen, dass er nicht nur eine Eintagsfliege ist.
Ob dieses Unbekannte etwas Böses ist, scheint aber gar nicht so klar. Die Anzeichen dafür, dass So-jin besessen ist/war, verdichten sich immer mehr, aber
trotz der Selbstmorde, zu denen es kommt, bekommt man mit der Zeit immer mehr den Eindruck, dass der Geist womöglich alles Recht hat, sich zu rächen. Wie nicht
anders zu erwarten, wird die ungehagliche Atmosphäre auch dadurch kreiert, dass sich die Personen manchmal recht unerklärlich benehmen. Das wäre in Ordnung,
wenn es später für ihr Verhalten eine sinnvolle Erklärung geben würde, und sei sie auch übernatürlich. Die Mühe wird sich aber nicht gemacht. Viele Fragen
bleiben unbeantwortet und wir bekommen nicht genügend Material, um uns selbst Antworten zu erarbeiten. Damit erweist sich der Horrorstreifen als eben doch
nicht so intelligent, wie er scheinen will. Subtilität funktioniert nur, wenn sich unter der Oberfläche tatsächlich noch eine weitere Ebene verbirgt. Das ist
hier nicht immer der Fall.
Neben den Charakteren, die sich in ihrer Eigenartigkeit nicht überzeugend genug benehmen, stört somit auch ein offenes Ende, das sogar etwas unnötig scheint.
Es wäre ohne Probleme möglich gewesen, das Ende etwas runder zu gestalten und trotzdem noch etwas Rätselhaftes beizubehalten. Nam Sang-mi
("Dead Friend", "She is on Duty") spielt beispielsweise eine Frau, die an einer nicht weiter
definierten Krankheit leidet und immer wieder Visionen hat. Manchmal stellen ihre Tagträume durchaus gelungene Horrormomente dar, ohne dass dabei in Klischees
verfallen würde, aber die Auflösung ist absolut vorhersehbar. Auch anderweitig lassen sich viele Rätsel vom Zuschauer bereits im Voraus lösen. Und die, bei
denen das nicht möglich ist, haben tatsächlich keine zufriedenstellende Lösung.
Hinsichtlich der religiösen Motive ist es zumindest bei einem der Charaktere nicht nachvollziehbar, warum sie sich für den Selbstmord entscheiden, die schließlich im Christentum als größte Sünde angesehen wird und als Ticket direkt in die Hölle betrachtet werden kann. Als Ermittler ist Ryoo Seung-ryong ("The Piper", "War of the Arrows") zu sehen, bevor er seinen großen Durchbruch hatte. Er kann, speziell in einer Szene, durchaus den anderen die Schau stehlen, aber seine Geschichte kommt leider viel zu kurz. Die Richtung, in die sich dieser Horrorfilm mit seiner dichten gruseligen Atmosphäre bewegt, ist eindeutig die richtige. Denn endlich bekommt man einen etwas originelleren Horrorfilm zu sehen. Leider lässt das Drehbuch einige Dinge offen und beweist damit nur, dass es etliche Löcher in der Geschichte gibt. Wenn man darüber hinwegsehen kann, sollte man "Living Death" aber eine Chance geben.