Story: Woo-ryong (Ryoo Seung-ryong) hat während des Korea-Kriegs seine Frau verloren und muss sich um seinen Sohn Yeong-nam (Goo Seung-hyeon)
kümmern, der an Tuberkulose leidet. Er ist auf dem Weg nach Seoul, weil ein Amerikaner ihm gesagt hat, dass sein Sohn dort geheilt werden könnte. Auf dem
Weg dorthin kommt er durch ein abgelegenes kleines Dorf. Der Dorfvorsteher (Lee Sung-min) ist nicht sehr erfreut, dass Woo-ryong dort für eine Nacht bleiben
will, um sich zu erholen. Auch der Rest der Dorfbewohner scheint irgendetwas zu verbergen. Woo-ryong vermutet jedoch, dass das Dorf schlichtweg mit einer
Rattenplage überfordert ist. Er bietet seine Hilfe an und in seiner Verzweiflung stimmt der Dorfvorsteher zu und verspricht genug Bezahlung, dass Woo-ryong damit
seinen Sohn in Seoul heilen kann. Mit Hilfe der Melodie seiner Pfeife und einer eigenen Giftmischung gelingt es Woo-ryong tatsächlich der Rattenplage Herr
zu werden. Außerdem versucht er die junge Mi-sook (Cheon Woo-hee), die neue Schamanin des Dorfes, für sich gewinnen. Das Dorf hütet jedoch ein Geheimnis,
das für den Pfeifenspieler und seinen Sohn zu einer großen Gefahr wird...
Kritik: Die deutsche Sage vom "Rattenfänger von Hameln" ist fast auf der ganzen Welt bekannt und in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Eine
so düstere Geschichte um einen Mann, der seines Lohns betrogen wird und dafür die Kinder einer Stadt entführt, gibt selbstverständlich eine hervorragende
Vorlage für einen düsteren Horrorthriller ab. "The Piper" spielt seine Stärken einer wunderbar düsteren Atmosphäre und schönen darstellerischen Leistungen
aufs Beeindruckendste aus und stellt damit einen der besten koreanischen Horrorstreifen der letzten Jahre dar. Wer allerdings Killerratten auf B-Movie
Niveau erwartet, wird enttäuscht werden. In "The Piper" stehen die Menschen im Fokus, und was diese leisten, ist grausamer als eine hungrige Armee mutierter
Ratten. Genau deshalb funktioniert der Streifen auch. Eine kluge Wahl ist außerdem, die Geschichte in die Zeit des Korea-Kriegs zu verlagern.
Die Ankunft von Vater und Sohn in dem Dorf lässt bereits vermuten, das irgendetwas nicht stimmt. Die Dorfbewohner reagieren eigenartig und trotz wunderschöner
grüner Natur und Sonnenschein liegt über allem ein Schatten des Mysteriösen und einer sich anbahnenden Katastrophe. Mit seiner Geschichte des unheimlichen
Dorfs gewinnt der Film keine Originalitätspunkte. Vielmehr ist es die Atmosphäre, die sofort gefangennimmt. Das warme Licht des Lagerfeuers mag zwar ab und
an ein Gefühl der Gemütlichkeit aufkommen lassen, aber die herrlich düstere Stimmung erinnert die meiste Zeit an die Schwarze Romantik oder eine leicht
gothic-artig angehauchte Geschichte. Getragen wird die dichte Atmosphäre von den sehr gelungenen Bildern. Regisseur Kim Kwang-tae leistet in seinem
Debütwerk Beachtliches. Nur beim Schnitt muten einige Ideen etwas eigenartig an.
Ebenfalls ihren Beitrag zum Gelingen des Films leisten die Darsteller. Ryoo Seung-ryong ("Masquerade",
"Miracle in Cell No. 7") spielt einen verkrüppelten Vater, der sich irgendwie durchs Leben schlägt und seinen
Sohn von seiner Tuberkulose heilen will. Dass er diesmal einen verletzlichen Vater spielt, passt gut zu ihm und seine Szenen mit Lee Sung-min
("Broken"), der den Dorfvorsteher mimt, lassen stets Spannung aufkommen. Dem Ursprung des abgelegenen Dorfs auf die Spur zu kommen,
erweist sich als lohnend, auch wenn man keine außergewöhnlichen Überraschungen erwarten darf. Eine gute Mischung aus übernatürlichen Geschehnissen und
möglichen rationalen Erklärungen für diese lassen den Film im Gesamten jedoch stets rund wirken. Letztlich kann man alle Geschehnisse von zwei Seiten
betrachten, genauso wie der Originaltitel des Films sowohl "Besucher" als auch im weiteren Sinne "Geist" heißen kann.
Koreanischer Brauchtum und Schamanismus sind ebenfalls in "The Piper" auf eine Art und Weise eingebunden, die den Gruselfaktor nach oben treiben.
Cheon Woo-hee ("Han Gong-ju") steckt zwar viel in ihre Rolle als unfreiwillige Schamanin, aber das Drehbuch vernachlässigt sie
doch etwas. Wo die Geschichte jedoch ihre Stärken zeigt, sind die Allegorien, die überall untergebracht sind und sowohl auf den Koreakrieg bezogen sind, als auch
als Kritik an der modernen koreanischen Gesellschaft verstanden werden wollen. Schließlich ist es die Unehrlichkeit der Menschen, die die Geschichte in düstere
Abgründe hineinmanövriert. "Verbrechen, die für das Überleben begangen werden, werden verziehen", sagt der Dorfvorsteher, aber ist das wirklich so? Oder müssen
dafür nicht letztlich wie in der Originalgeschichte die Kinder, also unsere Zukunft, leiden, indem sie blind dem Rattenfänger in eine Höhle folgen?
Nicht nur das unheimlich düstere Dorf, das beinahe außerweltliche Züge offenbart, sondern auch der Umstand, dass der Vater verzweifelt eine Adresse auf einem Zettel sucht, die ihm ein "Yankee" gegeben hat - dabei steht dort lediglich "Leck mich am Arsch, du Affe" -, machen den Film zu einer angenehm deprimierenden Erfahrung. Die Heilung des Sohns scheint demnach vergebene Mühe, doch zum Finale hin wird es richtig düster. Die Spezialeffekte der Ratten können sich sehen lassen (von ein paar kleinen Momenten abgesehen), aber ein paar der unvermeidlichen Tode wirken doch etwas klischeehaft wie aus einem B-Movie. Das verzeiht man aber gerne, da "The Piper" wie eine Mischung aus "Bedevilled" und "Hansel and Gretel" anmutet. Seine dichte, unheimliche Atmosphäre und seine deprimierende, düstere Schönheit machen "The Piper" zu einem der originellsten koreanischen Werke des letzten Jahres.